Siegen. Mittäterin bereits verurteilt: Zusammen soll Paar Senior in dessen Wohnung in Siegen brutal überfallen haben, um an Geld für Drogen zu kommen.
Drei Jahre und neun Monate Haft wurden am 23. November gegen eine Siegenerin verhängt. Sie war im Mai 2020 an einem schweren Raub auf einen alten Mann beteiligt, ihr zugute kam ein minder schwerer Fall und eingeschränkte Schuldfähigkeit. Nun steht ihr mutmaßlicher Mittäter vor Gericht, angeklagt ebenfalls wegen schweren Raubes, in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Körperverletzung.
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Das Opfer (82) vermietet seit längerem Zimmer an Menschen aus der Drogenszene. In einem „Rattenloch“, ätzt der Angeklagte, der seine Begleiterin einige Zeit vor der Tat bei sich aufgenommen hatte. Beide nahmen Drogen, holten gemeinsam Methadon, hatten am 13. Mai 2020 keinen Stoff und kein Geld mehr. Das suchten sie bei besagtem Senior. Sie kannte ihn, er wollte ihr ein Zimmer vermieten, vorher hätte er von höheren Bargeldbeträgen in seiner Wohnung erzählt.
Bereits zehn Jahre im Gefängnis
Die 25-Jährige lenkte den alten Mann im Wohnzimmer ab, ließ ihren Freund unter einem Vorwand ins Haus, der stand plötzlich mit einer Pistole vor dem alten Mann. Laut Anklage forderte er Geld und drohte, ihm ins Knie zu schießen. Dann soll der Täter den Mann durch die Wohnung geschleift, ihm 85 Euro aus dem Portemonnaie genommen und ihn gefesselt haben. Die Freundin fand noch 2000 Euro im Schlafzimmer, sie stahlen zudem Autopapiere, einen Schlüsselbund und schließlich auch das Auto. Der Mann blieb mit Kabelbinder gefesselt zurück.
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„Das stimmt alles so“, sagt der 40-Jährige vor Gericht – es mache keinen Sinn, um die Wahrheit herumzureden. Er spricht von Suchtdruck. Das Gerede vom vielen Geld habe den Überfall leicht gemacht. Zumal der alte Mann einen schlechten Ruf gehabt habe. Dem Sachverständigen gegenüber hat er von einem früheren Zuhälter gesprochen. Vor Gericht erzählt er von Gerüchten: Der Senior habe gern junge Frauen um sich, verlange Gefälligkeiten gegen Geld – auch seine Begleiterin habe das erzählt, sie habe ihm leidgetan. Sie sei immer wieder an schlechte Männer geraten, aber niemals anschaffen gegangen.
Angeklagter (40) war schon mehr als zehn Jahre im Gefängnis
Er habe dem Mann die Waffe ans Knie gehalten, ihn aber nicht durch die Wohnung gezerrt. „Der wollte abhauen, ich habe ihn wieder in den Sessel gesetzt.“ Das Opfer habe eine Art Anfall simuliert und gezittert: „Ich habe ihm Wasser und Tabletten gebracht!“ Nach der Tat habe er die Frau bei Freunden untergebracht und sich um eine Therapie für sie bemüht. Er selbst ist mit 16 aus Russland gekommen und direkt straffällig geworden, immer wieder. Gut zehn Jahre war er bereits im Gefängnis, möchte nun endlich einmal ein neues Leben anfangen. Den Sinneswandel findet Richterin Elfriede Dreisbach eine gute Idee.
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Der Geschädigte wird erneut mit einiger Mühe vernommen, will eigentlich nur seine Ruhe und nichts mehr mit der Sache zu tun haben. Die Fesseln hätten ihn an den Handgelenken verletzt, er habe die Waffe ins Gesicht bekommen, dabei einen Zahn verloren. Beide Täter hätten ihn geschlagen. Hinweise darauf gibt es aber nicht, kein Polizist erinnert sich an etwas dieser Art vor Ort.
Gutachter Dr. Thomas Schlömer hat beim Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, zudem die Abhängigkeit von zahlreichen Suchtmitteln. Bei ihm sieht er keine eingeschränkte Schuldfähigkeit, hält eine Unterbringung zur Drogentherapie für dringend geboten. Plädoyers und Urteil sind für 18. Mai geplant.
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