Kreuztal. Anne-Lina Heinen ist Stewardess, Wimpernstylistin und Make-up Artist. In der Coronakrise suchte sie sich noch weitere Beschäftigungen

Anne-Lina Heinen ist hauptberuflich Stewardess. Im Jahr 2020 ist sie kein einziges Mal geflogen. Das liegt natürlich in erster Linie an der Coronakrise – aber nicht nur. Nur ein Standbein zu haben, das ist nichts für die 36-Jährige Kreuztalerin, auf dem Sofa zu liegen erst recht nicht. Deshalb arbeitet sie in verschiedenen, äußerst abwechslungsreichen Berufen – ob als Promi-Stylistin oder als Helferin im Testzentrum.

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Neben der Fliegerei ist Anne-Lina Heinen schon seit Jahren als Wimpernstylistin aktiv. Anfang 2020 erfüllte sie sich einen Traum und machte eine dreimonatige Ausbildung zum Make-up-Artist bei der Kosmetikschule „Nane“. Von Januar bis März hatte sie deshalb unbezahlten Urlaub genommen. Dafür hatte sie gespart und wurde zusätzlich von ihren Eltern unterstützt. Im April sollte es dann allerdings auch mit dem Job als Stewardess weitergehen, das war fest eingeplant.

Corona durchkreuzt die Pläne

Corona machte einen Strich durch diese Rechnung. Eine Woche vor der Prüfung brach die Pandemie aus. Ihren Abschluss erhielt sie trotzdem, doch die Rückkehr ins Flugzeug fiel flach. Angestellt ist sie bei der Fluggesellschaft Condor, ein „sehr loyaler Arbeitgeber“, betont Anne-Lina Heinen, der sie auch bei ihren Weiterbildungsplänen immer unterstützte. Wegen der Pleite von Thomas Cook im September 2019 sei das Unternehmen aber ohnehin angeschlagen gewesen, wegen Corona schickte es Anne-Lina Heinen und ihre Kollegen im April 2020 in Kurzarbeit – bis heute hält dieser Zustand an.

„Ich habe versucht, mich trotzdem nicht unterkriegen zu lassen“, sagt Anne-Lina Heinen. Irgendwie versuchte sie, in ihrem neuen Berufsfeld Fuß zu fassen. Eine schwierige Aufgabe in der Pandemie. Anne-Lina Heinen hat eine positive Ausstrahlung, das kommt ihr auch beim Kontakt mit neuen Kunden zu gute, doch die Krise zerrte auch an ihr. „Es war hart. Du hast drei Jobs und du kannst in keinem richtig arbeiten.“ Zeitweise sei sie in ein kleines Loh gefallen. Dabei war es vor allem auch die Ungewissheit, die sie plagte. Als Wimpernstylistin zu arbeiten, gab sie irgendwann zeitweise auf, da sie selbst nicht mehr wusste, wann und wie sie arbeiten dürfe. Nach dem ersten Lockdown seien außerdem viele Stammkunden weggeblieben, obwohl es zwischenzeitlich wieder erlaubt war. „Weil sie Angst hatten“, vermutet Anne-Lina Heinen. „Es war dieses Auf und Ab, das an den Nerven gezerrt hat.“

Präsenz in sozialen Medien hilft Kreuztalerin

Die Flucht nach vorn suchte Anne-Lina Heinen in den sozialen Medien. Auf Instagram zeigte sie Bilder ihrer Arbeit, in der Chatgruppe der Make-up Academy bewarb sie sich auf Agentur-Anfragen für verschiedene Jobs. Manche Agenturen meldeten sich auch direkt bei ihr, „obwohl ich kaum etwas vorzuweisen hatte“. So ergatterte sie mehrere Aufträge, unter anderem den „Jackpott“, wie Anne-Lina Heinen berichtet: Sie wurde für einen Videodreh von Sony auf Sizilien gebucht. Weitere gewerbliche Aufträge kamen hinzu, sie schminkte unter anderem die Sängerin Joy Denalane und die SAT.1-Wetterfee Susanne Schöne. Ein doppelter Glücksfall, da die Arbeit als Make-up Artist nur für Werbezwecke überhaupt erlaubt war.

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Nach diesem erfolgreichen Auftakt ihrer Karriere als Stylistin schlug im November der zweite Lockdown zu. „Ich bin kein Mensch, der den ganzen Tag Kaffee trinkt und RTL 2 guckt“, sagt Anne-Lina Heinen. Deshalb suchte sie sich kurzerhand den nächsten Job. Zunächst arbeitete sie im Supermarkt, später wechselte sie dann ins Testzentrum an der Siegerlandhalle. Das sei ein erfüllender Job und gebe ihr das Gefühl, in der Pandemie etwas Gutes zu tun. „Die Menschen sind dankbar dafür, dass man ihnen ein Stöckchen in die Nase steckt“ – jedenfalls in 95 Prozent der Fälle, berichtet Anne-Lina Heinen.

Strikte Regeln im Flieger

Die Passagiere seien „viel gehorsamer“, ist Anna-Lina Heinens Eindruck nach dem ersten Flug. Alle hielten sich an die Regeln. Wer sich daneben benimmt, müsse mit Geldstrafen und schlimmstenfalls mit Flugverbot rechnen.

Im Mai trat sie nach 16 Monaten Pause auch wieder einen Flug als Stewardess an. Vor dem Fliegen unter Corona-Bedingungen hatte sie großen Respekt, doch am Ende funktionierte alles gut. Nur die Bestellungen der Fluggäste trotz Maske im lauten Flugzeug zu verstehen, war eine Herausforderung. „Normalerweise lese ich ganz gut von den Lippen ab“, sagt Anne-Lina Heinen.