Kreuztal. . Alma Siedhoff-Buscher kam 1899 in Kreuztal zur Welt, lernte bei Paul Klee und Wassily Kandinsky und machte als eine von wenigen Frauen Karriere am Bauhaus. Das ist ihre Geschichte.

Eisenbahner ziehen ähnlich oft um wie Schauspieler, deshalb kommt Alma Siedhoff-Buscher am 4. Januar 1899 in Kreuztal zur Welt. Sie wird später Karriere am Bauhaus machen. Vater Ernst Buscher ist als Reichsbahner an dem wichtigen Verkehrsknoten stationiert. Buschers bleiben nur kurz im Siegerland. Von dort geht es über Wuppertal in die Nähe von Berlin. Der Vater, frommer Kirchgänger und Nazi-Gegner, bringt es zum Reichsbahnoberinspektor, hat später den Rangier-Bahnhof und S-Bahnhof Lichtenberg im Berliner Osten unter seiner Führung.

Bruder stirbt im Ersten Weltkrieg

Doch die Familie Buscher muss sehr leiden. 1914 stirbt der Sohn bei einer der ersten Schlachten im Ersten Weltkrieg, beim Sturm auf Langemarck in Flandern. Der Bruder gehörte dem Garderegiment in Berlin an. „Die Ausbildung des einzigen verbliebenen Kindes war dem Vater sehr wichtig“, erzählt Joost Siedhoff (89). 30 Jahre später wird er es sein, der seinem Großvater die traurige Nachricht überbringt, dass auch seine geliebte Tochter in einem Krieg gestorben ist.

Ein besonderer Ausweis von 1925-1928: „Alma Siedhoff-Buscher ist Studierende des Bauhauses in Dessau“
Ein besonderer Ausweis von 1925-1928: „Alma Siedhoff-Buscher ist Studierende des Bauhauses in Dessau“ © Bauhaus-Archiv Berlin

Alma Siedhoff-Buscher besucht die besten Schulen. Nach dem Abitur 1916 geht sie auf die renommierte Kunstschule Reimann in Berlin. „Beim Bauhaus haben sie sie mit Vorliebe angenommen“, sagt Joost Siedhoff, der selbst auf eine beeindruckende Karriere als Schauspieler blickt. Er spielte unter anderem den Willy in der Fernsehserie „Die Firma Hesselbach“, 2004 eine Nebenrolle in Kevin Spaceys Film „Beyond the Sea“ und zuletzt im Jahr 2013 einen grantigen Juden im vielbeachteten Film „Der Kuckuck und der Esel“.

Alma Siedhoff-Buscher tritt 1922 dem Staatlichen Bauhaus in Weimar bei, besucht den Unterricht von Wassily Kandinsky , lernt alles über die Farben von Paul Klee und wird in die Webereiwerkstatt aufgenommen. Doch dort ist sie unglücklich. „Sie hat einen langen Brief an Walter Gropius geschrieben, ob sie nicht in die Holzverarbeitung wechseln könne“, erzählt Joost Siedhoff. Der Faden sei nicht das Ihrige. Ihrer Bitte wird stattgegeben.

Für die große Bauhaus-Ausstellung werden 1922 alle Kräfte gebündelt: Das Versuchshaus Am Horn wird gebaut – das es übrigens in Burbach noch einmal gibt. „Meine Mutter wurde mit der Einrichtung des Kinderzimmers betraut – Farben, Möbel, Spielzeug. Sie entwarf alles selbst. Die Ausstellung war mittelmäßig erfolgreich. Doch das Kinderzimmer wurde von allen hochgelobt.“ Nicht nur den Kollegen und Meistern imponiert die Arbeit der jungen Designerin. Die Entwürfe bestechen durch Funktionalität: Aus der Wickelkommode wird der Schreibtisch, das Babybett zur Teenieliege. Zugleich möchte sie Kindern Raum zu Entfaltung geben. „Kinder sollten, wenn irgend möglich, einen Raum haben, in dem sie das machen können, was sie wollen“, sagt sie.

