Siegen. „Kundgebung für Frieden, Freiheit und Dialog“ vor dem Kreishaus in Siegen: Kritik an „Zerstörung der Mitmenschlichkeit“ durch Corona-Maßnahmen.
Vor zwei Wochen wollten sie eigentlich vom Bismarckplatz zum Kreishaus ziehen, um mit ihrem Trauerzug auf die Folgen des Lockdowns und einer aus ihrer Sicht verfehlten Corona-Politik aufmerksam zu machen. Aus organisatorischen und zeitlichen Gründen wurde die Route verkürzt, ging es nur bis zur Weidenauer Polizei. Am Samstag, 6. Februar treffen sich die Anhänger des Vereins „SiWi-Mitgestalten“ gleich am Kreishaus, um ihre Vorwürfe erneut zu artikulieren, weil dort die kritisierten Maßnahmen entschieden würden.
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Wie viele Teilnehmer werden erwartet? Die Organisatoren haben keine rechte Vorstellung. Er sei immer noch positiv überrascht, dass sich beim ersten Mal gut 100 Personen dem Trauerzug angeschlossen hätten, sagt einer und will einfach abwarten. Das Wetter könne sicher den einen oder anderen abhalten. Statt milder Temperaturen und gelegentlichen Sonnenstrahlen gibt es diesmal unangenehm kalten Nieselregen, letztlich kommen knapp über 30 Menschen auf den Platz vor dem Gebäude. Sie kommen einzeln, zu zweit, Personen jeden Alters, einige schieben Kinderwagen. Den meisten gemein ist ein vorsichtiges Herantasten, nicht die Selbstverständlichkeit von Leuten, die regelmäßig von einer Demo zur anderen ziehen. Alles sehr bürgerlich irgendwie.
Rap-Rundumschlag gegen sämtliche Fehler der heutigen Gesellschaft in Siege
Wie schon vor 14 Tagen bleiben die Männer und Frauen weitgehend unter sich. Ein paar Polizeiwagen sind am Rande des Platzes aufgefahren. Die Beamten schauen aus einiger Entfernung zu und haben, wie ihre Kollegen vom Ordnungsamt, praktisch nichts zu tun. Ziel der Versammlung, die gegen 15.10 Uhr „offiziell eröffnet“ wird, ist eine „Kundgebung für Frieden, Freiheit und Dialog“, mit wenigen Beiträgen der Organisatoren und vor allem der Gelegenheit für die Teilnehmer, sich ans Mikro zu stellen und ihre Gedanken öffentlich zu machen.
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Es gibt einen Rap, der in einem Rundumschlag sämtliche Fehler der heutigen Gesellschaft anprangert, von rücksichtslose Großunternehmen, die Umwelt und Menschen bedrohten, über Straftäter, die viel zu mild bestraft würden, über Nazis bis hin zu sadistischen Polizisten, die nicht im Sinne der Bürger aufträten.
Teilnehmerin sieht Parallelen zwischen Sowjet-Propaganda und Situation in Deutschland
Eine Rednerin kritisiert die aktuellen Einschränkungen, die Kontakt- und Berührungsverbote, die für sie all das unmöglich macht, was sie sich wünscht und was für sie das Menschsein, das Miteinander erst ausmache. Sie spricht in einer Mischung aus Leidenschaft, Verzweiflung und Wehmut, bleibt dabei sehr ruhig, findet gerade dadurch viel Zuspruch in der kleinen Gruppe, die sich in einem größeren Kreis vor dem geschlossenen Eingang zum Kreishaus aufgestellt hat. Mit entsprechenden Abständen, soweit die Teilnehmer nicht zusammen gekommen sind.
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Alles ganz friedlich und vorschriftsmäßig, betont eine junge Frau, die „schon auf mehreren Demos“ war und sich über deren immer wieder fehlerhafte Darstellung in den Medien beklagt. Sie komme „aus der früheren Sowjetunion“, sagt sie, habe dort noch einiges über Propaganda gelernt. Offenbar sei davon auch in Deutschland inzwischen sehr viel angekommen, bedauert sie. Auch die Forderungen nach Sonderrechten für Geimpfte werden thematisiert. „Keine Impfung, kein Essen?“, geht auf die Gedankenspiele ein, Menschen künftig nur noch mit einem entsprechenden Nachweis in Restaurants zu lassen. Nach einer guten Stunde zerstreut sich die kleine Gruppe.
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