Kreuztal. In Kreuztal fordern Dieter Gebauer von den Grünen und der parteilose Dr. Ulrich Müller für die CDU Bürgermeister Walter Kiß (SPD) heraus
Mehr bezahlbarer Wohnraum, eine gute Radwegeverbindung, ein effektiver Klimaschutz – Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Wünsche, die Bürgermeister Walter Kiß und seine zwei Herausforderer für Kreuztal haben, kaum. Erst die Details und die jeweiligen Herangehensweisen heben die Kandidaten voneinander ab.
Der Wahlkampf in Corona-Zeiten
Walter Kiß
Für Walter Kiß (SPD) ist es der vierte Wahlkampf als Spitzenkandidat. Eine Niederlage im ersten Anlauf konnte ihn nicht bremsen, seit 2009 ist der Bürgermeister von Kreuztal. „Er ist deutlich anders“, sagt er zum Wahlkampf in Zeiten der Coronakrise, „der Hauptwahlkampftummelplatz ist Facebook“.
Zur Person
Walter Kiß (58) wurde in Erndtebrück geboren und wohnt seit 55 Jahren in Kreuztal. Er machte sein Abitur am Städtischen Gymnasium Kreuztal. Seit 1979 ist der Diplom-Verwaltungswirt bei der Stadtverwaltung Kreuztal und leitete das Bürgeramt, die Straßenverkehrsbehörde und das Ordnungsamt.
Er habe auch gar nicht so viel Zeit für den Wahlkampf, da ihn die Pandemie in vielerlei Hinsicht stark fordere. Andererseits: „Gute Arbeit zu machen ist auch eine Form von Wahlkampf“, sagt Walter Kiß – und bezieht das auch, aber nicht nur auf den Umgang mit der Krise.
Dieter Gebauer
„Der Wahlkampf ist natürlich völlig anders als gewohnt“, sagt auch Dieter Gebauer, Bürgermeisterkandidat der Grünen. Dass Corona am Ende aber einen Einfluss hat, glaubt er nicht. Auch Gebauer führt den Wahlkampf im Wesentlichen via Internet und Facebook, sagt er. Außerdem setzt der gebürtige Stendenbacher auf seine Bekanntheit in Kreuztal und die Aktivitäten seiner Partei in der zu Ende gehenden Wahlperiode. „Ich baue darauf, dass die politische Arbeit, die wir Grünen in den vergangenen sechs Jahren geleistet haben, uns jetzt zugute kommt“, sagt Dieter Gebauer.
Ulrich Müller
Für Dr. Ulrich Müller ist es der erste Wahlkampf. Die Auswirkungen der Coronakrise darauf sieht er mit gemischten Gefühlen. Es sei schon eine besondere Herausforderung für einen, der neu antritt, überhaupt Bekanntheit zu erlangen, bei all den ausgefallenen Veranstaltungen. Doch beschweren möchte er sich nicht. Vielleicht habe ihn der Shutdown sogar vor einer Überlastung bewahrt. „Ich bin ein ambitionierter Mensch und hätte liebend gerne alles wahrgenommen.“ Rückblickend war das Programm, das in seinem Kalender stand, kaum zu schaffen, sagt Müller. Ein weiterer positiver Aspekt, den er an der Krise sieht: „Die Gesellschaft hat Zusammenhalt bewiesen.“
Die Themen in Kreuztal
Walter Kiß
Die Stadtentwicklung ist ein wichtiges Anliegen des Bürgermeisters. In der Stadtmitte seien schon viele gute Projekte umgesetzt worden, nun müssten die Stadtteile folgen. Dazu gehört auch der Ausbau von Schulen und Kindergärten. Auch der Ausbau der Radwege ist für Kiß ein wichtiges Anliegen.
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Bezahlbaren Wohnraum, sowohl für zentrale Mietwohnungen als auch für Eigenheime, möchte der Bürgermeister schaffen. „Die Nachfrage nach dem Wohnstandort Kreuztal ist ungebrochen.“ Eine zentrale Stelle zur Unterstützung des Ehrenamts möchte der Bürgermeister schaffen, außerdem will er die Digitalisierung der Verwaltung weiter vorantreiben. Und über allem stehe der Klimaschutz, der bei jeder Entscheidung berücksichtigt werden müsse. Bei all diesen Themen möchte Kiß – wie bisher – bürgernah und ansprechbar sein.
Dieter Gebauer
„Klimapolitik steht für uns Grüne und auch für mich an ganz hoher Stelle“, sagt Dieter Gebauer. Bisher sei diese in Kreuztal nur stiefmütterlich behandelt worden. Ein eigener Klimaschutzbeauftragter ist daher eine zentrale Forderung Gebauers, andere Kommunen bewiesen das Potential einer solchen Stelle. Bisher sei auch der Anteil der regenerativen Energien viel zu niedrig, bemängelt Gebauer. Er möchte eine Bürgerenergiegesellschaft gründen, bei der die Bürger selbst Betreiber von Wind- und Solarenergie werden, daran verdienen – dadurch hofft Gebauer auch auf eine höhere Akzeptanz alternativer Energien.
