Siegen. Die Stadt Siegen wird in ihrem Schriftverkehr fortan auf gendergerechte Sprache achten. Dafür stimmte der Rat. Harsche Kritik kam aus der FDP.

Mit großer Mehrheit sprach sich der Rat dafür aus, dass die Stadt Siegen ihren allgemeinen Schriftverkehr auf gendergerechte Sprache umstellt. Die Verwaltung hat dafür einen sechsseitigen Leitfaden vorgelegt, der Anregungen und konkrete Beispiele bündelt, wie die sprachliche Gleichberechtigung aller Geschlechter ohne großen Aufwand im Alltag gelingen kann. Kritik kam von der AfD und Teilen der FDP.

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Seit 2019 hatte sich eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe unter Federführung der Gleichstellungsstelle mit dem Thema beschäftigt. Zugrunde liegt die Vorgabe, „die Regeln der deutschen Rechtschreibung anzuwenden“, dabei aber auf „eine schlichte und elegante Weise, alle Geschlechter einzubeziehen, anstatt nur die männliche Version zu verwenden“, wie es in den Ausführungen heißt. Die Stadt möchte dabei – gemäß der Empfehlungen der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) – auf Lösungen wie das große Binnen-I, Slashs oder Sternchen verzichten und macht viele konkrete und praxistaugliche Vorschläge für Formulierungen.

Rat der Stadt Siegen: Viel Zustimmung für Leitfaden zur gendergerechten Sprache

Von Ratsmitgliedern, die sich in der Diskussion zu Wort meldeten, gab es dafür viel Lob. „Wir begrüßen es sehr“, sagte Isabelle Cathrin Schmidt (CDU) und hob besonders hervor, dass die Anwendung gendergerechter Sprache laut Leitfaden „mit Sinn, Verstand und Spaß“ geschehen solle – also nicht als oktroyierte Kopfgeburt, sondern organisch und gut nachvollziehbar. Samuel Wittenburg (Volt) nannte das Papier „hervorragend“. Julia Shirley (Grüne) sagte für ihre Fraktion die Zustimmung zu, „aber nicht unkritisch“. Für sie hätte das Maß an Diversität noch weiter gehen können: „Man kann sich auch verstecken hinter der Rechtschreibung.“

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Völlig andere Töne schlug Markus Nüchtern (FDP) an. „Der Antrag ist deutlich übertrieben“, sagte der Liberale – er gehe seiner Einschätzung nach an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei. Von vielen werde das Gendern „als Modeerscheinung einer intellektuellen Elite verstanden“. Eine Äußerung, die Ansgar Cziba (Grüne) nicht stehen lassen wollte: Es sei äußerst unangemessen, zu behaupten, „dass Betroffene von Diskriminierung eine intellektuelle Elite wären“ hielt er – spürbar verärgert – dagegen. Und seine Fraktionskollegin Julia Shirley erinnerte daran: „Sprache formt unser Denken.“

Bei sechs Gegenstimmen und vier Enthaltungen wurden Vorlage und Leitfaden beschlossen. Die Stadt wird die Empfehlungen nicht nur im Brief- und sonstigen Schriftverkehr, sondern in allen schriftlichen Erzeugnissen berücksichtigen.

Stadt Siegen gibt im neuen Leitfaden praktische Beispiele für gendergerechte Sprache

An der Entwicklung des Leitfadens waren außer der Gleichstellungsstelle die Abteilung Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, die Beauftragte für Menschen mit Behinderung und das Büro des Bürgermeisters beteiligt. Ein paar Beispiele:

„Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen“, wo immer das möglich ist: etwa „Studierende“, „Mitarbeitende“, „Beschäftigte“, „Lehrende“, aber auch „Fachkraft“ statt „Fachmann“ oder „Team“ statt „Mannschaft“.

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Umformulierungen mithilfe von „Mensch“, „Person“ oder „Mitglied“: also „ältere Menschen“ statt „Senioren“, „Ansprechperson“ statt „Ansprechpartner“, „antragstellende Person“ statt „Antragsteller“.

„Geschickte Umformulierungen“, wie es im Leitfaden heißt: „Freiwillige Hilfe benötigt“ statt „freiwillige Helfer benötigt“ oder „kollegiale Unterstützung“ statt „Unterstützung durch Kollegen“.

In Stellenausschreibungen verwendet die Stadt den Zusatz (m/w/d) für „männlich/weiblich/divers“.

INFO: Einen Flyer zum Thema bereitet die Verwaltung derzeit vor. Er soll mittelfristig auf www.siegen.de abrufbar sein. Bis dahin ist der Leitfaden über das Ratsinformationssystem auf der Homepage der Stadt zu finden.

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