Kreuztal. Digitale Angebote in der Pandemie können Begegnungen nicht ersetzen. Streetwork soll weitergehen. Problem-Hotspots gibt es nicht.

Jugendliche sind für Angebote der offenen Jugendarbeit in Kreuztal wegen der Pandemie nur schwer erreichbar – obwohl der Unterstützungsbedarf vorhanden ist. Das geht aus einem Bericht der Verwaltung für den Sozialausschuss hervor. Auch das inzwischen beendete Zwei-Jahres-Projekt für mobile Jugendarbeit „Just Xtal“ hat unter den Beschränkungen der Corona-Maßnahmen gelitten.

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Die aktuelle Lage

Die Jugendtreffs der Stadt sind geschlossen. Die Stadt hat Alternativen angeboten:

Digitale Jugendarbeit: Jeweils einmal in der Woche für zwei Stunden haben JBS, Glonk und Busch-Hütte als digitale Treffs geöffnet. „Sehr eingeschränkt“ sei die Resonanz: ein bis vier Besucher und Besucherinnen je Öffnungstag „mit abflachender Tendenz“, je drei bis fünf Jugendliche wurden in Buschhütten und Littfeld erreicht, insgesamt 15. Über den kreisweiten digitalen Jugendtreff, der zwei Mal in der Woche angeboten wird, wurden etwa 20 Jugendliche erreicht.

Telefonsprechstunden: Sechs Jugendliche haben in Kreuztal die täglichen Telefonsprechstunden wahrgenommen, in Buschhütten und Littfeld zwei und drei.

Social Media: Über Instagram, Facebook und WhatsApp werden etwa 50 Jugendliche erreicht. Die Instagram-Präsenz hat 342 Abonnenten, die regelmäßigen Stories werden in der Regel von 90 bis 100 Usern angeschaut und mit etwa 10 Jugendlichen gibt es Kontakt über Nachrichten.

Einzelbetreuung: Zehn Jugendliche nahmen bisher das Angebot wahr, in Einzelgesprächen Unterstützung zu bekommen.

Nachhilfeangebote werden seit Mitte März in Präsenz für Gruppen von höchstens fünf Schülern und Schülerinnen gemacht. „Anfangs wurde die 5er-Gruppenzeit nur sehr bedingt genutzt“, heißt es in dem Bericht, „mittlerweile ist dies anders, die Gruppenzeiten werden meist voll ausgenutzt und es musste ein Anmeldesystem initiiert werden.“ 20 Jugendliche wurden erreicht.

Gruppenangebote im Freien sind ebenfalls seit Mitte März möglich. Die Spieltreff-Angebote in Kreuztal und Buschhütten wurden bisher nicht angenommen.

Mobile Jugendarbeit: Bis zur Schließung der Skate - und Bikeanlage wurde diese bei gutem Wetter von bis zu 60 Jugendlichen pro Tag genutzt, bei schlechtem Wetter von bis zu 20 Jugendlichen. „Die Präsenz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an der Anlage war immer sehr willkommen, da viele den Kontakt schon länger vermisst haben“, berichtet die Verwaltung. „Hier konnte die mobile Jugendarbeit den Jugendlichen mit Beratung und Unterstützung ein verlässlicher Ansprechpartner sein.“ Viele Jugendliche beschäftigten in dieser Zeit vor allem schulische Probleme und Stress im Elternhaus.

JuSt-Projekte

Es gab eine Soccernight, einen Ausflug in die Skatehalle nach Wuppertal, einen Skate-Workshop und eine Midnight-Session im Bike- und Skatepark.

Der Just X Dance Battle, den Jugendliche bereits mitvorbereitet hatten, konnte nicht mehr stattfinden; das Tanzevent wurde trotz Schutzkonzept Opfer der Pandemie.

Zwei Jahre Kümmerer

Eingebettet in das Programm „Starke Quartiere – Starke Menschen“ fand das über den Europäischen Sozialfonds geförderte Projekt „Kümmerer im Quartier / JuSt Xtal“ statt. JuSt stand dabei für Jugend und Straße, es richtete sich an junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren. Die 75-Prozent-Personalstelle für Sozialarbeit teilten sich zwei Fachkräfte, die beim Katholischen Jugendwerk Förderband Siegen-Wittgenstein angestellt waren.

