Siegerland. Der Handel kann ein bisschen öffnen, Unterricht wieder im Wechselmodell stattfinden: Die Bundesnotbremse erfordert im Siegerland Orga-Aufwand.
Der Kreis belegte lange NRW-weit einen vorderen Rang beim Infektionsgeschehen. Inzwischen sinkt der Inzidenzwert moderat, durch die Bundesnotbremse gibt es vergleichsweise klare Vorgaben, was auf Basis der 7-Tage-Inzidenz möglich ist und was nicht. Die konkrete Umsetzung vor Ort allerdings gestaltet sich schon schwieriger – erst Recht in einer Situation, in der die Inzidenz um den Schwellenwert herum zu pendeln droht.
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Maßgeblich ist, dass der Kreis drei Tage lang in Folge einen gewissen Schwellen-Inzidenzwert unterschreitet – im Fall Siegen-Wittgensteins ist das die 150er Marke. Das bedeutet: Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr (mit Ausnahmen), Einkaufen ist neben den Geschäften des täglichen Bedarfs auch in allen anderen Geschäften nach Terminvereinbarung möglich („Click & Meet“). Dabei dürfen Läden maximal einen Kunden pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche ins Geschäft lassen, dazu muss außerdem ein tagesaktueller negativer Corona-Test nachgewiesen werden.
Handel darf komplett öffnen – mit Einschränkungen
Das NRW-Gesundheitsministerium listet auf seiner Homepage die Kreise und kreisfreien Städte auf, die in eine bestimmte „Maßnahmen-Gruppe“ fallen. Für Siegen-Wittgenstein gelten nun die Regeln für Kommunen mit Inzidenzen zwischen 100 und 150 mit Auswirkungen vor allem für den Handel – alle Geschäfte dürfen mit Terminbuchung und negativen Tests für Kunden öffnen.
Für Schulen ist eine Inzidenz von 165 ausschlaggebend. Das Land gibt diese Eingruppierung nur bekannt – Siegen-Wittgenstein steht auf der Liste, also dürfen die Geschäfte hier unter den genannten Voraussetzungen auch öffnen, dazu benötigt es keine weitere Allgemeinverfügung und auch keinen Erlass der kommunalen Behörden, wie es bisher der Fall war.
Die Lockerungen entfallen, wenn der Grenzwert an fünf Werktagen in Folge wieder überschritten wird. In beide Richtungen – Über- und Unterschreiten der Schwelleninzidenz – gilt ein „Puffertag“, die Maßnahme greift erst am übernächsten Tag (siehe Infobox).
Siegen und Umgebung: Wechselunterricht an weiterführenden Schulen ab Mittwoch
Die Schulen können seit Montag wieder Wechselunterricht anbieten. Die Mitteilung kam allerdings so kurzfristig, dass das nicht allerorts möglich war. „Wir fangen nach Absprache mit den drei anderen städtischen Gymnasien am Mittwoch wieder mit dem Wechselunterricht an“, sagt Sven Berghäuser, Schulleiter des Gymnasiums Auf der Morgenröhte in Niederschelden. An sich wäre auch ein Start am Montag kein Problem gewesen – Pläne für diesen Fall gebe es schließlich, „wir machen ja nichts Anderes als vor den Osterferien“. Derzeit aber liefen Abiturprüfungen und dadurch bestehe erhöhter Raumbedarf.
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Mehr oder minder kurzfristig auf Situationen reagieren zu müssen, sei nichts Neues: „Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, es zu nehmen, wie es kommt.“ Die Familien würden über Entwicklungen per E-Mail auf dem Laufenden gehalten, auch das habe sich gut eingespielt. Flexibilität sei natürlich generell gefragt. Am Wochenende etwa seien Abiturienten in der Schule getestet worden, um am Montag mit möglichst frischem Test Prüfungen antreten zu können – die übrigens „unspektakulär“ liefen, wie Berghäuser betont: „Die Schülerinnen und Schüler sind bestens vorbereitet.“
Siegen: Verständnis an den Schulen – aber Wunsch nach besserer Kommunikation
Die Regelungen und die Notbremse seien grundsätzlich gut, sagt Dr. Mario Vallana, Leiter der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule auf dem Giersberg – ebenso der Punkt, dass die relevanten Infos nun auf der Seite des Gesundheitsministeriums veröffentlicht werden. Diesmal allerdings „ging es sehr schnell“ und die Angaben waren „nicht gerade an prominenter Stelle zu finden“, sagt Vallana – er habe am Samstag aus der Zeitung vom Wechselunterricht erfahren. Auch die „Bertha“ setzt diesen ab Mittwoch um. Einerseits hängt das auch an der Gesamtschule mit den Abi-Prüfungen zusammen, andererseits damit, dass Organisatorisches zu klären sei: Statt der sonst üblichen Testtage Montag und Donnerstag müssten die Tests auf Mittwoch und Freitag verlegt werden. Die Kommunikation seitens übergeordneter Stellen bezeichnet Mario Vallana als „verbesserungsfähig. Ich habe ein Grundverständnis, es ist für alle neu.“ Aber inzwischen sei mehr als ein Jahr im Krisenmodus rum „und immer noch wird viel von heute auf morgen gestrickt.“
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Das Gymnasium Stift Keppel in Hilchenbach-Allenbach ist zum Wechselmodell zurückgekehrt und hat inzwischen einige Übung in Sachen flexibel reagieren. Die Lehrkräfte können kurzfristig aus dem Präsenz-Anteil des Unterrichts heraus den Schülern zuhause Aufgabenpakete geben, „alles andere wäre nicht durchhaltbar“, sagt Schulleiter Dr. Jochen Dietrich über die vorbereiteten Pläne. Das Kollegium arbeite nach wie vor am Limit. Immerhin gebe es Übergangstage, so dass nicht aus dem Stand reagiert werden müsse. Aber: „Das macht’s nicht viel besser.“
Die „aufreibende Such- und Wartearbeit am begonnenen Wochenende blieb Schulen, Schulträgern und Schulämtern selbst überlassen“, schreibt Petra Dors, Leiterin der Jung-Stilling-Grundschule in Weidenau auf der Schul-Homepage. Trotz „ungenügender Informationspolitik“ startete die Schule am Montag mit Wechselunterricht. Um Planungsschwierigkeiten für die Eltern zu vermeiden, wurden Fehlzeiten nicht dokumentiert.
Handel in Siegen und Umgebung: „Click & Meet“ läuft nicht überall
Nach Wochen und Monaten, während derer über lange Zeit kein Kunde einen Laden überhaupt betreten durfte, nehmen die Läden die Möglichkeit des „Click & Meet“ eher verhalten an, in der Siegener Innenstadt stellen vereinzelt etwa Bekleidungsgeschäfte wieder Aufsteller vor die Ladenlokale. „Die Orientierung für Kunden ist in dieser Situation sehr schwierig“, meint Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen. Spontankäufe fielen angesichts dieser Unsicherheit und der niedrigen Besucherfrequenz derzeit wohl eher aus – und das übertrage sich dann auch auf die Händler, die abwägen müssten, ob sie das Personal für „Click & Meet“ vorhalten, wenn die begründete Sorge besteht, dass kaum jemand komme. „Es ist eine Mini-Perspektive“, so Gräbener, aber für die meisten Geschäftsleute, etwa im Bekleidungssegment, sei die Lage nach wie vor sehr schlecht.