Siegen. Das Siegener Friedensbündnis hat auch die Ersatzveranstaltungen zum Ostermarsch abgesagt. Drei Gruppen treten trotzdem auf.

Samstag, 11 Uhr auf der Bahnhofstraßenbrücke. In Siegen sind kaum Menschen auf der Straße. Da fällt das kleine Grüppchen gleich auf, das Transparente an der Mauer und auf dem Boden angebracht hat. Der Austritt Deutschlands aus der NATO wird gefordert, der Abzug amerikanischer Atomwaffen. Es ist Ostermarschzeit, aber die traditionelle Demonstration ist zum zweiten Mal in Folge der Pandemie zum Opfer gefallen. Auch die ersatzweise geplante Aktion des Friedensbündnisses sei abgesagt worden, bedauert Thomas Brenner. Es habe bundesweit einige wenige Absagen gegeben, „leider auch hier in Siegen“.

Auch interessant

Um die Problemfelder aber gerade in diesen Zeiten dennoch beim Namen zu nennen, hätten sich die DKP, der er angehört, ATTAC und die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend zu einer eigenen Kundgebung entschlossen, die „ausdrücklich nicht gegen der Friedensbündnis“ gerichtet sei. Während ringsherum auch Fahnen der Kurden und der IG Metall in den kühlen Wind gehalten werden, fordern Brenner für die DKP und Anita Beyer im Namen von ATTAC eine Neuausrichtung der Politik des Westens und speziell Deutschlands vor allem gegen China und Russland. Sie betrachten die NATO als Aggressor, der seine Einflusssphäre immer weiter nach Osten ausdehne und die genannten Länder mit einem Atomkrieg bedrohe. Die Vertrauenspolitik der 70er Jahre sei völlig obsolet geworden, müsse aber wieder aufgebaut werden.

Bildung statt Waffen

Bernhard Nolz vom Siegener Zentrum für Friedenskultur nennt es „unverantwortlich, dass die Bundesregierung Milliarden-Summen in die Rüstung und in Kriegsvorbereitungen steckt, statt zum Beispiel die Bildungseinrichtungen und das Gesundheitssystem sachgerecht auszustatten.“ Entsprechende Reformen kämen allen Menschen im Siegerland zugute.

Auf der Seite von Russland und China

Wichtigste Forderung für beide ist die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, als Gegenmodell zur US-Strategie, die eindeutig auf Regimewechsel in China und Russland gerichtet sei. Die bedrohlichen Manöver des westlichen Bündnisses an der russischen Grenze seien „auch ein Weg, Corona durch Europa zu tragen“, findet Brenner.

Auf Nachfrage wird von beiden Rednern das Vorgehen Chinas in Hongkong als innere Angelegenheit bezeichnet, ebenso die Annektierung der ukrainischen Krim durch den Nachbarn Russland. In Hongkong gehe die chinesische Regierung gegen Gewalttäter vor, betont Anita Beyer. „Gesetze können geändert werden“, kommentiert sie das Abkommen, das den Bürgern der Stadt einen Sonderstatus zusichert. Auf der Krim habe es eine Volksabstimmung gegeben, die zu Gunsten Russlands ausgefallen sei: „Im Gegensatz zur DDR, da wurde nicht gefragt.“ In der Ukraine selbst wisse sie nur von Unterstützung der Rebellen durch Lebensmitteltransporte. Thomas Brenner macht auf die durch nichts gerechtfertigte Blockade Kubas aufmerksam, deren Beginn nach der misslungenen US-Invasion in der Schweinebucht sich in wenigen Tagen zum 50. Mal jähre.

Fast keiner bleibt stehen

Nach einer guten halben Stunde ist die Veranstaltung beendet. Thomas Brenner hat nach weiteren Wortbeiträgen gefragt, aber keine Antwort bekommen. Von den wenigen Passanten ist praktisch keiner stehengeblieben. Am Anfang hat es Kritik eines Mannes auf einem Fahrrad gegeben. „Wird wieder gehetzt?“, will er wissen und findet, dass die Demonstranten doch in der ehemaligen DDR besser aufgehoben wären. Mehr Konfrontation gibt es nicht an diesem Ostersamstag in Siegen.

Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.