Kreuztal. Die Unterversorgung mit Hausärzten in Kreuztal spitzt sich weiter zu. Die Kooperation zwischen Stadt und „Family Docs“ sorgt zusätzlich für Ärger
Ist „das Gefüge und gute gemeinsame Miteinander in der hausärztlichen Versorgung in Kreuztal ein wenig ins Ungleichgewicht geraten“? – Das befürchtete jedenfalls die CDU, weshalb sie einen runden Tisch mit Vertretern aller Ratsfraktionen, dem Bürgermeister, dem Sozialdezernenten, einem Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, der Hausärztlichen Kooperationsgemeinschaft und den Inhabern der „Family Docs“ forderte.
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Kreuztal unterstützt die „Family Docs“
„Wir wissen alle um die Vorgeschichte, die zu diesem Antrag geführt hat“, sagte Bürgermeister Walter Kiß. Vor geraumer Zeit sei die Verwaltung gemeinsam mit der Politik angetreten, etwas gegen die hausärztliche Unterversorgung in Kreuztal zu tun. Im Zuge dessen unterstütze die Stadt auch die Gemeinschaftspraxis Family Docs auf verschiedene Weise.
Die Entscheidungen zu Gunsten der Family Docs hätten zu Verärgerung bei der Hausärztlichen Kooperationsgemeinschaft Kreuztal – oberes Ferndorftal – Dahlbruch geführt – die auch durch ein Schreiben des Bürgermeisters nicht ausgeräumt werden konnte, so die CDU. Deshalb wolle man diese Unstimmigkeiten durch ein schlichtendes und klärendes Gespräch bereinigen, erläuterte Fraktionsvorsitzender Arne Siebel den CDU-Antrag.
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CDU Kreuztal verzichtet auf Abstimmung
Kiß stellte klar, dass die Stadt auch andere Praxen fördern würde: „Wer zukunftsfähige Konzepte hat und Unterstützung braucht, rennt bei uns offene Türen ein.“
Frühe Rente statt Digitalisierung
Die Hausärzte seien im Schnitt nicht nur älter, „ältere Ärzte gehen früher in den Ruhestand“, berichtete Ansgar von der Osten. Den Grund dafür vermutet er in dem zunehmenden Digitalisierungsdruck, der auf den Praxen laste.
„Eine Schiedsrichterrolle steht der Stadt Kreuztal nicht zu“, sagte Jochen Schreiber (SPD). „Ein runder Tisch wäre wünschenswert“, fand Felix Viehmann (FDP) – allerdings ohne Beteiligung der Politik. Dieter Gebauer (Grüne) wollte wissen, mit welchen konkreten Maßnahmen die Stadt junge Ärzte wirklich locken könne. Arne Siebel zeigte sich schließlich zufrieden mit der Diskussion – „Es ist Bewegung in die Sache gekommen“ – und die CDU verzichtete auf eine Abstimmung.
Ärztemangel in Kreuztal spitzt sich zu
Der Grund, warum die Stadt überhaupt in die medizinische Versorgungslandschaft eingreift, ist die geringe Hausarztdichte in Kreuztal – und die hat sich keinesfalls verbessert, berichtete Ansgar von der Osten von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), sie habe sich im Gegenteil „weiter zugespitzt“.
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Ganz Deutschland suche Antworten auf den Ärztemangel, so von der Osten. Im gesamten Siegerland sei die Anzahl der Hausärzte rückläufig, der Mittelbereich Kreuztal, zu dem auch Hilchenbach gehört, sei dabei am stärksten betroffen. Im Hinblick auf die Altersstruktur innerhalb der Praxen – jeder fünfte Arzt ist über 65 Jahre – schätzt von der Osten die Lage als dramatisch ein. Eine gute Nachricht und einen Tipp hatte von der Osten allerdings auch dabei. Zunehmend würden junge Ärzte bei der KVWL Interesse an Kreuztal zeigen. Diesen sollte man den Einstieg „so einfach wie möglich“ machen – „Da zählt alles, was man auf den Tisch legen kann.“
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