Siegen. Die Hammerhütte in Siegen wird im Projekt „Stadtraum für uns“ der Jugendkunstschule Siegen-Wittgenstein zu einem digitalen Ausstellungsraum.

Krachend gibt der graue Würfel unter der sitzenden Mirjam Elburn nach. Sie verliert das Gleichgewicht, fängt sich, lacht. Die unfreiwillige Slapstickeinlage und die Reaktion der Künstlerin – deuten wir sie ruhig als Vorgeschmack darauf, wie das Projekt „Stadtraum für uns“ der Jugendkunstschule Siegen-Wittgenstein und des Vereins „Bunte Hammerhütte“ in der Hammerhütte wird: Spaßig. Spontan. Und ziemlich cool. Am Freitag, 23. Juli, geht es los.

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Inhaltlich durchdacht ist das Ganze natürlich auch. Der Kartonwürfel – bei dem es schon erstaunlich ist, das er überhaupt ein paar Minuten lang das Gewicht eines erwachsenen Menschen tragen konnte – ist bei der Vorstellung des Projekts nur ein Avatar für die 14 Betonkuben (Kantenlänge je 50 Zentimeter), die bis Ende September im Quartier Hammerhütte verteilt werden. Jeder davon ist mit QR-Codes versehen, die den Zugang zu digitalen Ausstellungsräumen öffnen. In denen sind dann die Arbeiten zu sehen und zu hören, die junge Leute ab 14 Jahren in einer Reihe von Workshops erarbeiten: Bilder von Skulpturen und Plastiken, 3D-Grafiken, Klangcollagen – eine Mischung aus analogen und digitalen Kunstwerken.

Hammerhütte Siegen: Projekt „Stadtraum für uns“ betont Toleranz und Zivilcourage

„Wir brauchen ein Projekt, wo es Spaß bringt, wieder etwas zu machen. Und nicht nur dieses Gefühl ,Corona lähmt’“, beschreibt Marc Baruth, Geschäftsführer der Jugendkunstschule, den Ansatz. In der aktuellen Situation sei es wichtig, „nicht zu gucken, was alles NICHT geht – sondern WAS geht“, ergänzt Mirjam Elburn. „Stadtraum für uns“ wird viel kreative Aktivität im Freien und ebenso am Computer ermöglichen, auf ausreichend Frischluft und Abstände ist also Verlass. Und es vereint die Themen „Digitalität“ und „Soziokultur“.

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Im Klartext: Es geht bei aller künstlerischen Leistung nicht „nur“ darum, etwas Schönes (oder aus anderen Gründen Ansprechendes) zu schaffen, sondern auch darum, damit in einem Quartier Menschen und Ideen miteinander zu verbinden, sie offen zueinanderzuführen. Die Hammerhütte bietet sich da an, schließlich hat der Bereich mit dem Büro der rechtsextremen Kleinstpartei„Der III. Weg eine Anlaufstelle für diejenigen, die sich mit Offenheit und Achtung der Demokratie schwertun; mit dem Verein „Bunte Hammerhütte“, zu dessen Gründungsmitgliedern Mirjam Elburn übrigens gehört, gibt es aber auch eine Einrichtung, die sich für Vielfalt, Frieden, Toleranz und Demokratie stark macht. Der Verein ist beim Projekt Kooperationspartner der Jugendkunstschule.

Siegen: Betonwürfel im Quartier Hammerhütte sind Sitzmöbel und Kunstzugänge

Finanziert wird „Stadtraum für uns“ vor allem aus einem Sonderprogramm des Fonds Soziokultur, Teil des „Neustart Kultur“-Programms der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. 81 Projekte aus insgesamt 397 eingereichten Anträgen haben in der jüngsten Runde einen Zuschlag bekommen. Die Hammerhütte ist dabei und erhält so 21.000 Euro, weitere 2000 Euro gibt es vom Kreis Siegen-Wittgenstein. Im Fokus stehen „Wege, mit denen analoge und digitale Kulturformate nicht länger als Gegenpole erscheinen, sondern zu einem passenden Gesamtkonzept verbunden werden – für alle, mit allen“, wie in einer Mitteilung erklärt ist.

