Siegen. In Siegen geht der Burbach-Prozess weiter. Fünf Vernehmungen mit unterschiedlichen Beschreibungen werden verlesen, die Zeugen sind weg

Sie sind schon interessant, diese „Lesestunden“, die das Programm des „Burbach“-Verfahrens bestimmen. Auch am Mittwoch werden wieder fünf Vernehmungen verlesen, weil die mutmaßlich von Freiheitsberaubungen und anderen Delikten betroffenen ehemaligen Bewohner nicht auffindbar sind. Ein weiterer Zeuge war persönlich geladen, ist aber nicht gekommen. So können sich alle auf die Stimmen der Vorsitzenden Richterin Elfriede Dreisbach und ihres Kollegen Matthias Stehr konzentrieren, die sich beim Lesen über gut 100 Minuten abwechseln.

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Sehr unterschiedliche Erinnerungen an den Aufenthalt in Burbach

Während des Vortrags drängt sich eine spannende Frage auf: Waren die Personen alle in der gleichen Asyleinrichtung? Mal wird das „Problemzimmer“ als völlig leer beschrieben, mit nur ein paar Matratzen auf der Erde. Dann wieder sind gleich fünf Etagenbetten darin gewesen. Einmal ist es im gleichen Atemzug leer, für eine Vernehmung vor Ort aber doch mit Tisch und Stuhl ausgestattet.

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Nur die Zahl der – vergitterten – Fenster bleibt bei allen Aussagen konstant. Alle fünf Zeugen haben den Vernehmungsbeamten davon berichtet, dass sie Mitte 2014 für drei oder vier Wochen in Burbach waren, ihnen bei ihrer Ankunft die Hausordnung vermittelt wurde. Meistens war es der „Obersozialbetreuer“ George B., manchmal auch als „Hausmeister“ bezeichnet, der darüber informierte, dass Rauchen auf dem Zimmer und Alkohol in der gesamten Einrichtung verboten waren. Die meisten geben zudem zu, auch vor einer potenziellen Bestrafung durch Einsperren gewarnt worden zu sein. Aber nicht alle.

Freitag geht die Verhandlung in Siegen weiter

Die Gründe, warum die Zeugen ins „PZ“ kamen, sind immer wieder Rauchen auf dem Zimmer, eine Bierdose in der Hand, manchmal auch die Verwicklung in Auseinandersetzungen oder ein Diebstahl in der Stadt. Die Beschreibungen der Wachleute als nett oder durchgehend brutal halten sich irgendwo die Waage. Manchmal hat es die ganze Zeit keinen Kontakt gegeben, einmal wird von einem Sicherheitsmitarbeiter berichtet, der Essen brachte und wegen Toilettengängen nachfragte.

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Einer der Männer gibt an, völlig grundlos „in den Mund geschlagen“ worden, dann gefesselt, zu Boden gebracht und getreten worden zu sein. Ein Vorgang, den ein zweiter Zeuge übereinstimmend schildert. Was daneben noch auffällt: Nur einer der Zeugen ist tatsächlich kurz vorher, 2013, aus seinem Heimatland aufgebrochen, um ein besseres Leben zu finden. Die anderen sind schon seit drei oder vier Jahren unterwegs, haben über die Türkei nach Griechenland gefunden, sich dann schon lange Zeit in Frankreich oder Italien aufgehalten, um dann in Deutschland Asyl zu beantragen. Spätestens Ende 2015 oder Anfang 2016 waren dann alle wieder „unbekannten Aufenthalts“.

Am Freitag geht es weiter, im Hauptverfahren und auch im abgetrennten gegen den Ex-Wachmann Steven K.

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