Siegen/Soweto. Andreas Wörster aus Siegen setzt sich seit 30 Jahren für Menschen mit Behinderungen im südlichen Afrika ein. Die Coronakrise trifft diese hart

1990 ging der Physiotherapeut Andreas Wörster mit dem CVJM Weidenau nach Südafrika. 25 Jahre lang wollte er Menschen etwas zurückgeben, die es nicht so gut hatten, wie er selbst. Mittlerweile ist der 55-jährige Siegener seit 30 Jahren in Südafrika und hat die Organisation „Utho Ngathi“ gegründet. Die Vision: „Das Potenzial von einer Million Menschen mit Behinderungen im Südlichen Afrika freisetzen“. Die Coronakrise macht diese Herausforderung noch größer, doch Aufgeben ist für Andreas Wörster keine Option.

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Corona in Südafrika

„Es ist schon eine schwierige Situation, die Zahlen gehen enorm nach oben“, beschreibt Andreas Wörster die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie in Südafrika. Etwa zwei Monate hinter Deutschland liege das Land bei der Bewältigung der Krise, schätzt er. Außerdem geht er von einer hohe Dunkelziffer bei den Infektionen aus, da nicht genug getestet werde.

Gegen Ende März habe es einen totalen Lockdown gegeben, berichtet Andreas Wörster. In Südafrika ein anderes Kaliber als in Deutschland, wie Wörster beschreibt: Das Grundstück durfte man nicht ohne Grund verlassen, Einkaufen war nur im nächstgelegenen Geschäft und mit einer Einkaufsliste erlaubt, für die Arbeit brauchte man eine Sondererlaubnis und nach 18 Uhr durfte niemand mehr auf die Straße. Bis zum Juni seien auch keine öffentlichen Verkehrsmittel gefahren.

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Im Mai habe es einige Lockerungen gegeben, wie die Möglichkeit, sich zwischen 6 und 9 Uhr morgens in einem Radius von fünf Kilometern zu bewegen. Seit Juni dürften wieder etwa acht Millionen Menschen zur Arbeit – auch wegen der schwachen wirtschaftlichen Lage im Land, vermutet Wörster. Deshalb gebe es nun aber auch wieder mehr Infektionen – „der Peak ist noch nicht erreicht“.

Inklusion ist anders als in Deutschland

Menschen mit Behinderungen gehören in Südafrika zu denen, die besonders unter der Krise leiden. „Inklusion ist hier etwas anderes als in Deutschland“, sagt Andreas Wörster. Nicht jeder, der einen Rollstuhl braucht, bekomme auch einen. Es sei auch immer noch nicht selbstverständlich, dass sie in der eigenen Familie akzeptiert werden. „Sie liegen in der Ecke und gehören nicht einmal dazu“, beschreibt Andreas Wörster die Zustände.

Spenden an Utho Ngathi

Einmal im Jahr kommt Andreas Wörster zurück nach Siegen, berichtet bei vielen Vorträgen über die Arbeit von Utho Ngathi und wirbt für Spenden. In diesem Jahr muss diese Fundraising-Tour vermutlich ausfallen, stattdessen arbeitet die Organisation an einem erweiterten Informationsangebot im Netz.

Spenden an IBAN DE83 4605 0001 0000 0413 84. Für einen Jahresbeitrag von 12 Euro (Schüler und Studierende 5 Euro) kann man Mitglied werden. Weitere Informationen unter www.uthongathi.org.

Ohne die öffentlichen Verkehrsmittel konnten während des Lockdowns viele nicht zum Einkaufen, in die Schule oder zum Arzt gelangen. Viele Menschen, mit denen er zusammengearbeitet hat, seien in der Coronakrise gestorben, bringt Andreas Wörster die dramatische Situation auf den Punkt. „Viele Menschen mit Behinderung sind von den Aktivitäten von Utho Ngathi abhängig“, sagt Andreas Wörster. Deshalb sei es für ihn auch nicht in Frage gekommen, das Land zu verlassen.

Enorme Unterstützung aus dem Siegerland

Einfach sei die Entscheidung nicht gewesen, trotzdem habe er sie schnell getroffen. Als Anfang März die ersten Nachrichten über die dramatische Situation und den bevorstehenden Lockdown kamen, dachte Wörster vor allem an seine Eltern in Weidenau. Doch schnell wurde ihm klar: „Ich muss hierbleiben“. Um die Arbeit irgendwie weiterzuführen und den Menschen zu helfen.

Da die physiotherapeutische Arbeit in der Coronazeit nicht möglich ist, mussten neue Wege gefunden werden. Wörster und sein Team entwickelten das Projekt „Soap for Africa“ – Seife für Afrika. Sie stellen Hygienepakete mit Masken, Hand- und Oberflächendesinfektionsmitteln und eben Seife zusammen und verteilen diese. Warum das so wichtig ist, wird deutlich, wenn Andreas Wörster die Zustände in den Gebieten beschreibt, in denen er hauptsächlich arbeitet – Soweto und Teile Sambias: In manchen Dörfern gibt es kein fließendes Wasser – „Häufiges Händewaschen ist da nicht möglich“. In anderen leben 20 bis 30 Personen in einem Haus – mit einem Wasserhahn und einer Toilette. „Social Distancing“ ist da keine Lösung.

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Die Pakete, die Wörster und sein Team nach Möglichkeit einmal im Monat den Menschen bringen, helfen enorm. Um sie zu füllen, sind Andreas Wörster und Utho Ngathi auf Spenden angewiesen. „Die Unterstützung aus dem Siegerland ist enorm“, freut sich Wörster. Direkt dürfen die Artikel zwar nicht verschickt werden, doch mit dem Spendengeld kann er vor Ort viel erreichen.

Und auch nach 30 Jahren denkt Andreas Wörster nicht an ein Ende seiner Mission – auch nicht wegen Corona.

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