Siegen-Wittgenstein. Gegenwind für den Kämmerer. Die Siegen-Wittgensteiner Kreistagsfraktionen wollen die Kreisumlage senken und streiten über den Stellenplan.

Die Kreisumlage wackelt: Die Zeichen verdichten sich, dass der Kreistag am nächsten Freitag den Hebesatz für die Kreisumlage senken wird. Im Finanzausschuss wurde jetzt die von Landrat und Kämmerer vorgeschlagene Stellungnahme des Kreises zu den Einwänden der Städte und Gemeinden zwar einstimmig beschlossen – aber nur mit der einzigen Stimme von Ullrich Georgi (Linke). Und der Kreishaushalt einstimmig abgelehnt – mit der einzigen Stimme von Wolfgang Decker (UWG).

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Formales: Rechenspiele

Formal geht es um die Kosten von Corona. Die könnte der Kreis, wie die Städte und Gemeinden, „isolieren“ – das wären dann zehn Millionen Euro oder umgerechnet zwei Prozentpunkte Kreisumlage, die erst nach 2024 abzustottern wären. Kreiskämmerer Thomas Damm rechnet aber das zusätzliche Geld dagegen, das der Bund für die Kosten der Unterkunft von Sozialgeld-Empfängern erstattet. Unterm Strich, so der Kämmerer, habe der Kreis dann gar keinen Covid-Schaden. Die Bürgermeister finden hingen, dass ihnen die 20 Millionen Euro von 2020 und 2021 gutzuschreiben seien – macht vier Prozentpunkte Kreisumlage weniger. Von einer Absenkung nur um zwei Prozentpunkte, wie sie bereits die UWG beantragt, würden einige Kommunen allerdings nicht profitieren: Einen Nachlass in dieser Größenordnung haben zum Beispiel Siegen und Netphen in ihre Haushaltspläne von vornherein eingerechnet.

Kreistag

Der Kreistag verabschiedet den Haushalt am Freitag, 19. März. Die Sitzung im Gläsersaal der Siegerlandhalle beginnt um 16 Uhr.

Karl-Ludwig Völkel (SPD) gab als amtierender Ausschussvorsitzender den Ton vor: Die Argumentation des Kämmerers habe ihn „sehr irritiert“, der Umgang mit den Mehreinnahmen sei „absolut nicht in Ordnung“. „Wir wollen eine echte Entlastung der Kommunen“, sagte Julian Maletz (SPD). Es gebe eine Vorschrift, die Kreise verpflichte, die Covid-Kosten zu isolieren, widersprach Kämmerer Thomas Damm. Der Bundeszuschuss zu den Kosten der Unterkunft sei ausdrücklich dafür gedacht, die Kreisumlage stabil zu halten. Dass ein unveränderter Hebesatz trotzdem zu Mehreinnahmen führt, liegt an der noch guten Finanzkraft der Gemeinden. Deren Gewerbesteuereinbußen durch Corona seien, so Thomas Damm, durch Ausgleichszahlungen des Landes „sogar überkompensiert“ worden. André Jung (CDU) kommentierte die Debatte entspannt: Am Ende werde es auch in diesem Jahr wieder eine Einigung über die Kreisumlage geben, sagte er voraus.

Inhaltliches: Aufgabenkritik

An den Personalkosten der Kreisverwaltung machte Thomas Helmkampf (CDU) seine Kritik fest. Der Stellenplan sei „ein Fass ohne Boden“. Seit 2015 seien fast 100 Stellen mehr (2021: 779,5) geschaffen worden, die Personalkosten um 36 Prozent gestiegen. „So kann es nicht weitergehen.“ „Wenn Sie daran etwas ändern wollen, müssen Sie offene Aufgabenkritik üben“, erwiderte Personaldezernent Henning Setzer, „es ist eine politische Entscheidung, welche Aufgaben Sie wahrgenommen wissen wollen.“ Landrat Andreas Müller erinnerte daran, dass die von Thomas Helmkampf (CDU) erneut geforderte Stellen-Sparkommission in der ganzen letzten Wahlperiode unter Vorsitz des damaligen CDU-Fraktionschefs gearbeitet habe: „Ergebnis: Null. Das ist Ihnen auch bekannt.“

Hans-Peter Kunz (FDP), der am Ende als einziger den Stellenplan ablehnte, konzentrierte sich auf sechs der 13 neuen Stellen: Feuerwehrbeamte als Disponenten in der Kreisleitstelle, die allerdings zu 70 Prozent von den Krankenkassen bezahlt werden. Die „112“ werde zu oft anstelle der Hausarzt-Nummer gewählt. „Da braucht man sich nicht wundern, dass die Kosten durch die Decke schießen.“ Dezernent Henning Setzer bestätigte die gestiegene Zahl von Notrufen: „Aber im Zweifelsfall fährt ein Rettungswagen lieber einmal zuviel raus.“ Das sah auch André Jung (CDU) so, der die Diskussion „unglücklich“ nannte: „Es ist richtig, dass die Leitstelle optimal besetzt ist.“ Julian Maletz (SPD) fand, dass die Leitstelle „hier nicht zu diskutieren“ sei. Thiemo Rosenthal, Dezernent für den Bevölkerungsschutz, hatte von einer „Überlastungssituation in der Leitstelle“ gesprochen.

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