Siegen-Wittgenstein. „KIM“ kommt in die Warteschleife. Sechs „Case Manager“ für elf Kommunen sollen Integration von Flüchtlingen unterstützen.

Der Kreistag hat das „Kommunale Integrationsmanagement“ (KIM) für eingewanderte Menschen in die Warteschleife geschickt.

Integration: Landesprogramm für Geflüchtete

Das Konzept soll im September vom Sozialausschuss beraten und überarbeitet werden. Diesem Antrag der Grünen folgte der Kreistag mit großer Mehrheit. Die AfD stimmte dagegen, die SPD enthielt sich der Stimme. Landrat Andreas Müller hatte vergeblich davor gewarnt, den bereits vorliegenden Förderbescheid des Landes zu riskieren. Nun könne es passieren, dass KIM erst im nächsten Jahr starten kann – das Landesprogramm ist zunächst bis Ende 2022 befristet.

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Meike Menn (Grüne) kritisierte das vom Land vorgegebene Konzept als „sehr theoretisch“. Erster „Baustein“ soll danach der „strategische Overhead“ sein, vier Planstellen, die beim Kommunalen Integrationszentrum der Kreisverwaltung angesiedelt sind. Dem folgen in einem zweiten Baustein sechs „Case Manager“, die in den Kommunen „lebenslagenbezogene Beratungsangebote“ einführen sollen: je einer für Wittgenstein, das südliche Siegerland, Kreuztal und Hilchenbach, Netphen und Freudenberg sowie zwei für die Stadt Siegen. Im dritten Baustein ist je eine weitere Personalstelle für den Kreis und die Stadt Siegen vorgesehen, die bei Ausländer- und Einbürgerungsbehörde angesiedelt werde. Von der Zielgruppe selbst, so Meike Menn, sei keine Rede. Falsch sei es überdies gewesen, anstelle des Sozialausschusses mit seinen Mitgliedern aus den Wohlfahrtsverbänden den Schulausschuss mit dem Integrationsthema zu beauftragen.

Regenbogen

Auch das Kreishaus hat am Abend des EM-Fußballspiels Deutschland-Ungarn in Regenbogenfarben geleuchtet, um so gegen die homo- und transfeindliche Gesetzgebung in Ungarn zu protestieren. Der Landrat habe damit eine „politische Botschaft ausgesendet“, stellte Christian Zaum (AfD) fest, „das entspricht nicht der Neutralitätspflicht.“

Der AfD-Fraktionschef beantragte, das Thema im Wege der Dringlichkeit in die Tagesordnung des Kreistags aufzunehmen, um das Vorgehen des Landrats „gegebenenfalls zu missbilligen“. Landrat Andreas Müller: „Da der Vorgang in der Vergangenheit liegt, kann ich keine Dringlichkeit erkennen.“

Landrat kämpft vergeblich

Christian Zaum (AfD) passte KIM insgesamt nicht: Beschäftigt würden dort „Vertriebsprofis für Sozialleistungen, die Flüchtlingen Wünsche erfüllen, von denen diese gar nicht wissen, dass sie sie haben“. Integration sei eine „Bringschuld“ der Geflüchteten, „sie beginnt im Kopf und nicht bei Case Managern.“ Katrin Fey (Linke) kritisierte die Formulierung des Konzepts als „sehr entmenschlicht“. Dass es ohne Mitarbeit der Wohlfahrtsverbände erarbeitet worden sei, „geht gar nicht“. Hans Günter Bertelmann (UWG) nannte die Befristung des Landesprogramms „fragwürdig“. Bei einer Fortsetzung „zahlen das in der letzten Konsequenz die Gemeinden über die Kreisumlage“. Das Land bereite eine Dauerfinanzierung von KIM vor, erwiderte darauf Arno Wied als amtierender Sozialdezernent.

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Landrat Andreas Müller warb dafür, den Start von KIM zu beschließen, damit die ersten Fachkräfte für die konzeptionelle Arbeit eingestellt werden können. Das sei auch Voraussetzung für die Beratung über die konkrete Arbeit vor Ort. „Solange wir nicht starten, ist da keiner.“ Eine Ablehnung wäre für den Kreistag „ein verheerendes Signal“, warnte Michael Sittler (SPD) und wies darauf hin, dass KIM ein Projekt der CDU/FDP-Landesregierung sei. Katrin Fey (Linke) argwöhnte, dass KIM womöglich auch Abschiebungen zu unterstützen habe: „Das Vertrauen ist auf meiner Seite nicht ganz so groß.“

Inklusion: Ausgleich für Integrationshelfer

Neben der Integration war auch die Inklusion wieder umstrittenes Thema. Konkret ging es ein weiteres Mal darum, Verdienstausfälle von Integrationshelfern für behinderte Kinder während der Pandemie zu ersetzen. Der Bund zahlt einen Ausgleich von 75 Prozent, geregelt ist das im „Sozialdienstleiser-Entsendegesetz“. Der Kreis hat diesen Ausgleich bisher mit eigenen Mitteln auf 100 Prozent aufgestockt – und er soll das auch bis Ende dieses Jahres tun. 29 Kreistagsmitglieder stimmten dafür, 24 Gegenstimmen kamen aus den Reihen von CDU, AfD, FDP und UWG.

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Hermann-Josef Droege (CDU) fand, die Träger der Integrationshelfer-Einsätze könnten Kurzarbeit anmelden. Der Kreuztaler Verein Invema hatte das zurückgewiesen: Für die vielen geringfügig Beschäftigten bedeute das sofort den Abstieg in Hartz IV. Droege: „Andere Träger haben Kurzarbeit sehr wohl genutzt“. Er habe „kein Verständnis, dass es Verweigerung von Kurzarbeit bei Invema gibt“. Guido Müller (FDP) fragte, ob auch der Verein selbst mit seiner Verwaltung einen Anteil von den Zahlungen bekomme – Dezernent Henning Setzer verneinte das nicht ausdrücklich: „Als Arbeitgeber hat der Verein natürlich Kosten.“ Ullrich Georgi (Linke): „An den Personalkosten verdient kein Träger etwas. Es geht um den Ausgleich von Einkommensverlusten.“ Regine Stephan (AfD) stellte die Notwendigkeit der Integrationshilfe an Regelschulen in Frage und wies auf Förderschulen hin: „Uns wäre es lieber, Integration würde anders funktionieren.“

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