Siegen. Im „Zockerbuden“-Prozess vorm Siegener Landgericht verweigert eine Vertrauensperson die Aussage. Verhandlung wird mit lauten Tönen geführt.

Die Staatsanwältin hat schon am Morgen gehofft, am Freitag, 22. Januar, zu plädieren und ist mittags immer noch dazu bereit. Die Verteidiger der beiden verbliebenen Angeklagten wollen aber nicht. Jetzt sind die Schlussvorträge im Verfahren um Amphetaminhandel und das Betreiben einer illegalen „Zockerbude“ für den 29. Januar geplant.

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Vielleicht mussten auch erst einmal die teils heftigen Tonlagen des Vormittags abgeschüttelt werden. Mit einiger Verspätung ist endlich jener Zeuge gekommen, der von den Anwälten schon länger gefordert wurde, der sowohl als Vertrauensperson für die Polizei spioniert und auch jenen anonymen Brief geschrieben haben soll, der die Ermittlungen in Sachen Spielhalle überhaupt in Gang gebracht hatte. Der Mann tritt mit Rechtsbeistand auf, der den Ausschluss der Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung und gleich auch die Diskussion darüber beantragt.

Zeuge war Vertrauensperson für die Polizei

Letzteres geschieht, danach lehnt die Kammer den Antrag allerdings ab. Das Interesse der Öffentlichkeit übertreffe den Schutzgedanken für den Zeugen, dessen mögliche Gefährdung durch die Angeklagten oder deren zahlreichen Anhang im Zuschauerraum ohnehin eher abstrakt sei. Die Durchführung von Schutzmaßnahmen seitens der Behörden sei angelaufen, aber nicht abgeschlossen. Warum, sei nicht bekannt, führt Richterin Elfriede Dreisbach mit verwunderter Stimme aus. Sie hat ansonsten nur eine Frage an den Mann, ob er der Autor jenes Briefes sei.

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Die Antwort kommt schnell: „Nein!“ Auf Nachfrage der Verteidiger muss er anschließend einräumen, als „VP“ für die Polizei gearbeitet zu haben. Er kenne die Angeklagten seit Jahren, ihr Verhältnis zueinander sei „immer ok“ gewesen. Bevor die Verteidiger weiter fragen können, legt der Rechtsbeistand eine eingeschränkte Aussagegenehmigung für seinen Mandanten vor. Davon nicht betroffen sehen die Anwälte nun aber ihre Frage, woher die aus ihrer Sicht inhaltsleeren Behauptungen des Zeugen bei der Polizei denn nun stammten. Er sei nie in der Spielhalle gewesen, versichert dieser.

Streit um Namensnennung eines Informanten

Seine Infos stammten „aus dem engsten Mitarbeiterkreis“ der Angeklagten. Den Namen seines Informanten will er aber nicht nennen. „Ich will ihn nicht gefährden. Ich weiß genau, was ihm bevorsteht“, betont der Zeuge, der zudem bekundet, ihm werde das alles zu viel. Verteidiger Franz aus Aachen besteht darauf, dass hier kein Recht auf Zeugnisverweigerung vorliegt. Der Mann müsse antworten, ansonsten mit Ordnungsgeld oder Beugehaft gezwungen werden. Das Gericht ist grundsätzlich auf der gleichen Linie, sieht die für das Verfahren relevante Frage aber längst beantwortet.

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Der Name des Mitarbeiters sei irrelevant für das Verfahren. Der Verteidiger insistiert. „Dann sagen Sie mir doch den konkreten Vorwurf, wo Ihr Mandant betroffen ist“, wird Beisitzer Dr. Fadi Al-Deb’i ungewöhnlich laut und verleitet sein Gegenüber zum entsetzten Widerspruch. Solches Verhalten gehöre sich nicht. „Er war ein bisschen laut“, schaltet sich die Vorsitzende beschwichtigend ein. „Er hat sogar auf den Tisch geschlagen“, kontert Franz und legt sich danach noch mit der Staatsanwältin an. Tabea Schneider hat die Frage nach dem Namen ebenfalls ausdrücklich als irrelevant eingestuft. „Sie wollen doch nur die Namen der Zinker wissen, die Ihre Mandanten verpetzt haben!“, ruft sie.

Psychiater diagnostiziert Spielsucht bei Angeklagten

Der Zeuge bleibt stur, „machen Sie mit mir, was Sie wollen, ich werde den Namen nicht nennen“, bekommt schließlich eine Ordnungsstrafe von 50 Euro auferlegt. Dann wird er entlassen, ohne die Antwort gegeben zu haben. Er hat auch wenig zu weiteren Vorwürfen des Verteidigers gesagt, ob er bei seinen eigenen Poker-Unternehmungen mit Falschgeld ausgezahlt und möglicherweise dadurch Probleme mit den Angeklagten bekommen habe. Das sei ihm alles völlig neu.

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Das Gericht behält sich vor, ihn für den kommenden Freitag noch einmal zu laden. Er besteht darauf, durch den Haupteingang zu gehen, muss den Saal dann aber auf Drängen eines Sicherheitsmannes durch die Tür zu den Zellen verlassen. Schließlich kommt noch Psychiater Dr. Thomas Schlömer zu Wort, der die Angeklagten auf deren Wunsch Anfang Januar untersucht hat. Für beide diagnostiziert er eine pathologische Spielsucht. Da die große Lust auf Poker allerdings jeweils erst 2018/19 begonnen hat, schließt er auch für beide eine eingeschränkte Schuldfähigkeit aus. Der Zeitraum sei zu kurz.

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