Siegen. Landgericht Siegen verurteilt Täter für virtuelle Vergewaltigung: Der Mann muss ins Gefängnis und wird in einer Psychiatrie untergebracht.

Das erste Urteil der 1. Großen Strafkammer im neuen Jahr ist eine Bestätigung. Weitgehend jedenfalls. Auch nach der erneuten Verhandlung des vom BGH zurückverwiesenen Falls der virtuellen Vergewaltigung einer jungen Frau im Internet bleibt das Ergebnis unverändert. Der Angeklagte K. wird wegen vierfacher Vergewaltigung, davon dreimal in Tateinheit mit dem Verschaffen jugendpornografischer Schriften, für schuldig befunden. Allerdings kommt die Kammer unter Vorsitz von Richterin Elfriede Dreisbach zu einem etwas geringeren Strafmaß. Fünf Jahre sind es hier, die 2. Kammer hatte zuvor noch drei Monate mehr verhängt. Außerdem wird der 45-Jährige in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

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K. hat laut des - unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragenen - Gutachtens von Dr. Michael Mattes eine "schwere andere seelische Abartigkeit" sowie sexuellen Sadismus. Er hatte im September 2018 Kontakt zu einem damals 14-jährigen Mädchen in einem Chatroom aufgenommen, sie durch das Aufbauen diverser Charaktere, denen sie vertraute, seelisch stark unter Druck gesetzt und zu sexuellen Handlungen gezwungen. Dabei sei das Opfer stark erniedrigt worden, betont die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung.

Der Täter entdeckt seine Vorliebe für junge Mädchen - Rückfall trotz Therapie

Der Angeklagte hatte bereits 2012 eine ähnliche Tat begangen und in jenem Fall am Ende sogar den persönlichen Kontakt gesucht. Diesmal glücklicherweise nicht. Im Laufe jener Geschehnisse habe er seine Vorliebe für Mädchen dieses Alters entdeckt, sich nach der damals erhaltenen Strafe von fünf Jahren und neun Monaten, in deren Verlauf er auch eine Therapie machte, aber für geheilt gehalten. Kurz nach der Entlassung sei ihm sein altes Mobiltelefon wieder ausgehändigt worden, „mit Fotos und Videos der ersten Tat“, betont Elfriede Dreisbach: „Wir wissen nicht, wie das geschehen konnte!“ Das müsse jedenfalls bei K. „einen Schalter umgelegt haben“, alles sei wieder von vorn losgegangen.

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Aus Sicht des Gerichts, das dem Gutachten des Sachverständigen folgt, hat der Angeklagte unter einem Zwang gehandelt, dem er sich nicht habe widersetzen können. Das führe zu einer Einschränkung der Schuldfähigkeit und Verneinung eines besonders schweren Falls. Zugleich setzt die Kammer niedrigere Strafen für die einzelnen Taten an, was am Ende zur leicht reduzierten Endsumme von fünf Jahren führt. Die von den Kollegen verhängte Sicherheitsverwahrung, die auch zur Rückverweisung führte, falle infolge der Unterbringung weg, die aufgrund der anhaltenden Gefährlichkeit des K. geboten sei. Das Gericht äußert zugleich die Hoffnung auf eine positive Entwicklung. Der Mann habe erstmals wirkliche Reue und Therapiebereitschaft gezeigt, im Gespräch mit dem Sachverständigen „sein Herz geöffnet“, und wisse heute, dass er dringend behandelt werden müsse.

Das Mädchen wollte nicht mit dem Gericht sprechen - und auch nicht mit ihrem Anwalt

Keine Feststellungen gibt es zu den langfristigen Folgen für das Opfer. Das Mädchen habe weder mit dem Gericht sprechen wollen, noch mit ihrem Anwalt. Sie sei schon vorher „ein besonderes Mädchen“ gewesen, ohne Freunde und mit vielen Problemen. Von der Mutter sei berichtet worden, dass sie nicht mit dem Bus fahren wolle und Essstörungen vorlägen, „die hatte sie aber vorher auch schon. Bereits vorher hatte die Mutter sie einmal beim Verschicken einschlägiger Videos ertappt. Das Opfer habe solche auch während der Beziehung zu K, mit anderen ausgetauscht. „Das soll aber diese Tat hier nicht entschuldigen“, erklärt die Richterin. Es zeige lediglich, dass der Angeklagte instinktiv auf ein ideales Opfer für seine Machenschaften gestoßen sei.