Siegen. Andreas Wörster aus Siegen hilft mit seiner Organisation „Utho Ngathi“ Menschen mit Behinderung in Afrika. Corona hält ihn nicht auf

Die Hilfsorganisation „Utho Ngathi” hilft Menschen mit Behinderungen im südlichen Afrika. Der Weidenauer Andreas Wörster hat die Organisation mitbegründet, die Jung-Stilling-Schule unterstützt das Projekt in einer langjährigen Partnerschaft. Die Coronakrise hat die ärmeren Regionen in Afrika besonders hart betroffen und auch die Arbeit von Utho Ngathi beeinflusst. Nach gut einem Jahr Leben unter Pandemie-Bedingungen geben Andreas Wörster und die Jung-Stilling-Schule erneut einen Einblick in die Lage vor Ort.

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Die Corona-Lage in Südafrika

Südafrika gilt auf dem afrikanischen Kontinent als Land mittleren Einkommens. Die Wirtschaft stagnierte vor der Coronakrise, galt dennoch als eine der stärksten des Kontinents. 2020 ging das BIP um etwa sieben Prozent zurück, was die ärmeren Menschen besonders hart trifft. Südafrika ist ein Land der Gegensätze. Hunderttausende leben mit ihren Familien in Blechhäusern in den sogenannten Townships eng beieinander – ganz nah an glänzenden, architektonisch herausragenden Gebäuden wie Einkaufsparadiesen und Geschäftshäusern in den großen Städten wie Johannesburg oder Kapstadt.

Durch Corona haben viele Menschen ihre Lebensgrundlage verloren. Durch den harten Lockdown ab März 2020 verloren viele Menschen ihre Arbeit, die sich sonst mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Zudem kam die Tourismusindustrie, die in Südafrika zunehmend an Bedeutung gewonnen hatte, zum Erliegen. Durch die schlechte hygienische Bedingungen und viele Menschen auf kleinem Raum, konnte sich das Virus stark ausbreiten. Wie in Deutschland hoffen die Menschen in Südafrika auf baldige Impfungen, Sorge bereiten hingegen neue Varianten des Virus.

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In Südafrikas größter Stadt Johannesburg spüren die Mitarbeiter die wachsende Armut und hören immer öfter vom „Kampf ums Überleben“ in vielen Familien. Die derzeitigen Lockerungen aufgrund sinkender Infektionszahlen veranlassen die Menschen, nach draußen zu gehen. In den Straßen ist pulsierendes Leben zu erkennen, Geschäftigkeit an jeder Ecke. Die Not, die vielerorts ersichtlich wird, lässt die Straßen voller denn je werden.

Die Menschen werden zu neuen und alten Geschäftsideen gezwungen, zum Beispiel werden alle möglichen Waren direkt an der Straße angeboten. Ein eindrückliches Beispiel für den Kampf um das tägliche Brot ist das Sammeln von Kunststoffmüll: In einem Land, in dem das Recycling den meisten Menschen noch gar nicht bekannt ist, sind nun jeden Tag viele Menschen zu sehen, die Kunststoffmüll suchen, überall in den Mülltonnen in den Wohngebieten und auf den Straßen. Nach stundenlangem Laufen wird das Gesammelte irgendwo in der Stadt für ein paar Cent abgeliefert. Viele Menschen schlafen nun auch neben diesen Plastikbergen, um den Müll morgens zu verkaufen.

Aus Siegen nach Südafrika

Andreas Wörster lebt nun seit 31 Jahren in Südafrika. Die Organisation „Utho Ngathi” hat er vor 16 Jahren mit Masauso Phiri gegründet und seitdem mit anderen Mitarbeitern aufgebaut. Die Hilfsorganisation hat auch einen Sitz in Siegen. Sie betreibt als eines ihrer verschiedenen Projekte in der Dorfregion Macubeni, in der Ostkap Provinz: ein Inklusionsprojekt in Form einer Hühner- und Gemüsefarm. Die Infrastruktur und Hilfe zur Inklusion für die Menschen mit Behinderungen wird verbessert. Die Organisation leidet darunter, dass das Reisen in Zeiten der Pandemie eingeschränkt ist. Ziel ist es, in diesem ländlichen Gebiet ein Geschäft aus diesem Projekt zu entwickeln, damit sich die Menschen mit Behinderungen selbstständig ein Stück aus ihrer Armut befreien können. Außerdem wird auch die Dorfbevölkerung in den betreuten Dörfern nun regelmäßig durch Kontaktpersonen der Organisation mit Masken und Desinfektionsmitteln versorgt, um Schutz vor dem Virus zu gewährleisten.

Zur Person

A ndreas Wörster wurde 1965 in Siegen geboren. Er absolvierte eine Ausbildung als Physiotherapeut und ist seit 1990 in Afrika tätig.

Masauso Phiri stammt aus Lusaka in Sambia. Er arbeitet als Projekt Manager für Utho Ngathi und begleitet die Organisation seit dem Jahr 2000.

In Johannesburg unterstützen Andreas Wörster und sein Team viele Menschen mit Behinderungen und deren Familien besonders im Stadtteil Soweto: Hilfsmittel wie Rollstühle, Gehstützen und Therapiematerialien werden gekauft und im eigens entwickelten Hausbesuchsprogramm verteilt. Das Team um Utho Ngathi kümmert sich außerdem um die Aufklärungsarbeit rund um die Hygiene. Normalerweise werden auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Hausbesuchsprogramm zusätzlich durch Physiotherapie und Spieltherapie betreut, doch in Zeiten von Corona ist dieser enge Kontakt nicht möglich. Darunter leiden zur Zeit die Kinder und Jugendlichen besonders.

In Orlando East in Soweto arbeiten Menschen mit und ohne Behinderungen in einem Gewächshaus der Organisation, um sich durch den Verkauf von Gemüse ein kleines Einkommen zu sichern.

Im „Life Journey Project“ werden neben bestmöglichen Hilfsmitteln auch Ausbildung und Jobs für Menschen mit Behinderungen beschafft. So hat die Organisation eine Praktikantin mit einer Sehbehinderung eingestellt, die von einer freiwilligen Mitarbeiterin unterstützt wird. Ein anderer junger Mann, der von der Organisation profitiert, hat ein einjähriges Praktikum bei einer deutschen Firma in Südafrika bekommen.

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Die Reiseeinschränkungen und die Gefahr des Virus erschweren die ohnehin herausfordernde Arbeit von Utho Ngathi zusätzlich, doch das Team gibt nicht auf. „Weitermachen und es gemeinsam auch durch diese Pandemie schaffen”, lautet in dieser Zeit das Motto von Andreas Wörster und seinem Team.

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