Siegen. Kritik IG Metall und Betriebsrat: Dometic-Geschäftsführung rückt nicht mit Sprache raus, warum und wie in Siegen Stellen abgebaut werden sollen.

Die Konzerngeschäftsführung mauert, sagen Gewerkschafts- und Arbeitnehmervertreterinnen nach der Dometic-Betriebsversammlung am Montag, 14. Juni. IG Metall und Betriebsrat wissen im Grunde nur, was sie vorher auch schon wussten: 46 Stellen am Standort Siegen sollen abgebaut werden – warum und wie, darüber schweige sich die Geschäftsführung aus.

Deren Vertreter hätten die Versammlung vorzeitig und ohne inhaltliche Substanz verlassen, berichten Beschäftigte. Die Arbeitnehmerseite hat ihre Forderungen in der Siegerlandhalle bekräftigt: Mehr Fertigungsvolumen für Siegen, damit eine Perspektive – und wenn überhaupt, dann einen sozialverträglichen Stellenabbau.

Dometic lässt immer weniger Aggregate in Siegen produzieren

„Sie beantworten keine Fragen und lassen sich nicht festlegen“, sagt Betriebsratsvorsitzende Anke Maritsch nach der Versammlung achselzuckend – gleicher Stand wie nach den ersten Gesprächen. Der Konzern ziehe die Fertigung von immer mehr Aggregaten aus Siegen ab, die dann in China oder Ungarn produziert werden – weil die Baureihe eingestellt oder durch ein neues Modell ersetzt wird. „Wir haben konzerninterne Konkurrenz“, so Maritsch – angeblich sei der Standort nicht wettbewerbsfähig.

Zentrale in Schweden

Die Dometic Group hat ihren Hauptsitz in Schweden. In 22 Werken in Europa, Nordamerika und Asien werden unter anderem Systeme für Caravans und Wohnmobile gefertigt: Kühlsysteme, Herde, Türen, Fenster, Sanitäranlagen. Am Standort Siegen werden Minibars und Wohnmobilkühlschränke produziert.

Aber je weniger Volumen vor Ort verbleibe, desto teurer werde das einzelne Aggregat. In der Tat sei Siegen, was die Lohnkosten angeht, teurer als Fernost oder Südosteuropa. Aber wenn man die immensen Frachtkosten dazurechne, den Klimaschutz („unverantwortlich“) sowie die „Performancekosten“ aus Produktionszeit und Fertigungsqualität, sei das Bild ein ganz anderes. „Bei Stückzahlen pro Stunde sind wir weit überlegen.“

Siegener Betriebsratsvorsitzende: „Wir fertigen alles, wenn man uns lässt“

Entscheidend für die Sicherung des Standorts sei, dass in Siegen wieder mehr Produkte gefertigt werden. „Wir können alles, wenn man uns lässt“, bekräftigt Maritsch. Aber die Entscheidung, wo ein Produkt hergestellt wird, bleibe eben beim Unternehmer. Daran werde wohl auch ein Streik nichts ändern. Dass der kommt, gilt als wahrscheinlich: Bis Montag konnte die Belegschaft für die Weiterverhandlung eines Sozialtarifplans abstimmen, danach sei man wohl streikfähig.

Betriebsbetreuerin Jasmin Delfino, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall, am Stand vor der Siegerlandhalle.
Betriebsbetreuerin Jasmin Delfino, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall, am Stand vor der Siegerlandhalle. © WP | Hendrik Schulz

Ziel ist eine bessere Regelung als die gesetzlichen Mindeststandards, bekräftigt Betriebsbetreuerin Jasmin Delfino, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall – befürchtet wird ein Stellenabbau ohne soziale Absicherung. Die Belegschaft sei hoch flexibel, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liege bei 21 Jahren. Ein Unternehmen, dass sich auf die Fahnen schreibe, fair zur Belegschaft zu sein und klimafreundlich zu agieren – was davon bleibe noch übrig, wenn Dometic in China produzieren lasse?

Caravan-Branche bekundet Solidarität mit Dometic-Standort Siegen

Nicht nur die Gewerkschaft befürchtet einen schleichenden Standortabbau in Siegen. „Ich habe in die Gesichter der Menschen geschaut – was tut man denen an wegen ein bisschen Profit?“, sagt Georg Hartmann-Niemerg, Betriebsrat des Dometic-Kunden LMC aus Sassenberg, der ebenso wie Betriebsräte von Westfalia, Fendt, Hobby und Euromobil der Siegener Belegschaft die Solidarität der Branche bekundete.

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Hier werde angestrebt, die Belegschaft unter die Grenze von 300 zu drücken, weil dann laut Betriebsverfassungsgesetz etwa kein freigestellter Betriebsrat mehr bestellt werden kann sondern erstritten werden muss. „Das ist ein Auseinanderschrauben des Standorts mit Ansage.“

Dometic-Leitung: „Neuausrichtung im Produktportfolio“

Die Geschätftsleitung von Dometic meldet sich am Dienstagmorgen mit dieser Stellungnahme: „Die Dometic GmbH in Siegen hat heute ihren Mitarbeitern mitgeteilt, dass das Unternehmen Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die Umsetzung der bereits in 2019 definierten und kommunizierten Maßnahmen aufgenommen hat. Die damit verbundene Neuausrichtung im Produktportfolio sowie die mittel- und langfristige Planung zur wirtschaftlich optimierten Auslastung der international verteilten Produktionsstätten machen personelle Anpassungen für den Standort Siegen notwendig. Von den Maßnahmen sind weniger als 50 von 324 Arbeitsplätzen betroffen.“

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