Netphen. Netphens Bürgermeister Paul Wagener findet, dass sich der Kreis an der regional bedeutsamen Einrichtung beteiligen könnte.

Bürgermeister Paul Wagener hat die Ratsfraktionen aufgefordert, kurzfristig über eine Sondersitzung des Rates zu entscheiden. Der Rat müsste darüber befinden, ob er seinen am 10. Dezember gefassten Beschluss aufhebt, den Förderantrag für die Sanierung der Eishalle zurückzuziehen. Drei Millionen Euro Bundesmittel könnte Netphen bekommen – Berlin will nun wissen, ob die Stadt das Geld immer noch nicht will.

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Der Lauf der Dinge

Am Mittwoch, 5. Mai, hat die neue Debatte über das seit 2017 stillgelegte Eisstadion begonnen. An diesen Tag hat der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, Netphen mit seinem Antrag für das Sonderprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ zu bedenken. Für 3,8 Millionen Euro soll(te) „Beach & Ice 57“ entstehen: die bisherige Eishalle mit neuer Technik und neuem Membrandach zu versehen und für eine Sommernutzung mit Strand, Beachvolleyballfeld und Veranstaltungsfläche auszustatten. Dafür soll es drei Millionen Euro Zuschuss geben. In ersten Reaktionen haben sich die meisten Ratsfraktionen dafür ausgesprochen, das Geld anzunehmen. SPD und Grüne fordern allerdings eine Bürgerbefragung.

Am Freitag, 7. Mai, schreibt das Forschungszentrum Jülich – ein Berliner Absender, der als Projektträger beauftragt wird – an die Stadt und schickt den Link zu der Pressemitteilung des Bundesbauministeriums.

Am Montag, 10. Mai, antwortet Bürgermeister Paul Wagener, dankt für die „wunderbare Nachricht“, erinnert „der guten Ordnung halber“ an das Zurückziehen des Antrags. „Umso überraschter und erfreuter war und bin ich, von Ihnen zu lesen, dass wir nun doch eine Förderung bekommen“, schreibt Wagener und verabschiedet sich mit „Vielen Dank im voraus“.

Am Dienstag, 11. Mai, bestätigt der Projektträger Jülich, dass Netphen den Förderantrag zurückgezogen hat – beigefügt sind das Schreiben der Stadt vom 14. Dezember mit Eingangsstempel vom 18. Dezember. „Fälschlicherweise“ sei das Projekt dennoch vom Haushaltsausschuss ausgewählt worden. „Sofern Sie weiterhin nicht an der Teilnahme am Bundesprogramm interessiert sind, würden wir Sie bitten, uns erneut ein kurzes Absageschreiben auf die erfolgte Auswahl Ihres Vorhabens zu übersenden.“

Am Mittwoch, 12. Mai, schreibt der Projektträger Jülich ein weiteres Mal: „Wir würden Sie bitten, sich bis zum 16. Juni 2021 hinsichtlich der Teilnahme am Bundesprogramm ,Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur’ zu positionieren. (..) Um den Zuwendungsbescheid erstellen zu können, muss ein gültiger Ratsbeschluss vorliegen. Aus diesem muss ersichtlich sein, dass Ihre Kommune den Eigenanteil finanziell stemmen wird.“

Ebenfalls am Mittwoch, 12. Mai, wendet sich Bürgermeister Paul Wagener an den Rat: Es erscheine „ratsam, dass Sie schnellstens eine Sondersitzung des Rates beantragen, wenn Sie möchten, dass die Verwaltung das Verfahren bis zur Antragstellung weiter betreiben soll. In dieser Sitzung müsste dann ebenfalls erörtert werden, wie in kurzer Zeit eine Bürgerbeteiligung verfahrensmäßig in die Ratsentscheidung eingepflegt werden soll.“ Wagener weist in dieser Mail „Verdächtigungen und böswillige Unterstellungen“ zurück, die Verwaltung habe – entgegen dem Ratsbeschluss – den Förderantrag gar nicht zurückgezogen. Das beweise der Eingangsstempel des Projektträgers Jülich. „Ob und wer hier den Ratsbeschluss vom 10.12.2020 missachtet und vereitelt hat, bleibt Ihrer Bewertung überlassen.“

Chronik

1976 wurde das Eisstadion im Freizeitpark gebaut, zunächst als offener Eislaufplatz, der 1980 mit einem Membrandach versehen wurde.

Bis 1994 führte die Firma Hettlage mit ihren Tochtergesellschaften den Betrieb, danach die Sportpark Siegerland GmbH (SPS).

2017 endete die letzte Eis-Saison, SPS ging in Insolvenz. 2018 übernahm die Stadt die Anlage und übergab sie an ihre Freizeitpark Obernautal GmbH (FON), die bereits das Freizeitbad betreibt.

2018 eröffnet die FON zunächst die Trampolinhalle in der ehemaligen Tennishalle. Bis 2020 versucht die Stadt, Fördergelder für das Eisstadion zu bekommen. Der Rat beschließt, den Abbruch der Eishalle vorzubereiten.

Der Stand heute

Am Donnerstag, 13. Mai, wendet sich Bürgermeister Paul Wagener in einem Videobeitrag auf der Facebookseite der Stadt an die Öffentlichkeit. „Wir freuen uns sehr über die neue Perspektive“, sagt der Bürgermeister, weist aber zugleich auf die „enorme finanzielle Belastung“ hin, die auf die Stadt zukomme: Wenn nicht Beach & Ice, sondern der Neubau einer geschlossenen Eishalle erfolge, wie von SPD und Grünen gefordert, müsse die Stadt noch fünf Millionen Euro drauflegen. Die jährlichen Kosten der Freizeitpark Obernautal GmbH (FON) würden von 750.000 Euro (vor der Pandemie) auf mehr als eine Million Euro (für Bäder, Saunen, Fitness, Spielfelder, Trampolin- und Eishalle zusammen) steigen.

Mit privaten Investoren, wie sie die CDU vorschlage, habe die Stadt im Freizeitpark „sehr schlechte Erfahrungen“ gemacht: „Das darf uns nicht noch einmal passieren.“ Wenn die Eishalle schon, wie vom CDU-Bundestagsabgeordneten Volkmar Klein erwähnt, „Anziehungspunkt für Menschen aus ganz Siegen-Wittgenstein“ sei, dann sei es „logische Konsequenz, dass die Region mit ins Boot gehört“. Die Beteiligung des Kreises Siegen-Wittgenstein am Kunstturnleistungszentrum in Dreis-Tiefenbach sei dafür eine „Blaupause“, sagt Bürgermeister Paul Wagener, „wir hoffen, dass wir weitere Geldgeber finden werden. Wir sind guter Dinge.“

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