Kreuztal. Die Stadtbibliothek Kreuztal führt Jugendliche an das Zeichnen mit dem Ipad heran – und gleichzeitig an Bauhaus-Designerin Alma Siedhoff-Buscher.

So richtig viel haben Pu der Bär und die in Kreuztal geborene Bauhaus -Designerin Alma Siedhoff-Buscher nicht miteinander zu schaffen. In der Stadtbibliothek kreuzten sich ihre Wege dennoch gewissermaßen – und völlig schlüssig: Im Projekt „Gezeichnet“ erarbeiteten Kinder und Jugendliche auf Ipads unter Anleitung des Illustrators und Grafik-Designers Martin Knipp eine Graphic Novel über Leben und Werk von Alma Siedhoff-Buscher.

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Okay, die Auflösung zuerst: Am Beispiel von Pu – und anderen bekannten Zeichentrick- und Comic-Figuren – erläuterte Martin Knipp den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Einsatz von Farbe und Form als gestalterische Mittel, verdeutlichte, „was an Ideen hinter den Designs steckt“. Dank seiner runden Formen wirkt Pu niedlich, sein gelb-orangener Pelz hat eine „Wohlfühlfarbe“, sagt der Workshopleiter. Der kleine Bär ist also eindeutig ein Sympathieträger. Theoretische Grundlagen wie diese bildeten den Ausgangspunkt der Projektarbeit, klassische Zeichenübungen ebenso. Zeichnen auf dem Ipad , unter anderem in der Comic-Produktion längst Standard, klingt zwar im ersten Moment einfach, „es ist aber immer noch harte Arbeit“, betont der Illustrator. „Und wer nicht zeichnen kann, der kann es auch mit dem Ipad nicht.“

Kreuztal: Stadtbibliothek zeigt Kindern, welche kreativen Möglichkeiten das Tablet bietet

Gefördert wird „Gezeichnet“ im Zuge des Programms „Total digital!“ (siehe Infobox) mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung – genau wie das Virtual-Reality -Projekt der Stadtbibliothek im Oktober . Beide Angebote sollen die Medienkompetenz der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern fördern. „Heute hat jeder quasi den Computer in der Tasche“, sagt Martin Knipp über die Alltagsbedeutung von Smartphones und Co. „Wir wollen den jungen Menschen zeigen, dass man damit kreativ sein und mehr machen kann, als nur Inhalte zu konsumieren und sich berauschen zu lassen.“

Verbindungen ins Siegerland

Das Projekt „Gezeichnet“ wird finanziell über das Programm „Total digital!“ des Deutschen Bibliotheksverbands unterstützt. Dieses wiederum erhält Mittel aus dem Förderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Alma Siedhoff-Buscher wurde am 4. September 1899 in Kreuztal geboren. Sie lernte unter anderem bei Paul Klee und Wassily Kandinsky. Sie ist eine der wenigen Frauen, die am Bauhaus Karriere machten.

Für die große Bauhaus-Ausstellung 1922 in Weimar wurde das Versuchshaus Am Horn gebaut, dessen Kinderzimmer Alma Siedhoff-Buscher entwarf.

Noch eine Bauhaus-Verbindung ins Siegerland : Das Landhaus Ilse in Burbach ist dem Haus Am Horn genau nachempfunden.

Bei Lilian Wagner ist die Rechnung voll aufgegangen. Die Elfjährige legt den Spezial-Stift und das Ipad fast gar nicht aus der Hand. Mit den Geräten und den technischen Möglichkeiten sind natürlich einige Dinge leichter. Mit der App Procreate , die auch von vielen professionellen Zeichnern genutzt wird, lassen sich mühelos Kanten glätten, Bilder spiegeln, Hintergründe ausgestalten und vor allem Fehler korrigieren, ja, sogar rückgängig machen. „Es ist schon was Anderes, auf dem Tablett zu zeichnen als auf Papier. Anders, aber genauso gut“, sagt Lilian. Vor allem aber: „Es ist genauso künstlerisch und schwierig wie auf Papier.“ Das gilt nicht nur für die reine Zeichentechnik, wie Martin Knipp ergänzt. „Wenn ich nicht weiß, was ich erzählen will und wie, hilft mir die Maschine nicht.“

