Siegen. Eine Autofahrerin stößt in Siegen mit einem Rollerfahrer zusammen, er stirbt. Sie wird verurteilt, geht in Berufung. War das Rollerlicht an?

Der Fall einer Frau, die mit ihrem Auto vor einigen Jahren mit einem Rollerfahrer kollidierte - der Mann starb - beschäftigt erneut die Siegener Justiz. Am Mittwoch, 20. Januar, startet das Berufungsverfahren gegen die Staatsanwaltschaft Siegen am Landgericht.

Richterin Bärbel Hambloch-Lauterwasser und die Schöffen der 2. Kleinen Strafkammer sowie ein Sachverständiger und die Staatsanwaltschaft hatten sich im Vorfeld viel Mühe bei der Rekonstruierung des Vorfalls gegeben, um den Unfall nochmal genaustens zu begutachten.

Siegenerin fuhr mit PKW einen Rollerfahrer um

Am 3. Dezember 2015 fuhr die Angeklagte, damals 52 Jahre alt, gegen 5 Uhr morgens mit ihrem Auto auf der Solbachstraße und wollte nach links in die Wentschtstaße abbiegen. Durch Unachtsamkeit übersah sie laut Richterin einen Rollerfahrer, der von der Gegenspur nach rechts in die Wentschtstraße abbiegen wollte. Es kam zur Kollision, der Rollerfahrer starb an den Unfallverletzungen. Im ersten Verfahren 2018 wurde die Angeklagte zu 100 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt und legte Berufung ein, da sie die "Fahrlässigkeitsvorwürfe zurückweisen will", lautet die Erklärung der Anwältin.

"Damals war die Ampelanlage noch ausgeschaltet. Es war früh morgens. Ich bin in die Kreuzung gefahren, so ungefähr eine Autolänge nach der Haltelinie. Dann bin ich links abgebogen und wie aus dem Nichts kam da plötzlich der Rollerfahrer", erläutert die Angeklagte. Richterin Hambloch-Lauterwasser ist es sehr wichtig, nochmals genau festzuhalten, wo die Angeklagte gehalten hat. Die Frau betont mehrmals, dass sie vor dem Abbiegen angehalten und den Rollerfahrer nicht gesehen habe, da er kein Licht angehabt hätte.

Richterin: "Ich hätte den Roller auch ohne Licht gesehen"

"Wir haben in einer Rekonstruktion den Unfall nachgestellt. Zu den gleichen Verhältnissen. Ich finde es immer wichtig, selbst mit dabei zu sein. Es geht hier schließlich um ein Menschenleben. Ich muss sagen, dass ich einen Roller auch ohne Licht gesehen hätte", sagt die Richterin. Bei der Kreuzung handle es sich nicht um eine unbeleuchtete Landstraße, sondern um eine innerstädtische Straße. Eine Rolle spielt auch die Leuchte des Rollers, von der die Angeklagte sagt, dass sie nicht eingeschaltet gewesen sei. Im ersten Verfahren 2018 ist nur rausgekommen, dass der Glühkolben der Lampe nicht beschädigt gewesen sei und die Lampe damals gebrannt haben soll.

"Ich fand das erste Gutachten nicht überzeugend. Deshalb habe ich die Lampe zur Prüfung an das Landeskriminalamt München geschickt, die sind Spezialisten darin", sagt Richterin Hambloch-Lauterwasser. Bei der Prüfung in München kam heraus, dass es sich um eine ältere Lampe gehandelt hat und die Batterie leer war. "Aus München kam jetzt die Einschätzung, dass die Lampe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gebrannt hat", sagt die Richterin. Im Stadtverkehr falle es nicht sofort auf, wenn das Licht nicht eingeschaltet ist - obwohl es natürlich grundsätzlich hätte eingeschaltet sein müssen. "Das führt dazu, dass der Rollerfahrer sich mit schuldig gemacht hat", sagt sie.

Siegenerin muss Geld an gemeinnützige Einrichtung zahlen

Der Vorfall sei tragisch und jeder sollte jederzeit gewahr sein: "Autofahren ist gefährlich, Fliegen ist ungefährlicher", sagt die Richterin. Hinterm Steuer sitzen Menschen und die seien nicht perfekt. Sie schlägt eine andere Lösung vor: Das Verfahren einstellen. Die Staatsanwaltschaft stimmt zu. Durch die festgestellte verminderte Schuld der Angeklagten kommt eine geringere Geldauflage in Betracht. Nach einer kurzen Besprechung erklärt die Anwältin: "Ich danke dem Gericht für die akribische Aufbereitung. Es ist kein Tag vergangen, an dem ich meine Mandantin gesehen und nicht die Verzweiflung in ihren Augen gesehen habe. Wir würden einer Einstellung zustimmen".

Die Angeklagte wird dazu verurteilt, 800 Euro innerhalb von drei Monaten an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen Die Richterin fragt die Nebenklägerin, ob ihr eine Einrichtung einfallen würde: "Mein Enkel ist Autist. Deshalb würde ich mich freuen, wenn das Geld an das Autismus-Zentrum in Netphen geht. Darüber würde sich auch mein Ehemann freuen."

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