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Der Ausbau der Radwege und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – mitten in der Stadt und für jede Altersklasse – sind auch auf Gebauers Agenda zentrale Punkte. Außerdem möchte er den Landwirten und der Jugend eine Stimme geben. Junge Menschen sollen in ihren Belangen ein Mitspracherecht in den Ausschüssen im Rat bekommen, für Land- und Forstwirtschaft möchte er einen Ausschuss gründen. Außerdem fordert er eine Untergrenze für Nutzflächen, denn in keiner Kommune sei die Umwandlung von Nutzflächen in Bauland so hoch wie in Kreuztal.
Ulrich Müller
Ulrich Müller möchte die Stadtverwaltung modernisieren. Auch Schulen sollen weiter digitalisiert werden, Müller möchte eine zentrale Plattform für den Austausch zwischen Lehrer und Schüler schaffen und allen Schülern mobile Endgeräte bieten. Auch Haushalte sollen schnelleres Internet bekommen. Mehr Wohnraum zu schaffen, ist für Müller ebenfalls ein Anliegen. Die Stadt müsse aber den Daumen darauf haben, nur so sei bezahlbarer Wohnraum gewährleistet. Schnelle und sichere Radwege möchte er mit dem Know-how aus der Stadt umsetzen. „Wir haben viele gute Ideen in der Stadt, auf die wir stärker vertrauen sollten.“ Außerdem möchte er mehr Sicherheit und Ordnung nach Kreuztal bringen und Verkehrssündern und Umweltverschmutzern mit einer Task-Force auf die Pelle rücken.
Zur Person
Ulrich Müller (44) wurde in Siegen geboren und wuchs in Krombach auf. Grund- und Realschule besuchte er in Kreuztal, sein Abitur machte er in Siegen. Er studierte und promovierte in Staatswissenschaften in München. Seit 2017 ist er Kanzler der Technischen Hochschule Bingen.
Im Sinne des Klimaschutzes möchte Müller eine klimaneutrale Bürgerenergieversorgung mit lokal erzeugter Energie aufbauen. Ein neuer Ehrenamtsmanager, die Erstellung eines Wegekonzeptes und ein Straßenausbau ohne KAG-Folgebeiträge sind weitere Punkte auf seiner Agenda. All diese Themen möchte er mit den Bürgern abstimmen. „Ich habe nicht den Eindruck, dass der Bürger da wirklich mitgenommen wird.“
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Die Motivation: Bürgermeister für Kreuztal
Walter Kiß
„Ich komme seit über 40 Jahren in dieses Haus und jeden Tag mit Spaß“, sagt Walter Kiß. Vieles habe sich in dieser Zeit verändert, auch die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger an die Verwaltung seien gestiegen, und das sei „gut und richtig“. Der Bürgermeister hat immer noch große Lust, diese Veränderungen zu begleiten und andere Menschen zu begeistern. „Ich habe überhaupt keine Veranlassung, damit aufzuhören.“
Dieter Gebauer
Die Grünen haben in Kreuztal noch nie einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Wenn eine Partei aber so viel Zuspruch erhalte, wie die Grünen in den vergangenen Jahren, „dann sollte sie auch Farbe bekennen“, sagt Gebauer. Er möchte ein Ansprechpartner sein, der die grüne Politik in Kreuztal vertritt.
Zur Person
Dieter Gebauer (66) wurde 1954 in Stendenbach geboren. Er machte eine Ausbildung zum Elektro-Installateur in Kredenbach und studierte Physik in Siegen. Bis 2019 arbeitete an der Universität Siegen. Seit 2014 ist der Mitglied der Kreuztaler Ratsfraktion der Grünen.
Einfach habe er sich die Entscheidung nicht gemacht. Viele Gespräche habe er geführt, mit Freunden, Kollegen und Wegbegleitern, zum Beispiel dem Rektor und dem Kanzler der Uni Siegen. Unterm Strich sei ein eindeutiges Ergebnis aus diesen Gesprächen herausgekommen: „Mach es.“
Ulrich Müller
Der gebürtige Siegener wuchs in Krombach auf und möchte etwas für die Gesellschaft tun und zeigen, dass man auch politisch etwas verändern könne. Seine gute Ausbildung und Berufserfahrung seien die perfekte Voraussetzung für den Posten, sagt Ulrich Müller, außerdem habe er mit 44 genau das richtige Alter. Deshalb habe er sich darüber gefreut, als die CDU ihn vor über einem Jahr gefragt habe, ob er als parteiloser Kandidat für sie als Bürgermeister kandidieren wolle. Er – und die CDU – seien an einem Neuanfang interessiert und an einem offenen Meinungsaustausch. Für einen festgelegten Parteikurs sei er hingegen nicht zu haben gewesen. „Dann hätte ich der CDU auch nicht helfen können, weil ich nicht so bin“, sagt Müller.