Struthütten. Viele Menschen missachten Betretungsverbot im Naturschutzgebiet Mahlscheid in Neunkirchen, hinterlassen etwa Müll. Problem durch Corona verstärkt
„Es wäre der ideale Ort zum Baden, wenn es kein Naturschutzgebiet wäre“ – so beschreibt Michael Gertz von der Unteren Naturschutzbehörde den „Silbersee“ im Naturschutzgebiet Mahlscheid. Dass der See und das umliegende Gebiet aber unter Naturschutz stehen und damit ein Betretungsverbot gilt – zumindest während der Brut- und Vegetationszeit – scheint viele Menschen nicht zu stören. Und so musste Gertz im Umweltausschuss des Kreises Siegen-Wittgenstein von zahlreichen Verstößen berichten. Das Problem ist lange bekannt, hat sich im Corona-Sommer aber noch verschärft – und die Behörden wissen nicht mehr weiter.
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Der Silbersee in Neunkirchen
Seit 20 Jahren ist Gertz bei der Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein. Das Naturschutzgebiet Mahlscheid habe ihn dabei „seit dem ersten Tag bewegt“. Das Naturschutzgebiet liegt auf einem ehemaligen Vulkankrater, der See hat sich in einem ehemaligen Basaltsteinbruch gebildet. Er zeichnet sich durch die noch sichtbaren Steinwände, das klare Wasser und die umliegende Natur aus – „das weckt Begehrlichkeiten“, sagte Gertz, der die Mahlscheid selbst für „eines der attraktivsten Naturschutzgebiete im Kreis“ hält.
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Viele spezielle Biotope gebe es dort, erklärte Gertz, so dass eine große Artenvielfalt herrscht. Unter anderem der Uhu, die Zauneidechse und die Geburtshelferkröte nutzen die Mahlscheid als Brutstätte. In den 90er Jahren wurde das Gebiet deshalb erstmals unter Naturschutz gestellt, zunächst war das Betreten rund um den alten Basaltsteinbruch sogar komplett untersagt. Auf vielfachen Wunsch wurden die Bedingungen gegen Ende der 90er allerdings gelockert, auf den vorgegebenen Wegen dürfen Besucher die Natur genießen. In der Brutzeit, von April bis Ende August, gilt darüber hinaus aber das Betretungsverbot.
Corona verhindert stärkere Polizeikontrollen
Doch gerade in diesen Monaten ist der See ein beliebtes Ausflugsziel. Gerade durch das warme Wetter in den vergangenen drei Sommern sei das Besucheraufkommen hoch gewesen, berichtete Gertz – insbesondere der Corona-Sommer sei herausfordernd gewesen. Ausflüge in die Natur waren grundsätzlich beliebter und mehr Menschen suchten nun auch vormittags den See auf. Leider missachteten die Besucher nicht nur das Verbot, sondern benahmen sich auch darüber hinaus daneben, so Gertz. Ein großes Problem ist der Müll. Plastik und Glas, Überreste von Grillparties und Saufgelagen, werden einfach liegengelassen. Autoreifen, kaputte Stühle, sogar alte Fässer mussten die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde bereits entsorgen – von den Wiesen und aus dem See.
Ein weiteres Ärgernis ist der Verkehr. Viele Autos werden an den Rändern der nahe gelegenen Straßen geparkt und versperren so die Durchfahrt für Rettungskräfte. Deshalb wurde an einigen Straßen ein Parkverbot eingeführt. Plätze im Wald, an denen ebenfalls unrechtmäßig geparkt wird, wurden mit Holz und Erdhügeln für Autos unzugänglich gemacht.
Großes Einsatzgebiet
119 Naturschutzgebiete gibt es in Siegen-Wittgenstein, die eine Gesamtfläche von 13.944 Hektar umfassen. Kontrollen durch die Naturschutzbehörde könnten so nur stichprobenartig erfolgen, erklärte Michael Gertz.
Die Maßnahmen der Behörden zur Durchsetzung des Betretungsverbots zeigen jedoch kaum Wirkung. Hinweisschilder werden beschmiert, Zäune umgestoßen und auf Kontrollen reagieren viele Besucher aggressiv. „Man muss dort leider mit allen möglichen Sachen rechnen“, berichtete Dr. Heinz Meyer, Leiter des Fachservice Natur und Umwelt beim Kreis. Ohne Polizei könne er seine Leute gar nicht mehr dorthin schicken. Eigentlich waren deshalb mehr Kontrollen mit der Polizei geplant, doch auch hier kam Corona dazwischen. Wegen des Infektionsschutzes und der Einsatzplanung der Polizei mussten die Aktionen am Silbersee ausfallen.
Härtere Strafen in Siegen-Wittgenstein?
„Das macht mich betroffen“, sagte Ausschussvorsitzende Jutta Capito (CDU). Sie forderte höhere Strafen und mehr Polizeieinsätze. „Ich kann mich nicht damit abfinden, dass man da einknickt.“ Die Parkverbote kritisierte sie hingegen. Dadurch werde das Problem nur verlagert, außerdem würden dadurch auch Spaziergänger bestraft, die sich an die Regeln halten.
Helga Düben, erste Vorsitzende des Naturschutzbundes in Siegen-Wittgenstein und beratendes Mitglied im Ausschuss, forderte ähnliches. „Guter Wille reicht nicht“, sagte sie. Die Strafen müssten „weh tun“ und sich rumsprechen.
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Die Einsätze mit der Polizei könne er nicht zusichern, sagte Umweltdezernent Arno Wied, er werde sich aber darum bemühen. Das Betretungsverbot müsse eine höhere Akzeptanz bekommen, ohne dass der Besuch des Naturschutzgebietes gänzlich untersagt werde. Ob das gelingt, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen, denn seit September gilt das Verbot ohnehin nicht mehr.
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