Netphen. Lisa-Kristin Braun hat ein aufwendiges Hobby: Astrofotografie. Die Netphenerin macht beeindruckende Weltall-Bilder – mit einer normalen Kamera.
Das Licht, das auf Lisa-Kristin Brauns Kamera-Sensor fällt, ist uralt. Und kommt von unvorstellbar weit her. Millionen und Abermillionen Lichtjahre sind die fernen Galaxien und Wasserstoffnebel entfernt, die die Architekturstudentin fotografiert. Und entsprechend aufwendig ist es, das Universum abzubilden. Lisa-Kristin Braun braucht ganze Nächte für eine Aufnahme.
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Vor etwa einem Jahr erst hat Lisa-Kristin Braun mit der Astrofotografie angefangen. Sie war immer schon fasziniert von den Weiten des Weltalls, der Unendlichkeit. Fotografiert hatte sie schon länger. Sie probierte es mit dem Orionnebel – der ist in klaren, dunklen Nächten mit bloßem Auge wahrnehmbar. Nur mit Kamera und Stativ gelang Braun eine Aufnahme, auf der ganz klein und verschwommen eine rosa-lila Struktur zu erkennen war. Das wollte sie besser machen.
Stunden nachts in der Kälte – „braucht gute Frustrationstoleranz“
Sie trat einer Facebook-Gruppe zur Astrofotografie bei, tauschte sich aus, besorgte sich erstes einfaches Equipment, probierte nächtelang aus. Es gibt nicht viele Menschen, die dieses Hobby teilen, im Siegerland kennt Braun noch einen. Denn bis etwas Brauchbares entsteht: Das kann dauern. Viele geben vorher auf. „Ein Jahr hat es bis zum ersten vorzeigbaren Foto gedauert“, sagt sie (das vom Orionnebel, Red.). Stunden verbrachte sie nachts in der Kälte. Braun ist hart im Nehmen. Und ehrgeizig. „Ein verdammt schweres Hobby“, sagt sie lachend, „man braucht eine gute Frustrationstoleranz“. Aber: Die Spiralgalaxie M 82 ist zwölf Millionen Lichtjahre weit weg – 114 Billionen Kilometer. „Und ich hab’ das Teil auf ‘nem Foto“, sagt sie.
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Fotos machen, die die schiere Unendlichkeit des Universums wenigstens ansatzweise zeigen, ist das eine Ziel. Aber auch der Weg dahin kann das sein, findet Lisa-Kristin Braun: „Es ist so schön, wenn man nachts in der Natur steht.“ Die Stille, die Tiere, die dann unterwegs sind, der weite Himmel über allem.
Technisch aufwendig und hoch präzise: Es kann jede Menge schief gehen
Die technische Ausrüstung ist ziemlich aufwendig: Kistenweise Ausrüstung lädt Braun in ihren Kofferraum, wenn sie das Weltall fotografieren will. Sie macht das als Hobby – und die Fotografie ist meist keine kostengünstige Beschäftigung. Astrofotografie ganz besonders nicht. Profi-Equipment erreicht problemlos die 10.000-Euro-Grenze. Braun kaufte günstigere Geräte, alle einzeln, nicht aufeinander abgestimmt, das übernahm sie selbst. „Alles zusammengespart“, sagt die Netpherin. „Wenn man einmal anfängt, braucht man weitere Sachen – man will ja immer besser werden.“
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Lisa-Kristin Braun hat sich alles angelesen, erfragt und beigebracht. Angefangen damit, dass eine Astrofotografin sich am Himmel auskennen sollte. Also lernte sie Sternbilder auswendig. Besonders stolz ist sie auf ihre Ausrüstung: „Andere haben schweineteure Kameras und Objektive“, sagt sie – sie eine handelsübliche Canon und ein 600-Millimeter-Teleobjektiv. Modifiziert allerdings.
Bei mehr als elf Minuten Langzeitbelichtung werden Sterne zu Strichen
Dazu kommt jedoch Spezialgerät. Ein schweres Stativ. Winkelmesser, Wasserwaage. Kamera- und Objektivheizung. Ihr Vater hat eine Autobatterie zu einem Akku umgelötet. Unabdingbar: Eine Nachführung. Um den Sternenhimmel abbilden zu können, braucht es möglichst lange Belichtungen. Aber die Erde dreht sich halt – nach etwa elf Minuten erscheinen Sterne als Strichspuren auf dem Bild. Die Nachführung wird mit Hilfe des Nordsterns ausgerichtet und auf das Motiv justiert, dann tut die Nachführung, was ihr Name sagt: Die Kamera dem über den Nachthimmel ziehenden Stern oder Nebel hinterherschwenken. Dabei werden serienweise Langzeitbelichtungen aufgenommen. Nicht zu viele hintereinander, das verkraftet der Sensor nicht.
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Und das ist nur ein Bruchteil der Dinge, die alle vorbereitet, eingestellt und fehlerfrei klappen müssen. Absolute Präzision ist nötig, sonst wird es nichts. Eine Stunde dauert es locker, bis Lisa-Kristin Braun die Ausrüstung zusammengebaut hat und erste Aufnahmen machen kann. „Bei diesem Hobby geht andauernd irgendwas schief“, sagt sie grinsend.
Bildbearbeitung zahlreicher Einzelfotos dauert nochmal Stunden
Hat alles geklappt, kommt die Bildmontage: Einzelfotos werden übereinandergelegt, das dauert auch Stunden. Und wenn der Nachbar mit Taschenlampe vorbeiging, führt das zu Fehlern auf den Bildern. „Die Nachbearbeitung am Computer macht fast die Hälfte der gesamten Arbeit aus“, sagt Braun. Zumal ein Foto quasi nie fertig ist: Bei der Bildbearbeitung gibt es immer neue Tricks und Kniffe.
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Der Winter kann eine schlechte Zeit für Astrofotografie sein – schlechtes Wetter behindert den Blick ins All. Lisa-Kristin Braun war irgendwann gefrustet. „Ich fotografiere gerne“, sagt sie. Also erweiterte sie ihr Hobby: Auf eine Sparte, die bei jedem Wetter funktioniert, aber nicht weniger Zähigkeit und Ehrgeiz erfordert: Wildtierfotografie. Sie besorgte sich aufheizende Thermokleidung, Tarnzeug und zog los in die Natur. „Ich suche seit Wochen einen Eisvogel“, sagt sie. So schnell gibt Lisa-Kristin Braun nicht auf.
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