Alma Siedhoff-Buscher: In Kreuztal geboren, am Bauhaus in Weimar erfolgreich

Lilian erzählt in wenigen Bildern, wie Alma Siedhoff-Buscher nach dem Ausscheiden aus der Bauhaus -Holzwerkstatt die Idee für das Kinderzimmer kam, das sie für das Haus Am Horn in Weimar , 1922 Ort der großen Bauhaus-Ausstellung, entwickelte. Vereinfachen, sagt sie, sei nämlich auch eine Anforderung innerhalb des Projekts.

Stilistisch sind die Beiträge äußerst vielseitig.
Stilistisch sind die Beiträge äußerst vielseitig. © Stadtbibliothek Kreuztal | Projekt "Gezeichnet"

Wäre nicht der zweite Lockdown dazwischengekommen, hätte am 10. November in der Stadtbibliothek eine Ausstellung über Alma Siedhoff-Buscher eröffnet werden sollen. Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Monika Molkentin-Syring befasst sich mit herausragenden Kreuztal er Frauen und hat sich in diesem Zuge auch mit der Bauhaus-Designerin – einer von wenigen Frauen, die am Bauhaus Karriere machten – beschäftigt und diese auch in der Projektgruppe vorgestellt. Das Grundthema der Graphic Novel war mit dieser Koppelung an die Ausstellung also vorgegeben, „aber wir haben es den Jugendlichen überlassen, was sie sich für ihre Beiträge aus Almas Leben aussuchen wollten“, erklärt Bibliotheksleiterin Linda Donalies .

Kreuztaler Jugendliche widmen Alma Siedhoff-Buscher fünf Kapitel in der Graphic Novel

Herausgekommen sind fünf kleine Kapitel, teilweise in Teams entstanden. Zwölf Kinder und Jugendliche im Alter von elf bis 16 Jahren haben anfangs mitgemacht, neun sind bis zum Schluss dabei geblieben. Einige nutzten außer den offiziellen 46 Kursstunden, verteilt über mehrere Wochen, auch noch Zeit zuhause für die Arbeit am Projekt. Sie waren nicht nur frei in der Entscheidung, welches Erlebnis oder welchen Aspekt aus Alma Siedhoff-Buschers Vita sie in das Buch einbringen wollten; auch stilistisch und gestalterisch standen ihnen alle Wege offen. So gibt es klassische Bilderbuchzeichnungen ebenso wie düster angehauchte Hardcore-Graphic-Novel-Optik, die eher auf ein erwachsenes Publikum zielt.

Wichtig war es Linda Donalies und Martin Knipp, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Anleitung und Unterstützung zu geben, sie aber gleichzeitig ihr eigenes Ding entdecken und entwickeln zu lassen. „Wir sind es spielerisch angegangen“, sagt der Illustrator. „Das Schöne im Kurs war, dass alle den Mut entwickelt haben, Dinge auszuprobieren.“

Fantasievolle Ideen und Mut zum schrägen Humor

Das zeigt sich unter anderem an den kurzen Comic-Strips , die bei einer der Kreativübungen zu Beginn entstanden: Da gibt es zum Beispiel einen Kerl, der über seinen miesen Job sinniert: Komplett im Sandkasten vergraben sein und lediglich eine Hand in die Luft strecken. Oder es gibt einen verschlafenen Herkules, der sich vom fliegenden Pferd Pegasus genervt fühlt und darum erst einmal einen Kaffee von einem Kaffeebecher-Baum braucht. Ziemlich anarcho – und echt witzig. Diese Beiträge kommen zwar nicht ins Buch, illustrieren aber den kreativen Freiraum und den Einfallsreichtum, zu denen das Projekt ermutigen möchte.

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Martin Knipp, im Hauptberuf Buchhändler, erstellt aus den Ergebnissen das Buch und ergänzt es noch um Bonusmaterial. Es ist ein kleines Hardcover mit mehr als 30 Seiten, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops bekommen ein Exemplar. Die Ipads bleiben in der Bibliothek: Das nächste Projekt kommt bestimmt.

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