Bauhaus-Sonderausstellung eröffnet am 16. März

Sie entwirft Spielzeug wie das Schiffbauspiel (Damit Kinder „grenzenlose Wolkenkuckucksheime zimmern“.) oder Wurfpuppen aus Bast. „Eine dieser Puppen hat meine Nichte zerliebt“, sagt Siedhoff. Genau dieses Exemplar wird ab Montag und bis Mai im Bauhaus-Archiv Berlin ausgestellt. Gezeigt werden 100 Exponate, die dem Archiv in den vergangenen zehn Jahren geschenkt wurden. Das Schiffbauspiel ist das Flaggschiff der Ausstellung.

Das bekannte Schiffbauspiel der Bauhaus-Designerin Alma Siedhoff-Buscher wurde von der Spielzeugfirma Naef neu auferlegt.
Das bekannte Schiffbauspiel der Bauhaus-Designerin Alma Siedhoff-Buscher wurde von der Spielzeugfirma Naef neu auferlegt. © Naef-Spiele/www.naefspiele.ch

„Das Thüringische Parlament war früh mit Nazis besetzt, die die Bauhäusler als jüdische und bolschewistische Entartung betrachteten“, sagt Siedhoff. Deshalb zieht das Bauhaus 1925 nach Dessau. Ein Jahr später heiratet Alma Siedhoff-Buscher den Schauspieler Werner Siedhoff, Sohn Jost kommt zur Welt, zwei Jahre später Tochter Lore. Die Familie verlässt das Bauhaus. Siedhoff: „Ähnlich wie heute, war es auch damals schwer, Familie und Beruf zu vereinen.“ Der Vater findet eine Anstellung an der Städtischen Bühne in Frankfurt. Siedhoff-Buscher lässt ihre Karriere hinter sich. Nie sei die ruhige Frau drum verbittert gewesen. Auch nicht als der Krieg beginnt und ihr Mann, wie alle Theater-Angestellten an die Kurische Nehrung geschickt wurde, um die Jagdgeschwader am Boden zu unterstützen. „Verbitterung ist Dummheit“, pflegt Alma Siedhoff-Buscher zu sagen.

Ende September 1944 wird die 45-Jährige nach Buchschlag bei Frankfurt zitiert. Dort soll sie lernen an Industrienähmaschinen Drillichanzüge für die Wehrmacht zu nähen. „Sie hatte sich auf ein paar ruhige Tage am Stadtrand gefreut.“ Fernab der zerbombten Großstadt. Doch auf dem Rückweg wirft ein Flieger die letzten Bomben über dem Wald ab. Das Haus in Buchschlag wird getroffen. Alma Siedhoff-Buscher stirbt am 25. September 1944.

Bauhaus-Musterhaus in Burbach – weitere Verbindung ins Siegerland 

Es gibt eine weitere Verbindung von Alma Siedhoff-Buscher zum Siegerland: Die Designerin entwarf die Möbel für das Kinderzimmer im bekannten Bauhaus-Musterhaus Am Horn, das 1922 in Weimar errichtet wurde. Eine Kopie eben dieses Hauses wurde im Jahr 1924 im Buchhellertal in Burbach gebaut, ist heute noch erhalten und steht seit 2001 unter Denkmalschutz.

© Johannes Werthenbach/Gemeinde Burbach

Zur Baugeschichte ist noch wenig bekannt. Der wohlhabende Bergwerksdirektor Willi Grobleben soll in dem Haus mit Namen „Landhaus Ilse“ Gäste untergebracht haben. Der Geschäftsmann Grobleben baute im Buchhellertal eine besondere Heilerde ab. Ein erfolgreicher Geschäftszweig in der Gemeinde, noch heute wird zum Beispiel in Niederdresselndorf Ton abgebaut. Später wurde das Haus als Wohnhaus genutzt. Derzeit steht es leer und kann von Außen im Erzweg 3 besichtigt werden. Vieles, wie farbliche Ausstattung der Wände oder die originalen Heizkörper, sind seit 1924 erhalten.

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