Siegen. Ein Gebrauchtwagenhändler streicht Corona-Hilfe vom Staat ein, um alte Schulden zu bezahlen. Staatsanwalt: „Grob gemeinschädliches Verhalten“.

Subventionsbetrug steht in der Akte, konkret geht es um die Corona-Soforthilfe aus dem Frühjahr. Das angeklagte Ehepaar soll 9000 Euro Unterstützung beantragt haben, ohne berechtigt gewesen zu sein. Der Ehemann ist anderer Meinung und versucht alles, das Gericht, zu überzeugen. Auf eine Verteidigung verzichtet das Ehepaar.

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„Ich habe 2019 gut verdient und 2020 nicht mehr so gut“, so der gebürtige Libanese mit deutschem Pass. Das hätten viele andere auch gemacht. Beim Einreichen des Antrags musste er versichern, nicht schon vor der Pandemie mit seiner Firma in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen zu sein. Das aber hat der Mann getan – im Wissen, dass sein Firmenkonto bereits seit Mai 2019 mit einer Pfändung über 9447 Euro belastet war. Es sei nicht im Sinne der Unterstützung gewesen, das Geld für die Bezahlung alter Schulden zu nutzen, so Amtsrichterin Dr. Hanne Grüttner.

Das Geld landet während des ersten Lockdowns auf dem Konto der Gattin

Dem Ehemann ist wichtig, seine Frau zu entlasten. Sie habe „nichts damit zu tun. Ich bin zuständig“, versichert der 45-Jährige, der einen Gebrauchtwagenhandel betreibt. Da habe er eigentlich schon vor ein paar Jahren Insolvenz beantragen wollen. Sein Berater hätte allerdings gesagt, „ich kann weiterarbeiten“. Der Mann legt Unterlagen vor, nach denen er 2019 durchschnittlich 1200 Euro Gewinn im Monat erzielte. 2020 war es bis zum dritten Quartal mit 1065 Euro deutlich weniger, die Hilfe zudem bereits eingerechnet.

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Die Frau (41) stimmt zu. Sie sei „nur für die Kinder zuständig, er für die Bücher!“ Fünf Kinder haben die beiden, beziehen einige staatliche Leistungen, der Autohandel bringt offensichtlich nicht allzu viel derzeit. Die Frau ist in die Sache verwickelt, weil das Geld Anfang April auf ihr Konto floss. Amtsrichterin und Staatsanwalt fragen genau nach, ob es da eine Absprache gegeben habe. Die Angeklagte verneint. Sie habe gar nichts von dem Antrag gewusst und ebenso nicht, „dass er das Geld bekommen hat“. Erst durch die Polizei sei ihr mitgeteilt worden, dass ihr Konto benutzt wurde. Sie habe sich da nie um etwas gekümmert, die komplette Verfügungsgewalt immer „bei ihm“ gelegen. Sie habe das Konto danach sofort gelöscht. Das Verfahren gegen die Gattin wird eingestellt.

Angeklagter Ehemann vorbestraft wegen Urkundenfälschung und Brandstiftung

Beim Ehemann finden sich im Strafregister zwei ältere Eintragungen wegen Urkundenfälschung und Brandstiftung. Für Staatsanwalt Waldemar Gomer ist der Anklagevorwurf in jeder Hinsicht erfüllt. Die Ausrede, sich nicht genau informiert zu haben, lässt er nicht gelten. Gerade das sei beim Antrag die Voraussetzung. Der Angeklagte habe besonders hohe kriminelle Energie aufzuweisen, sich grob und massiv gemeinschädlich verhalten. Die staatliche Hilfe sei im Frühjahr begrenzt gewesen. „Möglicherweise haben wirklich bedürftige Menschen das Geld durch ihr Verhalten nicht bekommen“, wirft Gomer dem Angeklagten vor.

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Die Amtsrichterin folgt seinem Antrag und verhängt eine Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro. Dazu kommt die Einziehung der 9000 Euro. Der Verurteilte fragt nach Ratenzahlung, wirkt völlig überfordert. Es bleibt offen, ob er die Entscheidung anfechten will.

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