Siegen. Lena Hugger sucht online Bilder, die wegen ihres Inhalts selten öffentlich gezeigt werden. Das ist der Ausgangspunkt für einen Video-Clip.

Formen, Gesichter, Körper, Menschen, in Dunkel und Hell, Textzeilen begleitet vom Techno-Sound, übereinandergeschnittene Bildausschnitte: Das etwa viertelstündige Video ist ein neues Kunstprojekt von Lena Hugger, Ranja Assalhi und marzannaDrowning und trägt den Namen „(Rape Revenge is) my favorite genre“. Der Titel lehnt sich an eine geschriebene Zeile auf einem der gezeigten Bilder an. Zu sehen ist die Videokunst im Internet im Rahmen der PooolMag-Ausstellung des Siegener Kunstkollektivs Gruppe 3/55.

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Pandemiebedingt findet PooolMag momentan online statt; für Lena Hugger ein ungewöhnlicher Ort, um ihre Bilder zu präsentieren: „Als Malerin tue ich mich mit Online-Formaten insofern schwer, als dass Malerei im Raum einfach immer besser wirken kann“, erklärt sie. „Deswegen habe ich mich eben für diese Multimedialität und das Video entschieden. Video ist ja ein Medium, was online vielleicht sogar besser funktioniert als im traditionellen Ausstellungskontext, weil weniger Ablenkung da ist, wenn man es rezipiert.“

Siegen: Lena Huggers Gemälde, gefilmt in einem leeren Nachtclub

Hugger geht in ihren Arbeiten immer wieder Kooperationen ein, auch das Werk für PooolMag ist eine solche Gemeinschaftsarbeit: „Ich habe mit marzannaDrowning und Ranja bereits in unterschiedlichen Projekten gearbeitet. Ranja hat beispielsweise ein Video über meine Manege-Ausstellungsreihe gedreht. Sie hat einen sehr genauen videografischen Blick. marzannaDrowning hat ein besonderes Talent dafür, Situationen soundtechnisch zu interpretieren. Beide kennen meine Arbeit sehr gut, weswegen ich sie meine Installation auf ihre Art und Weise habe interpretieren lassen.“

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Für das Video wurden Bilder in einem Siegener Nachtclub aufgehangen und dort gefilmt. Die Leere des Clubs fällt laut Hugger durch die fortdauernde Schließung besonders auf. „Auch außerhalb der Pandemie sind Nachtclubs unter der Woche geisterhafte Orte, aber jetzt sind sie das eben besonders. Sie sind Orte der Ekstase, der Schönheit, des Exzesses und der Gewalt.“

Siegen: Lena Hugger sucht für ihre Arbeit online nach verstörenden Aufnahmen

Um Exzess, Schönheit und Gewalt soll es auch in einigen der Kunstwerke gehen; für ihre neueren Arbeiten recherchierte Hugger im Internet nach den Bildern, die nicht gerne gezeigt und besprochen werden. „Was man dort findet, sind Fotografien aus südamerikanischen Kartellkriegen, extreme Pornografie, Unfälle, Gewaltausbrüche. Dann fiel mir auf, dass es eine besondere Ästhetisierung und Fetischisierung des weiblichen toten Körpers gibt. Diese Bilder habe ich dann gesammelt und für meine Malerei verwendet“, so die Künstlerin. „Der Unterschied ist hier natürlich die Direktheit der Fotografie, die ich mit der malerischen Herangehensweise zu überwinden versuche.“

Abschied von Siegen

Die Ära Siegen geht für Lena Hugger bald zu Ende – sie verabschiedet sich mit einer Aktion.

Hugger: „Ich lade alle Interessierten herzlich zu unserem letzten Manege-Event am Abend des 30. Juli ein. Wir planen eine feierlich-andächtige Wanderung mit Streichern des Deutschen Sinfonieorchesters.“

Anmeldung unter: 0157/30 71 51 60

In dem Videokunstwerk sind verschiedene Gemälde von Hugger zu sehen, auch mal ein Selbstporträt, ein Hase, ein Video von tanzenden Körpern. Der Körper ist hier mal verstörend, mal verschreckend, aber gleichzeitig auch verführerisch präsentiert. Passend dazu komponierte marzannaDrowning ein eigenes Musikstück, atmosphärisch passend, düster und bedrohlich und zugleich faszinierend, anschwellend und spannend bis zum Aufgehen in musikalischer Ekstase.

Beitrag zu PooolMag in Siegen entlarvt Machokultur und Misogynie

Die Mehrschichtigkeit und Flüchtigkeit der Körper übersetzte Assalhi in übereinandergelegte Bilder und kurz im Halbdunkel aufblitzende Körper. „Es geht vor allem erst einmal darum, ein anderes Bildnarrativ zu schaffen, als es heute in der Massenkultur stattfindet“, erklärt Hugger. „Hinter dieser Ikonographie der Gewalt und deren Konsum stehen ja eigentlich ganz andere Probleme, das sind Probleme des Neoliberalismus oder auch von unterdrückerischen politischen Systemen“, sagt die Künstlerin. „Der Konsum der Bilder davon offenbart unsere Kultur als genauso machtversiert und patriarchal, wie wir das gerne in die ,Fremden’ hineinprojizieren. Misogynie und Machokultur sind ja auch bei uns ein Ding.“

Hier geht’s zum Video: poool.kunstwechsel.de/kunstwechsel/lena-hugger/


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