Siegen. Die Stadtverwaltung Siegen hat Schwierigkeiten, Stellen neu zu besetzen. Es gibt weniger Bewerber, mehr zu tun – und Konkurrenz zur Wirtschaft.

Bürgermeister Steffen Mues wurde im Haupt- und Finanzausschuss deutlich. „Wenn wir Beschlüsse fassen, mit denen Geld für Personal und Maßnahmen gebündelt wird, sollten wir vorher gucken: Was kostet das? – anstatt hinterher auf die Verwaltung einzudreschen, wenn etwas nicht umgesetzt wird.“

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Vorangegangen waren Äußerungen von Michael Groß. Der Grünen-Fraktionschef hatte in der Diskussion über den Tagesordnungspunkt „Personalbedarfsplanung 2020 bis 2029“ – nicht zum ersten Mal – seinen Eindruck betont, die Verwaltung setze politische Beschlüsse mitunter nicht oder zumindest nicht in angemessener Zeit um. „Politische Aufträge sind prioritär abzuarbeiten“, sagte Michael Groß.

Stadt Siegen: Suche nach Personal gestaltet sich zunehmend schwieriger

Der Bürgermeister konterte mit einer rhetorischen Frage: Ob bei Vorschlägen nicht vorab die Frage geklärt werden sollte, welche Kosten mit einer Umsetzung verbunden sind. Dies sei „seriöse Politik“, die nachträgliche Kritik hingegen mute an wie der Versuch, „den schwarzen Peter wegzuschieben“. Dirk Helmes, Leiter der städtischen Personalabteilung, unterstrich: „Wir arbeiten a) auf gesetzlicher Grundlage und b) auf Grundlage politischer Beschlüsse.“

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Der grundsätzliche Zusammenhang ist banal: Zusätzliche Aufgaben – kommen sie nun wegen veränderter gesetzlicher Vorgaben, unvorhergesehener Entwicklungen wie der Pandemie oder durch politische Beschlüsse zustande – erfordern Ressourcen. Dazu müssen entweder andere Aufgaben liegenbleiben, um der bestehenden Belegschaft die entsprechenden Zeitfenster zu verschaffen; oder es braucht mehr Personal. Gerade das ist aber alles andere als einfach, wie Dirk Helmes bereits in politischen Gremien erläuterte.

Stadt Siegen konkurriert bei der Personalsuche mit anderen Arbeitgebern

Es geht dabei nicht nur um die Kosten, sondern längst vor allem um die Verfügbarkeit angesichts geburtenschwacher nachrückender Jahrgänge. Dirk Helmes: „Wir werden bei der Personalbeschaffung Schwierigkeiten kriegen – aber nicht, weil wir ein unattraktiver Arbeitgeber wären.“ Die Verwaltung konkurriert in diesem Bereich mit der Wirtschaft, die oft andere Möglichkeiten hat, Bewerberinnen und Bewerbern lukratives Einkommen zu bieten. Die Stadt Siegen arbeitet deshalb unter anderem daran, Ideen für Vergünstigungen und angenehme Arbeitsbedingungen zu entwickeln. Außerdem wolle sie die „Qualifizierung im eigenen Haus“ vorantreiben, wie Dirk Helmes erläuterte. Ferner „bilden wir seit Jahren über Bedarf aus“.

Mehr Aufgaben, weniger Bewerber

Für die Personalbedarfsplanung 2020 bis 2029 ist die zuständige Arbeitsgruppe „von der Überlegung ausgegangen, dass die Auswirkungen des demographischen Wandels längst im Arbeitsalltag der Kommunen angekommen sind“, wie in der Vorlage erläutert ist.

Kommunen konkurrierten dabei nicht nur mit anderen Arbeitgebern im die abnehmende Zahl an Nachwuchskräften, „sondern müssen zeitgleich einer Vielzahl neuer Herausforderungen begegnen, um auch künftig in der Lage zu sein, ihre vielfältigen Aufgaben sachgerecht wahrzunehmen“.

Ein erster Zwischenbericht über Maßnahmen, mit denen der Situation begegnet und ihren Folgen entgegengewirkt werden soll, ist für Frühjahr 2022 angestrebt.

Die Schwierigkeiten erkannte Michael Groß an: „Herr Helmes hat Recht, wir werden alle Register ziehen müssen, um Stellen nachzubesetzen.“ Dies sei „rein demografisch“ begründet und „eine ganz schwierige Geschichte“. Dann allerdings schlug der Fraktionschef den Bogen zu einem Antrag der Grünen zu den Haushaltsberatungen, den der Rat im April abgelehnt hatte: Die Schaffung dreier zusätzlicher Stellen in der Hochbauabteilung, um Maßnahmen zur CO2-Reduktion an städtischen Gebäuden umzusetzen. Und von da aus ging es weiter zum Thema „Umsetzung politischer Beschlüsse“.

Stadt Siegen: Leitung der Zentralen Gebäudewirtschaft weiterhin unbesetzt

Die zusätzlichen Stellen hatten die Grünen nämlich mit einem Ratsbeschluss aus dem Februar begründet, der das Ziel eines CO2-neutralen städtischen Gebäudebestands bis spätestens 2040 festlegt. Es gehe also um „Personal, um politische Ziele zu erreichen“, so Michael Groß. Die Ratsmehrheit hatte diese Stellen aber abgelehnt, weil es derzeit etliche Fragezeichen in Bezug auf die Zentrale Gebäudewirtschaft (ZGW), wo diese Stellen angesiedelt wären, gibt. Seit November ist die Abteilungsleitung unbesetzt, „das dauert halt“, sagte Bürgermeister Steffen Mues – eben wegen der Lage am Arbeitsmarkt. Darüber hinaus erwägt die Stadt auch eine Neuorganisation der ZGW, die aber mit der neuen Führungskraft abgestimmt werden soll.

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„Wir werden uns am Verwaltungs-Bashing nicht beteiligen“, machte CDU-Fraktionschef Frank Weber klar. Es „komme immer wieder mal vor, dass Aufgaben nicht von Dienstag auf Mittwoch erledigt werden“. Die Ablehnung der drei weiteren Stellen sei „Realpolitik durch die finanzielle Brille“: Die Mehrheit wolle „behutsam vorgehen“ und in Sachen ZGW erst die Führungsfrage abwarten. Ingmar Schiltz (SPD) stimmte zu: „Wir halten das für nachvollziehbar.“

„Die Kosten des Klimawandels kommen auf uns zu“, gab Julia Shirley (Grüne) zu bedenken. „Wenn wir jetzt nichts tun, trifft uns das in Jahren und Jahrzehnten um so härter.“ Die Formulierung stieß bei Steffen Mues auf wenig Gegenliebe. „Das klingt, als hätten wir als Stadt Siegen bisher nichts gemacht. Das stimmt nicht. Wir sind weiter als viele andere Kommunen in NRW.“

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