Siegen-Wittgenstein. Laut der Gewerkschaft NGG entgehen Beschäftigten aus Siegen-Wittgenstein, die nicht nach Tarif bezahlt werden, monatlich mehrere hundert Euro.

5,39 Euro Verdienstunterschied – für jede geleistete Arbeitsstunde: Beschäftigten, die im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht nach Tarif bezahlt werden, entgehen je nach Beruf und Betrieb monatlich mehrere hundert Euro. Darauf weist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit Blick auf neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes hin.

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In Nordrhein-Westfalen verdienen demnach Beschäftigte, die in tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, im Schnitt 19,89 Euro pro Stunde. In Betrieben ohne Tarifvertrag sind es lediglich 14,50 Euro. „In der Corona-Krise wird diese Einkommenskluft teils noch größer. Denn wo ein Tarifvertrag gilt, stocken Firmen häufiger das staatliche Kurzarbeitergeld auf“, sagt Lars Wurche von der NGG-Region Südwestfalen. Wer etwa in der Systemgastronomie – beispielsweise bei McDonald’s oder Burger King – arbeite, komme in Kurzarbeit auf 90 Prozent des Netto-Einkommens – per tariflicher Regelung.

Existenzielle Nöte drohen Beschäftigten in Siegen-Wittgenstein

In Hotels und Gaststätten ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat seien Beschäftigte im Zuge der Pandemie hingegen deutlich häufiger von existenziellen Nöten betroffen – bis hin zur Sorge um ihren Arbeitsplatz. „Umgekehrt sorgen Arbeitnehmervertreter aber auch dafür, dass zusätzliche Belastungen erträglich bleiben. So haben sich in der Ernährungsindustrie Arbeitszeitkonten bewährt, mit denen Auftragsspitzen, etwa durch Hamsterkäufe, bewältigt werden können“, erläutert Lars Wurche. Der Gewerkschafter ruft die Unternehmen im Lebensmittel- und Gastgewerbe dazu auf, sich gerade in Pandemiezeiten zu Tarifverträgen zu bekennen.

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Durch faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen könnten sie Fachpersonal halten, das auch nach der Krise dringend gebraucht werde. Zugleich profitiere die öffentliche Hand: Nach einer DGB-Studie würden die Einnahmen durch die Einkommenssteuer in Nordrhein-Westfalen um 1,3 Milliarden Euro steigen, wenn alle Beschäftigten nach Tarif bezahlt würden. Die Sozialversicherungen kämen auf ein Plus von 2,2 Milliarden Euro. Die Kaufkraft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern würde sogar um 3,2 Milliarden Euro wachsen.

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Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung galt in Nordrhein-Westfalen zuletzt für 60 Prozent aller Beschäftigten ein Tarifvertrag. „Die sinkende Tarifbindung ist auch dafür verantwortlich, dass die Einkommenszuwächse trotz der vergangenen Boom-Jahre nur sehr dürftig ausfielen“, urteilt Wurche.

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