Hilchenbach. Das Alloheim ist froh über die Arbeit der „Zwillinge“. Die Ausländerbehörde könnte mehr für sie tun, findet Integrationslotsin Helga Dellori.

Für Helga Dellori gehören die beiden jungen Männer zu den „Helden des Alltags“: Die ehrenamtliche Hilchenbacher In­tegrationslotsin berichtet über Jamal Ayoub und Diler Ramadhan, die nach ihrer Flucht aus dem Libanon und dem Irak eine Arbeit als Pflegehelfer im Alloheim gefunden haben. Dennoch: Ihre Zukunft in Hilchenbach bleibt ungewiss. „Nötig ist die aktive Unterstützung durch die Ausländerbehörde mit allem, was geht“, sagt Helga Dellori. Und: „In Siegen-Wittgenstein geht mehr als bisher.“

Arbeitskräfte für Pflegebereich sind begehrt

Die Alloheim-Seniorenresidenzen geben Menschen aus vielen Ländern und unterschiedlichen Kulturen die Chance, über Praktika in den Pflegebereich einzusteigen, als Fachkräfte und Pflegehilfen zu arbeiten. Und sie unterstützt diejenigen, die eine Ausbildung machen möchten. Das ist herausfordernd und aufgrund von Fluktuation und Sprachbarrieren oftmals sehr arbeitsintensiv. „Dennoch“, so Leiterin Dorothea Ruhe, „gibt es derzeit dazu keine Alternative. Der Arbeitsmarkt im Pflegebereich ist leer gefegt und die Anzahl derjenigen Menschen, die auf einen Platz in der Seniorenpflege angewiesen sind, steigt kontinuierlich.“

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Bewohner mögen die beiden jungen Männer

Der 25-jährige Diler und der 31-jährige Jamal kümmern sich um das Wohlergehen der Bewohner im Alloheim, tauschen selbstverständlich Schichten und springen ein, wenn kurzfristig jemand im Team ausfällt. Sie sind integriert in die Arbeitsabläufe und ins Team, berichtet Helga Dellori. Die Bewohnerinnen und Bewohner schätzen und mögen die „Zwillinge“, wie sie scherzhaft genannt werden. „Beide sind immer freundlich und hilfsbereit. Sie sind nett und zuvorkommend, sie nehmen sich Zeit für uns und man kann mit ihnen reden“, berichten Bewohnerinnen und Bewohner. „Sie haben ein gutes Verständnis für alte und kranke Menschen. Ich finde Diler und Jamal wunderbar“, sagt jemand. Und: „Sie sind immer freundlich und pflichtbewusst. Die haben meine volle Unterstützung. Solche Leute wünsche ich mir mehr.“ Oft verbergen müssen die beiden Pflegehelfer, dass es ihnen selbst nicht gut geht: Die Ungewissheit vor dem nächsten Termin bei der Ausländerbehörde bereitet Stress.

Integrationslotsen

Im Integrationskonzept der Stadt Hilchenbach wird bürgerschaftliches Engagement als „wichtige Säule“ genannt. Eine wichtige Rolle spielen dabei Integrationslotsen, die im Rahmen von Patenschaften Neueingewanderte begleiten, zum Beispiel auch bei Arzt.- und Behördenbesuchen. Angestrebt wird Unterstützung durch Gleichaltrige. Deshalb will die Stadt auch Jugendliche und junge Erwachsene für diesen Dienst gewinnen.

Ohne Pass keine verlässliche Arbeitserlaubnis

Jamal Ayoub und Diler Ramadhan sind seit Oktober 2019 und Oktober 2020 nach erfolgreichen Praktika im Alloheim beschäftigt sind. Zwischenzeitlich haben beide einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Was sie nicht haben, ist eine sichere, verlässliche Arbeitserlaubnis.

Für Jamal Ayoub, der seit 2015 in Hilchenbach lebt, gab es lange Zeit gar keine Arbeitserlaubnis. Er hätte mehrfach einen Arbeitsplatz in seinem erlernten Beruf als Friseur bekommen können. Es folgten Praktika in der Pflege, eine Qualifizierung scheiterte an der Ablehnung der Ausländerbehörde. Der Grund wie bei vielen – er hat keinen Pass. Nach Intervention und einer Vereinbarung mit dem Leiter der Ausländerbehörde gab es dann eine Arbeitserlaubnis im Rahmen seiner Duldung für einen oder zwei Monate, dann zwei Mal für fünf Monate, aktuell wieder nur drei Monate.

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Integrationslotsin für „positives Ermessen“

Diler Ramadhan bekam nach zweiwöchiger Arbeitserlaubnis nun eine für drei Monate. Die langjährige Unterstützung zur beruflichen Integration durch das Ehrenamt, die Intervention bei der Ausländerbehörde bis hin zur Bitte um Unterstützung bei Landrat Andreas Müller, gingen voraus, berichtet Helga Dellori: „Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Ausrichtung in NRW zur Integration von jungen Leuten, die seit langem mit einer Duldung bei uns leben, wäre es an der Zeit, wenn auch im Kreis Siegen-Wittgenstein mehr positives Ermessen ausgeübt würde Insbesondere für diejenigen, die arbeiten, Geld verdienen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, anstatt vorrangig alle möglichen negativen Formalitäten, die nach dem Aufenthaltsgesetz auch möglich sind, in den Vordergrund zu rücken.“

Es mache keinen Sinn, junge Menschen in Stress und Panik zu versetzen durch nur zweiwöchige Duldungen und Arbeitserlaubnisse, wenn aufgrund ihres Herkunftslandes klar sei, dass sie weder freiwillig ausreisen noch abgeschoben werden, wie das derzeit für den Irak der Fall ist. „Wie soll jemand für eine Ausbildung lernen, wenn die Wohnsituation in einer Gemeinschaftsunterkunft dafür keine Ruhe bietet?“

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Dienstplan mit Unbekannten

Abgesehen davon: Ein verlässlicher Dienstplan, so stellt Dorothee Ruhe, Leiterin der Hilchenbacher Alloheim-Residenz, lässt sich so nur schwer aufstellen – sie muss ständig mit dem Ausfall ihrer beiden Helfer rechnen. Integrationslotsin Helga Dellori: „Schlagzeilen wie ‘Gemeinsam klappts’ oder ‘Pflege kennt keine Grenzen’ funktionieren in der Praxis nicht, wenn Unternehmen allein gelassen werden, wenn sie junge Geflüchtete in Arbeit bringen.

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