Helberhausen. Der Abrissbagger steht bereit: Die vor 80 Jahren errichtete Schule in Helberhausen ist ein Teil der Dorfgeschichte.

Dass sie noch steht, ist eher Zufall: Die mit dem Abbruch der ehemaligen Grundschule beauftragte Firma musste eine Zwangspause einlegen, weil ein weiteres Mal Schadstoffe ins Spiel gekommen sind. Im Sommer hatten als Dämmmaterial verwendete Schlacken für Aufregung gesorgt, jetzt sind es mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen versetzte Trennfolien unter einer Ascheschüttung, die erst einmal zur Suche nach Entsorgungswegen veranlassen. Danach wird, wohl unter besonderen Schutzmaßnahmen, der Abbruch fortgesetzt.

Wie geplant, so Stadtsprecher Hans-Jürgen Klein, bis Ende 2020. Es eilt nun auch: Das Kreisjugendamt hat – wie berichtet – grünes Licht für die Eröffnung einer Kita zum 1. August 2021 gegeben. Der Neubau, zumindest aber ein Container als Provisorium, soll dann hier stehen.

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Baugeschichte

Genau 80 Jahre alt ist das Schulgebäude geworden. „Erbaut 1940“ steht in einer Inschrift unter dem Giebel. Der Hademer Henning Moll hat im Archiv seines Landwirtschaftsmuseums Fotos gesammelt, die die Geschichte dieses Standortes dokumentieren: „Von überall zusammengetragen.“

Da ist noch die Turnhalle, die an der Stelle der Schule stand und 1938 abgebrochen wurde. Dann der Neubau der Schule, noch als Balkengerippe. Später, während es Krieges, das mit Brettern abgedeckte Fachwerk – „das ist alles noch während des Krieges verschiefert worden“, hat Henning Moll erfahren. Dort, wo später der Schulhof als Sportplatz hergerichtet wurde, stand schon längst die Baracke des Arbeitsdienstes, und unweit davon das ganz alte, heute als Geräteschuppen genutzte Spritzenhaus. 1965 schließlich kommt Farbe in die Fotos: Am Anbau der Schule wird Richtfest gefeiert.

Etwas unterhalb der Schule, mitten im Dorf, steht die Kapellenschule, in der die Kinder aus Helberhausen, Hadem und Oberndorf bis 1940 unterrichtet wurden. Sie wurde in den 1860er Jahren erbaut – und wird die neuere Schule überleben, als Bürgerhaus, das der Verein Kapellenschule Helberhausen dort einrichten will. Vorher stand die Kapelle auf der anderen Straßenseite: die erste seit 1571, die zweite seit 1769.

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Schulgeschichte

1941 beginnt der Unterricht in der neuen Schule, bis 1955 werden die Kinder auf zwei Klassen aufgeteilt, dann wird die zweite Lehrerstelle gestrichen. Im 2018 erschienenen Jubiläumsbuch der Löffelstadt Helberhausen wird besonders die Zeit des aus Berlin stammenden Lehrers Heinz Welschen erwähnt, der von 1955 bis 1963 in Lehrerwohnhaus neben der Schule wohnt. Seine „etwas andere Arbeitsweise“ mit Projekten, Festen, Wanderungen, Elternversammlungen, Chor und Orchester scheint zu irritieren. „Im Laufe der Zeit macht sich in der Elternschaft Unmut breit“, heißt es im Helberhausen-Buch.

1963 wird Lothar Zimmermann neuer „1. Lehrer“, längst werden schon wieder zwei Klassen gebildet. Ab 1964 gibt es sogar drei Klassen, der Anbau wächst. 1966 wird aus der evangelischen Volksschule eine Gemeinschaftsschule, das 9. Schuljahr wird neu eingeführt. Ab 1967 müssen die Jahrgänge 7 bis 9 die Schule in Hilchenbach besuchen.

1968 werden aus den Volksschulen Grund- und Hauptschulen, Hel­berhausen wird für die nächsten 40 Jahre Dependance der Hilchenbacher Florenburgschule, die Lothar Zimmermann bis 1995 leitet. 2008, mit dem Umzug der Florenburgschule auf dem Schulhügel, endet die Helberhausener Schulgeschichte. Die Idee, aus dem Altbau von 1940 ein Bürgerhaus zu machen und nur den Altbau von 1965 abzureißen, wird nach 2015 nicht mehr weiter verfolgt – die Kapellenschule unten im Ort erweist sich als besser realisierbare Alternative. Die Stadt richtet die Schule dann noch als – zu keiner Zeit benötigte – Flüchtlingsunterkunft her. Jetzt kommt der Bagger.

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