Lützel. Hilchenbach nimmt die Planung für ein Gewerbegebiet Lützeler Heide auf. Die Ansichten über die Ansiedlung eines Recyclinghofs sind geteilt.

Die eine Stimmung im Ort gebe es nicht, sagt der Lützeler Ortsvorsteher Dirk Becker (SPD): „Die Meinungen sind wirklich geteilt, es gibt die ganze Bandbreite.“ Sollte das Gewerbegebiet Lützeler Heide reaktiviert werden (wir berichteten), brauche es noch viel Information. Der Infrastrukturausschuss empfiehlt das Vorhaben jedenfalls grundsätzlich. Grüne und FDP stimmten gegen die Aufstellung des Bebauungsplans – nicht, weil sie grundsätzlich dagegen seien, sondern weil es dafür noch zu früh sei.

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Als grundsätzliches Nein sei sein Zögern nicht zu verstehen, betonte Dr. Peter Neuhaus (Grüne), aber es gehe um eine fundamentale Entscheidung für Lützel, zu der wichtige Informationen und Gespräche noch fehlten. „Wir müssen das zusammentragen und mit den Betroffenen diskutieren“, beantragte er die Absetzung des Tagesordnungspunktes. Das wurde abgelehnt.

Der Bezug auf ein „behauptetes Defizit“ an Gewerbeflächen sei „kalkulierte Harmlosigkeit“, erregte sich Neuhaus: Wenn man die Tür nun öffne, bekomme man sie vielleicht nie wieder zu. Das sei ja vielleicht auch in Ordnung, aber es gehe eben auch darum, dass das Landschaftsbild und die Einfahrt nach Lützel deutlich verändert, dass im belasteten Ortskern noch mehr Lastwagen fahren würden. „Sind wir zwingend darauf angewiesen, weitere Flächen zu versiegeln?“, fragte Neuhaus, seien andere Flächen und Brachen im Stadtgebiet untersucht und dem Unternehmen angeboten worden?

Hilma-Gelände als Alternative?

Während man einerseits über nachhaltige Rad- und Wohnungspolitik diskutiere, werde hier Industriepolitik gemacht, „wie sie gestriger nicht sein könnte: Landschaft und Natur sind das wertvollste Kapital, das wir haben.“ Zentrale Frage sei die Versiegelung von Flächen – oder ob es nicht auch anders gehe, mit dem Hilma-Areal beispielsweise. Der Bürgermeister habe mehr Transparenz für und Partizipation der Bevölkerung versprochen – „hier wäre das angebracht – im Vorfeld der Beschlussfassung.“

Man solle gut überlegen, „was wir uns hier einhandeln“, sprang Peter Gebhardt (FDP) bei. „Wir machen hier den zweiten vor dem ersten Schritt“, fand auch Ulrich Bensberg (UWG), ohne Ortstermin und Regionalplanberatung. „Gespräche sollte man vorher führen.“

Die Befürworter: Immer schon Gewerbefläche

„Wir befinden uns ganz am Anfang des Verfahrens“, sagte Baudezernent Michael Kleber – und dazu gehöre natürlich auch die Beteiligung aller Betroffenen, „möglichst nicht durch Aushänge, sondern durch Termine vor Ort.“ Es gebe Untersuchungsbedarf, ja, aber keinen Grund, das Gebiet von vornherein komplett auszuschließen. Er verwies darauf, dass die Fläche seit Anfang der 2000er Jahre im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen sei.

Man solle dem Unternehmen das Signal geben, dass es willkommen sei, sagte Tim Lukas Debus (SPD), die Flächen gehörten zudem nach wie vor den Eigentümern. Die Politik ermögliche lediglich. „Ein absoluter Glücksfall: Ein gut laufendes Unternehmen, das im Umweltschutz aktiv ist, kommt auf die Kommune zu“, ergänzte Ausschussvorsitzender Michael Stötzel, ebenfalls SPD. „Wir stellen den Status Quo wie vor 2020 wieder her – davor war es ja Gewerbefläche“, pflichtete Martin Born (fraktionslos) bei.

„Dass Gewerbegebiete immer als Schandfleck, als etwas Schlimmes angesehen werden“, wunderte sich Oliver Schneider (CDU) – hier wolle eine Firma Arbeitsplätze in der Region halten, „wir stoßen die Tür auf – das Unternehmen fängt nicht morgen an zu produzieren“. Zumal die Firma AST aus Erndtebrück in der Recyclingbranche tätig sei.

Die Lützeler

Man brauche Informationen, stellte Ortsvorsteher Dirk Becker klar: Wie hoch solle das Gebäude, wie lange gearbeitet werden – aber die Industrie brauche eine Grundlage und lange Vorlaufzeiten. „Ich finde es richtig, wenn die Tür aufgemacht wird – und das Konzept muss den Eigentümern der Grundstücke gefallen.“ Wenn es nicht passe, verkauften sie auch nicht, „dann passiert auch nichts.“ Auf der fraglichen Fläche liegen die Grundstücke von zehn Eigentümern, davon vier Landwirte.

Es sei schon darüber gesprochen worden, ganze Berge für Gewerbegebiete abzutragen, sagte Martin Born (fraktionslos) – hier handle es sich um eine Fläche, die schon lange als solches ausgewiesen sei, „das ist doch die beste Lösung. Unsere Kinder und Enkel müssen auch noch irgendwo arbeiten können.“

Stammsitz nach Hilchenbach?

Der Bedarf an Gewerbeflächen sei unstrittig, betonte Baudezernent Michael Kleber, ein Signal an die Firma sehr wichtig: „Wir erwarten eine verlässliche Planung und Investitionen, können aber selbst nicht einmal eine verlässliche Zeitschiene liefern.“ Das Unternehmen habe sich in Gesprächen äußerst seriös präsentiert, der Blick auf bereits erfolgte Ansiedlungen anderenorts sei gut verlaufen. Die Firma AST sei vergleichsweise jung, expandiere stark, habe für eine Neuansiedlung des Stammsitzes die Nachbarkommune im Blick, sei flexibel, was auch etwas weniger Fläche angehe – „ich sehe das als Chance.“

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