Kreuztal. Im Rahmen von „KidS“ sollen Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, Kommunalpolitiker in Kreuztal bei ihrer Arbeit zu begleiten
Jugendlichen einen Einblick in die Politik zu geben, sie stärker in die lokalen Vorgänge einzubeziehen und ihnen einen direkten Kontakt zu den Verantwortlichen zu bieten, das ist die Idee des Projektes „Kommunalpolitik in der Schule“ (KidS). Auf diese Weise soll die Beteiligung junger Menschen langfristig gesteigert werden. In der konstituierenden Sitzung des Kreuztaler Rates im November 2020 hatte die CDU-Fraktion vorgeschlagen, die Einführung von KidS zu prüfen und stieß damit auf breite Zustimmung bei den Fraktionen. Nun entschied der Rat einstimmig für die Einführung des Projektes.
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Kommunalpolitik spielt keine Rolle in den Lehrplänen
Die Idee brachte CDU-Politiker Philipp Krause aus dem Kreis Olpe mit, wo das Projekt bereits umgesetzt wird. Er war dort als Lehrer seitens der Schule mit der Koordination betraut. Sie geht zurück auf die Erkenntnis, dass das Interesse und das Wissen um die Aufgaben und die Arbeitsweise der Kommunalpolitik vor Ort bei den Jugendlichen verschwindend gering sei – trotz eines gestiegenen Interesses an der Politik im Allgemeinen. Oftmals spiele Kommunalpolitik in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen keine Rolle mehr. Zeitgleich beobachteten die Kommunalpolitiker, dass Räte und Gremien überaltert sind.
Von wegen verdrossen
Die 18. Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2019 unter dem Titel „Eine Generation meldet sich zu Wort“ zeigt, dass die junge Generation wieder nachdrücklicher eigene Ansprüche hinsichtlich der Gestaltung der Zukunft formuliert.
Das allgemeine Interesse an Politik hat sich im Vergleich zu den Vorgängerstudien auf einem hohen Niveau stabilisiert.
Im Rahmen von KidS sollen Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Jahrgangsstufe sowie der Einführungsphase der Oberstufe die Möglichkeit bekommen, ein Ratsmitglied für vier bis sechs Wochen intensiv zu begleiten und diesem bei der kommunalpolitischen Arbeit über die Schulter zu schauen.
Bei einer Auftaktveranstaltung im Rathaus könnten die Teilnehmer die Struktur und die Aufgaben der Stadtverwaltung kennen lernen. Anschließend nehmen sie nehmen an Fraktions- und Gremiensitzungen sowie Ausschüssen und repräsentativen Veranstaltungen teil. Die Ratsmitglieder, die als Mentoren fungieren, empfehlen zu Beginn des Zeitraums, welche Termine sich dafür eignen – es soll sich dabei ausschließlich um Veranstaltungen am Nachmittag und am frühen Abend handeln. Abschließender Höhepunkt soll dann die Teilnahme an einer Ratssitzung sein.
Kreuztaler Schulen sollen Teilnehmer selbstständig akquirieren
„Als betreuender Politik-Lehrer bin ich überzeugt von dem Projekt“, sag Krause. Sinnvoll sei das Projekt bereits ab einer niedrigen Teilnehmerzahl. „Am Ende kann davon eine Gesellschaft als Ganzes profitieren, wenn junge Menschen sehen und verstehen, wie aus Ideen Anträge und aus Anträgen demokratisch gefasste Beschlüsse werden können.“ Nach dem Projekt sollen die Schülerinnen und Schüler dann in ihren Klassen über ihre Erfahrungen berichten und so wiederum als Multiplikatoren dienen.
Teilnehmer für das Projekt sollen die Schulen selbstständig finden, dafür soll jeweils ein Kontaktlehrer bestimmt werden, der auch Ansprechpartner für die Verwaltung und die Verantwortlichen der Fraktionen ist. Wichtig sei die Freiwilligkeit auf Seiten der Schüler, und dass das Projekt auf einer niederschwelligen unkomplizierten Ebene abläuft, betont Krause.
Aus den Reihen der Schüler gibt es bereits Interessenten. Khaled Shamia hat von dem Projekt über Instagram erfahren. Der 16-Jährige besucht das Gymnasium Stift Keppel in Hilchenbach und ist Mitglied in der Jungen Union. Die Chance, seine Meinung – und die vieler Jugendlicher – zu vertreten, habe ihn dazu motiviert, sich politisch zu engagieren, genau wie der soziale und informative Austausch in der Partei. „Man lernt die Stadt Kreuztal aus einem neuen Blickwinkel kennen“, berichtet Shamia.
Direkte demokratische Einflussnahme fehlt Jugendlichen in Kreuztal
„Das Interesse bei der Jugend sich zu engagieren ist groß“, sagt Shamia. Vor seinem Wechsel nach Hilchenbach besuchte er das Städtische Gymnasium in Kreuztal, auf beiden Schulen habe er das festgestellt, auch Bewegungen wie Fridays for Future untermauerten den Willen der Jugend, sich einzubringen. Allerdings nutzten die meisten seiner Altersgenossen die sozialen Medien dafür. Ähnlich wie bei Demonstrationen sei das zwar eine Möglichkeit, Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs zu nehmen, direkte demokratische Entscheidungen könnten so aber nicht getroffen werden. „Dieses Mittel fehlt in der Schule.“
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Er selber habe von seinem Vater viel über Politik erfahren. Die Schule sei aber der beste Ort, um alle Jugendlichen zu erreichen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, welche Parteien es gibt und wo sie sich engagieren können. Er würde es begrüßen, wenn erfahrene Kommunalpolitiker in den Klassen von ihrer Arbeit berichten könnten. Allerdings sollte es dabei in erster Linie um einen allgemeinen Überblick gehen, nicht um parteipolitische Interessen, fordert Shamia. „Es geht ausdrücklich nicht um parteipolitische Indoktrination“, stellt Philipp Krause fest.
Corona verzögert Umsetzung in Kreuztal
Grundsätzlich soll der Projektzeitraum in das erste Quartal oder die zweite Hälfte eines Kalenderjahres gelegt werden – also in jedem Fall mit einigem zeitlichen Abstand zum Schuljahresende. Zunächst soll KidS einmal pro Jahr stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf den Schulbetrieb und die kommunalpolitische Arbeit soll die Premiere „auf eine Zeit gelegt werden, in der alle Beteiligten wieder einigermaßen Tritt gefasst haben“, heißt es in der Verwaltungsvorlage.
„In Zeiten der Corona-Pandemie wird es vermutlich leider noch lange dauern“, kommentierte Dieter Gebauer (Grüne). Auch die Schüler müssten sich dann, genau wie die Fraktionsmitglieder, mit Videokonferenzen abfinden. Alle Parteien befürworten das Konzept jedoch und sind zu einer Mentorenschaft bereit. „Das wird der Demokratie in Kreuztal zugutekommen“, freute sich Philipp Krause über die einstimmige Annahme des CDU-Antrags. Die Verwaltung soll nun alle notwendigen Vorbereitungen treffen, die Kommunikation mit den Schulen aufnehmen und die Ergebnisse im Mai im Schulausschuss präsentieren. „Die Gespräche wird es jetzt geben“, versprach Sozialdezernentin Edelgard Blümel, erinnerte aber auch daran, dass auch die Verantwortlichen in den Schulen aktuell einer hohen Belastung ausgesetzt seien.
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