Siegen. Corona beschleunigt an Siegener Schulen Breitbandinternet, WLAN und digitale Endgeräte. Flächendeckende Versorgung wird aber noch Jahre dauern.
Alle Schülerinnen und Schüler in Siegen mit einem mobilen Endgerät auszustatten, wird nach Einschätzung der Verwaltung eine Herausforderung für die nächsten Jahre – vor allem in finanzieller Hinsicht. Aktuell sieht sich die Schulverwaltung mit Lieferproblemen bei den bereits bestellten Geräten konfrontiert.
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Die Stadt Siegen ist eigentlich nicht zuständig dafür, Schüler mit digitalen Endgeräten auszustatten. Bund und Land haben im Sommer Fördermittel bereitgestellt, die Umsetzung mussten die Kommunen leisten. Siegen war vergleichsweise früh – aber die vor Monaten bestellten Tablets und Notebooks sind noch nicht alle da. Lieferanten aus dem gesamten Bundesgebiet könnten ihre Zusagen nicht einhalten, sagt Bürgermeister Steffen Mues. Die Gerätebeschaffung war ausgeschrieben worden, die Lieferanten hatten die Zuschläge bekommen und rechneten mit Geräten aus dem asiatischen Raum. Die Sendungen bleiben aber aus bzw. hinter den Erwartungen zurück. Mues: „Das ist ein massives Problem.“
Die meisten Siegener Familien haben ein Endgerät – aber nicht alle mehrere
Es sei absehbar, dass auch die Beschaffung von 100 Notebooks für Beschäftigte der Stadt, geplante Auslieferung 15. Januar, so nicht eingehalten werden könne. Man habe vergangene Woche damit begonnen, die bereits erhaltenen Geräte an den Schulen auszuteilen, sobald sie eintreffen, werden sie auch ausgegeben, so Schuldezernent André Schmidt im Rat.
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Der Großteil der Schülerschaft verfüge über digitale Endgeräte – problematisch sei allerdings, dass es in vielen Familien nur einen Laptop, Computer oder Tablet gebe. Das könne zu Problemen beim Fernunterricht führen. Die von der Stadt beschafften Geräte sollen vornehmlich Kindern zu Verfügung gestellt werden, die entsprechenden Bedarf haben.
Die Schulverwaltung hat den Status der einzelnen Einrichtungen in Siegen abgefragt: Etwa die Hälfte der Grundschulen nutzen den Distanzunterricht – den Grundschulen ist das freigestellt. An den weiterführenden Schulen gehe der Anteil des Distanzunterrichts weit über die Hälfte hinaus, berichtete Schuldezernent André Schmidt. Die „digitale Vorreiterschule“ Siegens, die Gesamtschule auf dem Schießberg in Geisweid, sei ab Mittwoch komplett auf Distanzunterricht umgestiegen.
Siegener Schuldezernent: Dass das Land Wechselmodell ablehnt nicht nachvollziehbar
In NRW gebe es offensichtlich keine Handlungsszenarien für die Unterrichtsorganisation im Hinblick auf das Infektionsgeschehen – das habe der Streit um den Schulbetrieb in Solingen gezeigt, so Schmidt auf eine Anfrage von Volt. Die Stadt Solingen war in Abstimmung mit ihren Schulen vorgeprescht und hatte ein Wechselmodell für Präsenz- und Distanzunterricht entwickelt. Das hatte das Land Anfang November untersagt.
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In Siegen praktiziert das Ev. Gymnasium in Weidenau (Evau) seit einigen Wochen erfolgreich ein solches Modell (wir berichteten). „Dass das Schulministerium bisher nur auf Präsenzunterricht bestand und ein Wechselmodell mit Distanzunterricht ablehnt, ist nicht nachzuvollziehen und risikobehaftet“, so der Dezernent. Andere Bundesländer seien da deutlich weiter, dort gebe es Unterricht, der angepasst an die jeweiligen Inzidenzwerte Bildungsgerechtigkeit und Infektionsschutz weitgehend miteinander vereinbare. Es brauche klare und einheitliche Vorgaben.
Ausstattung der Siegener Schulen: Die Mittel werden nicht flächendeckend reichen
Software: Die Siegener Schulen nutzen die Lernplattform „Logineo“ des Landes NRW, die das Unterrichten und Lernen auf Distanz ermöglicht und neben dem Austausch von Dateien auch Interaktion zwischen pädagogischem Personal und Schülerschaft im Dialog als auch in Gruppen ermöglicht. Die browserbasierte Anwendung kann auf jedem internetfähigen Gerät verwendet werden. Für allgemein- und berufsbildende Schulen besteht ein Rahmenvertrag mit Microsoft zur Nutzung gängiger Anwendungen (Office, Teams).
Zwei Modelle
Neben der Anschaffung von digitalen Endgeräten durch die Stadt, die die Schulen dann im Unterricht einsetzen, gibt es auch das Modell der „Tablet-Klassen“: Hier schaffen die Familien freiwillig die Geräte an.
WLAN: Sieben Grund- und alle weiterführenden Schulen in Siegen verfügen über eine WLAN-Versorgung – aber nicht zwangsläufig in allen Gebäudeteilen. Entsprechende Installationen wurden dort vorgenommen, wo in den vergangenen Monaten weitere Baumaßnahmen durchgeführt wurden. Allerdings würden die Landesmittel aus dem „Digitalpakt Schule“ nicht ausreichen, um wirklich in allen Schulen WLAN auszustrahlen, sagte André Schmidt – der Digitalpakt läuft Ende 2024 aus, die Lücke muss voraussichtlich mit Geld aus dem Haushalt geschlossen werden.
Internetanschluss: Alle Siegener Schulen sollen in den nächsten zwei Jahren mit leistungsfähigen Internetanschlüssen versorgt sein. Im Juni erhielt die Stadt dazu knapp 900.000 Euro Fördermittel von der Bezirksregierung, um 14 städtische Schulstandorte bis Ende 2021 ans Gigabit-Netz anzubinden. Das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für weitere Bundesfördermittel für die übrigen Schulen ist noch nicht abgeschlossen.
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