Siegen-Wittgenstein. Der Kreis Siegen-Wittgenstein will einen neuen Nahverkehrsplan erarbeiten. Die Kosten drücken – und der ungewisse Ausgang eines Prozesses.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein will seinen Nahverkehrsplan neu aufstellen. Der Ausschuss für Wirtschaft, Mobilität und Verkehrsinfrastruktur und der Kreistag werden in ihren nächsten Sitzungen das Startsignal geben. Im dritten Quartal 2023 soll das Planwerk veröffentlicht werden, für das der Kreis 100.000 Euro ausgibt.

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Keine Zukunft ohne Zuschüsse

1995 wurden die Kreise Aufgabenträger für den öffentlichen Nahverkehr. 1997 wurde der erste Nahverkehrsplan in Kraft gesetzt, Grundlage waren Daten aus dem Jahr 1993. Diese Daten wurden auch für die Nachfolgepläne 2006 und 2016 verwendet. Es sei an der Zeit, dass das Werk "komplett neu aufgesetzt“ werde, sagt Günter Padt, Geschäftsführer des Zweckverbandes Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS), im Gespräch mit dieser Zeitung. Nicht nur, weil die Daten alt sind und der Kreis inzwischen auch neue Leitlinien für den Nahverkehr beschlossen hat. Sondern auch, weil der aktuelle Plan Ausgangspunkt für Konflikte ist.

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Die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) haben zwar alle Linienkonzessionen im Kreis Siegen-Wittgenstein bekommen, ächzen aber unter den Vorgaben des Nahverkehrsplans. „Eigenwirtschaftlich“, also nur mit den Fahrgeldeinnahmen und Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr, konnten sie schon vor der Pandemie nicht fahren. Inzwischen gilt eine „Notvergabe“ – die Busse der VWS fahren nun im Auftrag des Kreises, der auf diesem Weg Rettungsfonds-Mittel durchleiten kann. Verhandelt wird aktuell über einen Höchsttarif für die Fahrscheine; die Differenz zu kostendeckenden Fahrscheinen würde die öffentliche Hand übernehmen. „Eigenwirtschaftlich wird das nicht mehr“, sagt Günter Padt über den öffentlichen Nahverkehr in Siegen-Wittgensteins Zukunft.

Leitlinien

Grundangebot soll werktags zwischen 4 und 20 Uhr ein Stundentakt sein, auf den Hauptachsen von 6 bis 20 Uhr ein 15-Minuten-Takt und dann bis 1 Uhr ein 30-Minuten-Takt. Sonn- und feiertags soll auf allen Linien zwischen 8 und 23 Uhr alle zwei Stunden ein Bus fahren, auf den Hauptstrecken von 6 bis 24 Uhr alle 30 Minuten.In Ortsteilen mit mehr als 7500 Einwohnern soll die Luftlinienentfernung zur nächsten Bushaltestelle nicht größer als 250 Meter sein. In Ortsteilen von 750 bis 7500 Einwohner beträgt der Radius 500, in noch kleineren Ortsteilen 750 Meter.

Rechtsstreit um Linienkonzessionen

Dass der ZWS-Geschäftsführer aufs Tempo drückt, hat einen weiteren Grund: Die Linien-Konzessionen für das Linienbündel Mitte mit Siegen, Kreuztal, Hilchenbach, Freudenberg und Netphen, die die Bezirksregierung 2017 an die VWS vergeben hat, stehen auf der Kippe: Ein Mitbewerber hatte geklagt. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hatte daraufhin die Konzessionen aufgehoben. Weder der Antrag der VWS noch der konkurrierenden BSO sei „genehmigungsfähig“ gewesen. Alle Beteiligten legten 2019 Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein.

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Die VWS-Konzessionen, die nach wie vor gelten, laufen 2028 aus. „Es wäre aber denkbar, dass das Verfahren sich in eine andere Richtung entwickelt“, sagt ZWS-Geschäftsführer Günter Padt. Sollte das Oberverwaltungsgericht das Arnsberger Urteil bestätigten, müssten alle Buslinien EU-weit ausgeschrieben werden – ein neuer Nahverkehrsplan wäre dafür die bessere Grundlage.

Konkurrent in Schwierigkeiten

Der „Busverkehr Siegen-Wittgenstein-Olpe“ (BSO), der den Prozess in Gang gebracht hat, spielt dabei möglicherweise keine Rolle mehr. Das Tochterunternehmen des Kraftverkehr Wiedenhoff mit Sitz in Solingen, der Konzessionen für fünf Buslinien im Rheinisch-Bergischen Kreis, Leverkusen und Köln hat, ist gerade selbst in Schwierigkeiten: Im Streit um die Aufteilung von Fahrgeldeinnahmen ist er aus dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) herausgeworfen worden, damit verliert er seine Einnahmengrundlage.

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