Hilchenbach. Eine ganze Reihe von Investitionen will die Stadt Hilchenbach sich vom Land fördern lassen – darunter auch Überraschendes.
Die „Causa Helberhausen“, wie CDU-Fraktionschef André Jung sie mittlerweile nennt, wird noch lange nicht zu den Akten gelegt – erst recht nicht, nachdem CDU-Stadtverordneter Arne Buch hereingeschaut hat.
Der Fall Helberhausen
Zur Berechnung der Abrisskosten für die Helberhäuser Schule, so Arne Buch, habe die Wirtschaftsförderung ihren Kollegen aus dem Baudezernat keinen „klaren Arbeitsauftrag“ erteilt, und die von den Bau-Leuten vorgelegte Kostenschätzung bringe „unmissverständlich zum Ausdruck“, dass Kosten zur Beseitigung von Schadstoffen nicht ermittelt wurden. Mithin: Die Mehrkosten von 105.000 Euro seien nicht dem Baudezernat, sondern dem „Wirtschaftsförderer als Bearbeiter des Förderantrages“ und dem Bürgermeister anzulasten, der den Förderantrag unterschrieben habe.
Dem schriftlichen Bericht für den Rat fügt Bürgermeister Holger Menzel eine eigene Stellungnahme bei. Eine „rechnerische und inhaltliche Bewertung“ von Kostenschätzungen durch die Stabsstelle oder durch andere Stellen, die im Hause Förderanträge stellten, erfolge „grundsätzlich nicht“. Schließlich liege die dafür notwendige „fachliche Expertise“ beim Fachbereich Bauen, und „einzig“ durch den erfolge auch die „Risikoabschätzung bezüglich möglicher Schadstoffe“. Insofern sehe er „keine Anhaltspunkte, warum ich die im Zusammenhang mit der mangelhaften Kostenermittlung bisher getätigten Äußerungen korrigieren sollte“, schreibt Holger Menzel.
Nun doch keine Mehrkosten für Abbruch
Wenige Tage nach der Sitzung deutet sich an, dass der Streit seinen Gegenstand verliert: Die Baufirmen haben ihre Angebote für den Abbruch der Schule abgegeben - zum Teil deutlich unter den Kalkulationen der Verwaltung. Mehrkosten würden allenfalls in geringem Umfang entstehen, womöglich überhaupt nicht, sagt Baudezernent Michael Kleber auf Nachfrage dieser Zeitung: „Ich bin optimistisch.“
Im Rat überrascht André Jung (CDU) noch mit einer Lösung, die nun wohl gar nicht mehr gebraucht wird: Er habe sich bei der Kommunalministerin erkundigt. „Sehr gern“, so die Auskunft von dort, könne die Stadt auch für die 105.000 Euro Mehrkosten einen Förderantrag stellen. Der könne aus übrig gebliebenem Geld in diesem oder, als 85-Prozent-Zuschuss, im nächsten Jahr bewilligt werden. „Das ist eine gute Gelegenheit, Schaden von der Stadt abzuwenden“, sagt André Jung – nicht ohne zu erwähnen, dass die Akquise von Fördermitteln nicht Sache der ehrenamtlichen Politik sei: „Wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass die Verwaltung das macht.“
Das lässt „der Wirtschaftsförderer“ oder „die Stabsstelle“, wie er in den letzten Wochen mit spitzem Unterton genannt wird, nicht auf sich sitzen. „Natürlich“, sagt Kyrillos Kaioglidis, habe er sich an die Bezirksregierung gewandt: In diesem Jahr sei kein Geld mehr übrig, habe er dort erfahren.
Die Dorferneuerung
Das sei eben der Preis, wenn sich die Stadt im „Förderdschungel“ verirre, folgert Christoph Rothenberg (FDP). Tatsächlich hat der Rat nicht nur den Extra-Förderantrag für Helberhausen zu verabschieden, sondern auch für den ersten Bauabschnitt zur Neugestaltung des Marktplatzes, für den Dorfplatz Vormwald, für den Steg mit Fahrradlenkerschaukel im Freibad Müsen und die Attraktivierung des Spielplatzes Doktors Wäldchen in Dahlbruch.
Nachgeliefert werden im Rat auch hierfür Kostenschätzungen für den städtischen Eigenanteil: 88.000 oder 138.000 Euro für den Marktplatz, je nach dem, ob 65 oder 85 Prozent Zuschuss gezahlt werden. Und 37.000 oder 87.000 Euro für den Müsener Steg, der aber, so versichert Andreas Bolduan (UWG) schnell, sicher nicht 250.000 Euro kosten wird: „Das wird durch Eigenleistung weiter reduziert.“
„Das würden wir auch gern wissen“, antwortet Bürgermeister Holger Menzel auf die Frage von André Jung (CDU), ob der städtische Gesamtanteil für das Eine-Million-Euro-Paket nun 190.000 oder 378.000 Euro kosten werde. Wenn alle Anträge zum niedrigsten Fördersatz bewilligt würden, so Kämmerer Christoph Ermert, „könnte das zum Problem werden.“ Die Anträge auf die Dorferneuerungsmittel verabschiedet der Rat schließlich bei drei Gegenstimmen der FDP und drei Stimmenthaltungen. „Bäume auf den Marktplatz pflanzen und einen Steg ins Nichts bauen“, hat Christoph Rothenberg (FDP) vorher gesagt – „sicher nicht mit der FDP“. Wobei er den Steg vom Marktplatz zum Ufer des Langenfelder Bachs vor der Gerichtswiese meint, nicht den im Freibad Müsen.
Zwei Überraschungen
Zwei weitere Überraschungen hat die Verwaltung für den Rat, der nun zum letzten Mal tagt, aber doch noch:
Die beiden Technikräume an der Realschule sollen nun doch nicht umgebaut werden. 140.000 Euro für die Entfernung einer Wand waren eingeplant worden, nun sollen 3500 Euro reichen: für eine Türhalterung, die die Verbindungstür im Regelfall offen hält und bei Feueralarm automatisch schließt. Das Geld aus dem Gute-Schule-Budget das Landes wird nun verwendet, um die Glasbausteine der Turnhallen-Fassade durch eine energiesparende Verglasung zu ersetzen.
194.000 Euro kostet die Erneuerung der Sprungtürme in beiden Freibädern und der Rutsche im Freibad Müsen. Die Stadt rechnet mit 90 Prozent Fördermitteln im Jahr 2021 aus einem der Corona-Konjunkturprogramme, über das sie auch schon den neuen Kunstrasen für die Winterbach-Arena und die neue Raumlufttechnik für die Ballspielhalle finanzieren will. Bei einer technischen Überprüfung in den Freibädern im August sei festgestellt worden, dass die Mängel nicht mehr zu reparieren seien, heißt es in der Vorlage. Bei fünf Stimmenthaltungen wird auch dieser Antrag verabschiedet.
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