Siegen-Wittgenstein. „Rekordinvestitionen“ sieht der Haushalt des Kreises Siegen-Wittgenstein vor. In Sachen Kreisumlage will sich der Landrat diesmal nicht bewegen.

Der Landrat bewegt sich nicht, diesmal bleibt die Forderung der Bürgermeister nach einer Senkung der Kreisumlage ungehört. Nur Corona wird den Showdown im Kreistag noch verhindern können: Wenn die Pandemie die Politik veranlassen sollte, Haushaltsreden ungehalten zu Protokoll zugeben, wie das in Freudenberg geschehen ist und in Netphen gerade verabredet wurde. Denn die Sichtweisen auf den Haushalt, den Landrat Andreas Müller und Kämmerer Thomas Damm am Freitag vorstellten, sind durchaus kontrovers.

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Der Konflikt

Die Bürgermeister werfen dem Kreis vor, auf Kosten der Städte und Gemeinden zu großzügig zu rechnen und zu wenig zu sparen. Kämmerer Thomas Damm hält dagegen:

Zwar schließe der Kreis die Haushaltsjahre stets besser ab als geplant, zuletzt 2019 um 9,6 Millionen, 2020 um 10,1 Millionen Euro. „Das freut uns sehr.“ Ungleich größer seien aber die in den elf Kommunen erzielten Verbesserungen.

Dem Defizit von insgesamt 50 Millionen Euro, das Corona den Stadtkämmerern eingebracht habe, stünden Ausgleichszahlungen und höhere Umsatzsteuerzuweisungen gegenüber. „Unterm Strich sogar eine Steigerung der Umlagegrundlagen“, sagt Thomas Damm. Die aber nicht durch eine höhere Kreisumlage abgeschöpft werde: „Der Kreis hat sich sehr zurückgehalten.“

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Die Forderung der Bürgermeister, dass auch der Kreis seine Corona-Kosten „isoliert“ und nach 2024 abzahlt, statt sie jetzt den Kommunen per Kreisumlage aufzuerlegen, weist der Kämmerer zurück: Das wäre „nicht sachgerecht“, weil die Mehr-Überweisung des Bundes für die Kosten der Unterkunft von Sozialgeld-Empfängern für den Ausgleich sorge. „Wir gehen davon aus, dass kein Schaden entsteht.“ Vier Prozentpunkte weniger Kreisumlage, wie von den Bürgermeistern gefordert, würden das Defizit von 7,5 auf 27,3 Millionen Euro erhöhen. So viel gebe die Ausgleichsrücklage gar nicht mehr her.

Die Themen

Landrat Andreas Müller stellt einen Haushalt mit „Rekordinvestitionen von 59,2 Millionen Euro vor: „Das wird auf die heimische Wirtschaft wie ein Konjunkturpaket wirken.“

Breitbandausbau: Für Glasfaser-Hausanschlüsse stehen 21,5 Millionen Euro bereit. Andreas Müller rechnet damit, dass in der zweiten Jahreshälfte die Bagger rollen können und bis dahin die Aufträge vergeben sind. „Wir werden sehen, wie weit wir kommen.“

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Rettungswachen: In Deuz und Wahlbach wird gebaut, in Wilnsdorf und Bad Berleburg geht es in diesem Jahr los, in Freudenberg wird ein Investor auf der Wilhelmshöhe tätig, in Bad Laasphe laufen Grundstücksverhandlungen. In Hilchenbach – mehr oder weniger nah am Allenbacher Kreisel – und in Kreuztal werden noch Standorte gesucht. Die Tallagen sind eng bebaut, „die Grundstücksverhältnisse kompliziert.“

Kreisstraßen: Gebaut werden soll zwischen Buschhütten und Obersetzen, zwischen Salchendorf und Rudersdorf und zwischen Erndtebrück und Rüppershausen. Insgesamt stehen für die Kreisstraßen 10 Millionen Euro bereit.

Deponien:In Fludersbach in Siegen entsteht auf der stillgelegten Hausmülldeponie eine Erdaushub- und Inertstoffdeponie. 10 Millionen Euro kostet das in diesem Jahr. Für die Winterbach in Herzhausen wird ähnliches geplant, Machbarkeitsstudien sind in Arbeit. Gebraucht wird dieser Standort spätestens 2042. Dann ist die Fludersbach endgültig voll.

1000 Dächer: 10 Jahre lang jedes Jahr 100.000 Euro für 1000-Euro-Zuschüsse zu jedem Photovoltaik-Dach. Das war der 2019 beschlossene Plan. Im letzten Jahr hat der Kreis mehrfach nachgelegt, 2021 sollen 355.000 Euro bereitstehen. Dann wären insgesamt bereits mehr als zwei Drittel des Zahn-Millionen-Budgets verbraucht. Ob der Kreis noch etwas drauflegt? „Eine politische Entscheidung“, sagt Andreas Müller

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Kitas: 36 Millionen Euro schießt der Kreis zu, insgesamt 78,6 Millionen Euro gibt er aus – seit 2008 eine Steigerung um 25,7 Prozent, wie der Kämmerer vorrechnet. Das Land habe die Kommunen durch die Reform des Kinderbildungsgesetzes entlasten wollen, erinnert sich der Landrat: „Bei uns ist die Entlastung nicht angekommen.“ Auch deshalb müssen die Kommunen 3,6 Millionen Euro mehr Jugendamtsumlage bezahlen.

Nahverkehr:„Die Busse und Züge sind leer“, stellt Andreas Müller fest. Sie fahren aber trotzdem, die Busse längst nicht mehr „eigenwirtschaftlich“, sondern auch 2021 per Notvergabe im öffentlichen Auftrag. Zusätzlich zu den 4,3 Millionen Euro Schülertickets, die der Kreis den Verkehrsunternehmen abkauft, fließen 4 Millionen Euro Zuschuss, die der Kreis seinerseits als Corona-Hilfe beim Land beantragt..

Personal: 4,2 Millionen Euro mehr gibt der Kreis für Personal aus. 13 neue Stellen sind eingeplant. Davon werden die Kosten für sechs neue Disponenten für die Rettungsdienst-Leitstelle und 3,5 Stellen für das Kommunale Integrationszentrum teilweise von anderen Stellen finanziert. Der Kreis selbst muss die Leitung des neuen Amts für Immissionsschutz und Kreislaufwirtschaft, eine Stelle für Digitalisierung sowie halbe Stellen bei Jugendgerichtshilfe, Polizeiverwaltung, Kreisstraßenverwaltung und E-Government finanzieren.