Siegen-Wittgenstein. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hält die für den Kreis Siegen-Wittgenstein verhängte Ausgangssperre nicht für rechtmäßig.
Fast erwartungsgemäß hat das Verwaltungsgericht Arnsberg auch die Ausgangssperre für den Kreis Siegen-Wittgenstein kassiert. Ob der Beschluss rechtskräftig wird, ist noch offen. Landrat Andreas Müller überlege, ob er – wie bereits sein Kollege im Märkischen Kreis – gegen die Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlege, hieß es am Mittwochvormittag aus dem Siegener Kreishaus.
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Gericht hat „ernstliche Zweifel“
Aus Siegen-Wittgenstein liegen dem Verwaltungsgericht Eilanträge aus Siegen, Kreuztal, Wilnsdorf und Freudenberg vor. Die Entscheidung vom Dienstag betrifft den Antrag aus Siegen – die Wirkung ist für alle gleich. Formal außer Kraft gesetzt wird die durch Allgemeinverfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein vom 9. April erlassene Ausgangsbeschränkung, die täglich von 21 Uhr bis 5 Uhr gelten soll.
Zur Begründung führt die mit drei Richtern besetzte Kammer aus, es bestünden „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Regelung“, wie es in der Pressemitteilung des Gerichts heißt. Zwar verfolge die Ausgangsbeschränkung angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens im Kreis Siegen-Wittgensteineinen legitimen Zweck und stelle auch grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Pandemiebekämpfung durch Kontaktreduzierung dar. Allerdings stelle das Infektionsschutzgesetz in seiner derzeitigen Fassung für die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen hohe Anforderungen. Danach seien sie nur zulässig, sofern ansonsten – auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen – eine wirksame Eindämmung des Infektionsgeschehens „erheblich“ gefährdet wäre. Das allerdings habe der Kreis Siegen-Wittgenstein in seiner Allgemeinverfügung nicht hinreichend dargelegt.
„Nur sehr begrenzte Wirkung“
Es spreche vielmehr vieles für eine nur sehr begrenzte Wirkung der Ausgangsbeschränkung. Ohnehin seien private Kontakte im Kreisgebiet bereits zuvor sowohl im öffentlichen wie im privaten Raum stark eingeschränkt worden. Soweit der Kreis auf die Ausbreitung von Infektionen im privaten Bereich, aber auch in Unternehmen und bei Kindern verweise, habe er begründen müssen, warum gerade private Kontakte zur Nachtzeit im Kreisgebiet einen ins Gewicht fallenden Anteil am gesamten Infektionsgeschehen haben sollen. Daran fehle es jedoch.
Ein entscheidender Einfluss bloß nächtlicher Ausgangsbeschränkungen sei auch nicht offenkundig. Studien kämen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Schließlich sei die Annahme des Kreises, die nächtliche Ausgangsbeschränkung erleichtere Kontrollen, angesichts der Vielzahl und Reichweite der in der Verfügung geregelten Ausnahmen zweifelhaft, heißt es weiter – wortgleich mit dem Beschluss zur Ausgangssperre im Märkischen Kreis.
Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht möglich
Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden. Derzeit sind bei der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts noch drei weitere Eilanträge gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein, elf gegen den Märkischen Kreis, und ein Verfahren gegen die Stadt Hagen anhängig. Sollte Beschwerde eingelegt werden, wäre das Arnsberger Urteil zunächst nicht vollziehbar – es sei denn, der Siegener Kläger stellt seinerseits einen entsprechenden Antrag.
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