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Die Betonwürfel sind dabei in mehr als einer Hinsicht die Schnittstellen. Der bekannte Graffiti- und Street-Art-Verein „Style Fiasko“ wird sie in einem Workshop mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestalten. Die 14 Kuben werden an fünf bis sechs Orten in der Hammerhütte verteilt und dort auch als Sitzmöbel dienen, im Idealfall neue Treffpunkte für Menschen aller Altersstufen werden.

Siegen: „Stadtraum für uns“ schafft neue Kultur-Treffpunkte in der Hammerhütte

Die Würfel erfüllen also für sich genommen eine künstlerische und eine soziale Funktion, sind aber dank der QR-Codes auch die Zugangspunkte zu den Ergebnissen der Workshops, die bis in den November angeboten werden (siehe Zweittext). „Dort gibt es aber vielleicht auch Livemusik, Jam-Sessions – oder es legt ein DJ auf“, gibt Marc Baruth Beispiele, wie neue Orte der Kultur und des Miteinanders entstehen sollen. Und völlig unabhängig davon können Menschen entlang der Würfel auch das Quartier entdecken und an jeder Station mit dem Smartphone Einblick in die digitalen Arbeiten nehmen – entweder als klassische Bild- und Sounddateien, oder weil mittels Augmented Reality die Kunstobjekte auf den Displays so erscheinen, als seien sie auf den Kuben wie auf Sockeln ausgestellt – inklusive der Möglichkeit, sie beim Herumgehen aus allen Richtungen zu betrachten.

Die digitalen Objekte, die in den Workshops entstehen, lassen sich via Augmented Reality betrachten: Sie erscheinen auf dem Smartphonedisplay als Ausstellungsstücke auf den Betonwürfeln.
Die digitalen Objekte, die in den Workshops entstehen, lassen sich via Augmented Reality betrachten: Sie erscheinen auf dem Smartphonedisplay als Ausstellungsstücke auf den Betonwürfeln. © WP | Florian Adam

Die Workshops funktionieren einzeln ebenso wie im Verbund. Wer beispielsweise zunächst seinen eigenen Comic-Charakter entwirft, kann diesen in einem späteren Kurs als 3D-Grafik umsetzen und in einem wiederum anderen sogar mit dem 3D-Drucker zu einer realen Figur werden lassen. „Ich hoffe, dass einige, die in einem Workshop waren, auch in andere gehen“, sagt Marc Baruth. Das Angebot für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Wir zeigen Euch Möglichkeiten, wie Ihr Eure Umgebung digital künstlerisch gestalten könnt.“

Siegen: „Stadtraum für uns“ in der Hammerhütte – die Workshops in der Übersicht

Das Programm von „Stadtraum für uns“ hat einige fixe Termine, weitere können hinzukommen. Mitmachen können Leute ab 14 Jahren von überall her – also nicht nur aus der Hammerhütte. Teilnahme kostenlos, Anmeldung erforderlich.

23. bis 26. Juli: „Schräge Töne statt Heldenmusik“ – freies Musizieren für Anfänger und Fortgeschrittene mit Johann Klug. Ort: Verein Bunte Hammerhütte, Effertsufer 104.

9. bis 13. August: „Held*innen gesucht!“ mit Mirjam Elburn und Silke Krah – es geht um die Auseinandersetzung mit dem Heldenbegriff, um Zivilcourage und um die Erschaffung von Heldenfiguren aus Holz, Ton und Pappmaché. Ort: Bunte Hammerhütte und Stadtteilgarten am Effertsufer.

September/Oktober: Mehrere Termine für „Painted Rocks“ – Gestaltung der Betonwürfel mit Style Fiasko.

September/Oktober, Termine noch offen: „Dein eigener Comic-Charakter“ – Zeichenworkshop mit digitaler Technik.

Oktober: „Twitterhelden“ – kreatives Schreiben in 280 Zeichen.

13. bis 15. Oktober: „3D-Grafiken in ,Blender’ erstellen“.

Oktober/November: „HAmMeR/hüTtE – Digitale Mash-Up-Foto-Collagen“ – Fotos aus dem Quartier Hammerhütte werden am Computer mit einem Spezialprogramm zu beeindruckenden Collagen zusammengesetzt.

Anmeldung: Jugendkunstschule Siegen-Wittgenstein, 0176/24 15 46 03; E-Mail: info@stadtraumfueruns.de

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