Einen „Hotspot“, an dem sich Gruppen von Jugendlichen regelmäßig treffen, gibt es nicht. Die Treffpunkte in der Innenstadt dienten in erster Linie als Übergangsort für weitere Aktivitäten, aber auch – so die Verwaltung - „als Präsentations- sowie Streifraum“. Ältere Jugendliche, so der Förderband-Bericht, orientieren sich eher nach Siegen. Nachmittags und abends haben die Fachkräfte mit rund 120 jungen Menschen an ihren Treffpunkten Kontakt aufgenommen.

Robinson-Spielplatz: Tagsüber treffen sich dort Familien und junge Mütter mit ihren Kindern. Jugendliche, die abends dort angetroffen wurden, hätten berichtet, „dass dieser Ort häufig genutzt wird, um in den Spielhütten zu rauchen und Alkohol zu konsumieren“. Sie hätten sich dort „geduldet“ gefühlt. Sie berichteten, dass „sie niemand von diesem Treffpunkt vertreiben möchte“.

Fritz-Erler-Siedlung: In diesem Bereich wurden in erster Linie Kinder und Jugendliche angetroffen, die auf dem Weg in die Innenstadt waren oder auf den Bus warteten.„Entgegen der Erwartungen der Mitarbeitenden wurden hier nie Gruppen von jungen Menschen angetroffen, die den Raum rund um ihre Wohnung auch als Freizeitraum nutzen.“ Die Jugendlichen aus der Siedlung treffen sich privat, in der JBS oder auf der Skateranlage.

Bike- und Skateanlage: Das ist der Treffpunkt, an dem das Just-Team auch während der Lockdowns mit den Jugendlichen im Gespräch bleiben konnten. „Die Jugendlichen wurden überwiegend als zurückhaltend und wenig problembelastet empfunden.“ Diese Freizeitfläche sei ein „Kümmerfaktor“ für die Jugendarbeit.

Tiefgarage Innenstadt: Vereinzelt traf das Team dort kleine Gruppen von 15- bis 30-Jährigen an. Sie gaben an, sie würden auf den Bus warten. „Da die Bushaltestelle einige hundert Meter entfernt liegt, war daraus zu schließen, dass sie den Ort in seltenen Fällen als Treffpunkt nutzten, dort jedoch in Ruhe gelassen werden möchten.“

Innenstadt: Der Innenstadtbereich, besonders der Rote Platz, wird auch von Jugendlichen gut frequentiert. Auf dem Parkplatz hinter dem Neubau neben dem Rathauscenter trafen sich vereinzelt Gruppen: Der Ort bietet eine Rückzugsmöglichkeit, zugleich auch guten WLAN-Empfang.

Für zwölf Jugendliche wurde eine Einzelfallhilfe möglich. Anfang und Mitte 2020 konnten Berater und Jugendliche sich persönlich treffen. Im Lockdown waren Beratungsgespräche per Videochat und Telefon möglich. Für gemeinsames Arbeiten zum Beispiel an Bewerbungsunterlagen hätte es bei den Jugendlichen jedoch oft am technischen Know-how oder an den erforderlichen Geräten gefehlt.

Berichtet wird über eine junge Frau mit Migrationshintergrund. Die 24-Jährige litt an Essstörungen, hatte Probleme mit den Eltern und in der Schule. Ihr konnten Therapie und ein Ausbildungsplatz vermittelt werden. Eine Schulsozialarbeiterin des Berufskollegs Technik vermittelte einen jungen Zuwanderer an das Just-Projekt. Ihm wurde sein Wunsch erfüllt, wieder aktiv Fußball im Verein zu spielen – er wurde Mitglied in einem Verein. Aus der JBS kam ein junger Erwachsener: Für ihn wurde ein Ausbildungsplatz in Bayern gefunden, da die Familie nach Süddeutschland ziehen wollte.

Die Zukunft

Streetwork soll neben den Jugendtreffs und insbesondere der neu gestalteten JBS „fester Bestandteil in der Kreuztaler Jugendarbeit“ bleiben, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Dabei wird der neu entstehende Bildungs- und Sportcampus wie eine weitere, saisonale Jugendeinrichtung geführt. Darüber hinaus soll es mobile Angebote in der Fritz-Erler-Siedlung, unter anderem mit Gruppenangeboten rund um das Stadtteilbüro und Mehrgenerationenhaus, Mädchentreff, Spielplatzaktionen und Mitternachtssport, sowie aufsuchende Jugendarbeit auf öffentlichen Plätzen geben.

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