Kreuztal . Die Förderung der Familydocs und ihrer Filialpraxen durch die Stadt stößt den anderen niedergelassenen Ärzten in Kreuztal sauer auf.

Die Unterstützung der „Familydocs“ – eine Gemeinschaftspraxis von Dr. Dr. Charles Christian Adarkwah und Klaus Mertens in Krombach – durch die Stadt Kreuztal trifft auf den Widerspruch anderer Hausärzte im Stadtgebiet. Sie werfen der Stadt „Wettbewerbsverzerrung“ vor.

Darum geht es

Auslöser für ihren für den Protest, den die „Hausärztliche Kooperationsgemeinschaft Kreuztal - Oberes Ferndorftal - Dahlbruch“ mit sieben Unterzeichnern aus Kreuztal und zwei aus Hilchenbach an den Rat der Stadt richtet, ist die jüngste Initiative der Stadt: Sie hat das Haus mit den Praxisräumen von Dr. Horst Wiedenhaupt in Fellinghausen gekauft, die Praxis des in den Ruhestand gegangenen Mediziners an die Familydocs vermietet und zwei Elektroautos beschafft, mit denen bei den Familydocs angestellte Entlastende Versorgungsassistentinnen Hausbesuche vornehmen können. Darüber hinaus haben die Familydocs die Patienten der geschlossenen Praxis von Dr. Dan Simonetti in Buschhütten übernommen, die nun von Fellinghausen ais versorgt werden. Und sie planen die Neueröffnung einer weiteren Filialpraxis im ehemaligen Kredenbacher Krankenhaus.

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Das kritisieren die Hausärzte

Die Stadt habe die anderen Hausärzte nicht beteiligt, etwa an einem „runden Tisch zur Erörterung der gemeinsamen Gesamtsituation und der möglichen gemeinsamen Perspektiven für eine zukünftige hausärztliche Versorgung der Bevölkerung“.

Die Stadt werbe „eindeutig“ für die Familydocs und leiste „erhebliche finanzielle Unterstützung“, obwohl auch die kassenärztliche Vereinigung das Modell der Filialpraxis „erheblich“ fördere. Mit der „massiven beispiellosen Förderung“ werde „die Grenze überschritten“. Die anderen sieben Hausärzte „scheinen für die Verantwortlichen der Stadt zukünftig offenbar nicht mehr relevant und förderungswürdig.“

Vorwurf: Stadt erschwert Suche nach Praxis-Partnern

Die Stadt erwecke den Eindruck einer „alleinigen Leistungsfähigkeit der Gemeinschaftspraxis Familydocs“. Das mache es anderen Hausärzten schwerer, Partner oder Angestellte zu gewinnen. Die Kooperationsgemeinschaft habe „vielverspechende Kontakte mit jungen Kollegen“, die sich in Kreuztal selbstständig niederlassen und nicht als Angestellte arbeiten wollten.

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Nach der Schließung in Buschhütten bestehe dort eine Unterversorgung. Das lasse „doch Zweifel aufkommen, ob es dem Filialkonzept Familydocs wirklich nur um die Hausarztversorgung der gesamten Stadt Kreuztal geht“. Am geplanten Standort in Kredenbach drohe hingegen keine Unterversorgung, durch die allein die Eröffnung einer Filialpraxis zulässig werde. Mit drei Ferndorfer und vier Dahlbrucher Hausärzten sei der Stadtteil „bestens hausärztlich versorgt“.

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Das sagt der Bürgermeister

Die Situation sei „hochdramatisch“, antwortet Bürgermeister Walter Kiß: In Kreuztal werde die Versorgung mit Hausärzten nur noch zu 72,9 Prozent erfüllt. Bei dieser Unterversorgung (unter 75 Prozent sei auch die kassenärztliche Vereinigung zum Eingreifen veranlasst. Der Versorgungsgrad sei der drittschlechteste in Westfalen-Lippe. In Kreuztal und Hilchenbach habe seit 2015 sieben Ärzte verloren, im Stadtgebiet Kreuztal seien neun von 19 Hausarzt-Positionen unbesetzt. Von Praxisschließungen betroffene Patienten fänden keinen neuen Hausarzt, „da ihre Behandlung mit der Begründung abgelehnt wird, die Praxis verfüge nicht über entsprechende zusätzliche Kapazitäten“.https://www.wp.de/staedte/siegerland/auch-arztpraxen-sind-unternehmen-id230192544.html

Vergebliche Suche nach Nachfolgern

„Klassische Modelle der Praxisführung“ spiegelten „moderne Lebens- und Arbeitsmodelle junger Menschen in diesem Beruf nicht mehr wider“. Als Beleg dafür führt Kiß das „offensichtlich vergebliche Beharren an den Wunsch der herkömmlichen Praxisübergabe“ an.

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Die Hausärzte seien durch ihre kassenärztliche Vereinigung in die „Diskussion um die Gesamtproblematik“ eingebunden gewesen. Es sei „jedem freigestellt, sich mit zielführenden Konzepten an dem gemeinsamen Bemühen, die hausärztliche Versorgung auf das notwendige Maß zurückzuführen, zu beteiligen“. Er freue sich, so Bürgermeister Walter Kiß, „wenn auch Sie das Angebot zu weiteren Gesprächen über denkbare innovative Konzepte annehmen würden“.

Kiß:_Es gibt keinen Wettbewerb

In den Familydocs erkenne die Stadt Kreuztal zukunftsfähiges Konzept, das „aus sozialpolitischen Erwägungen auch subventioniert wird“. Eine Wettbewerbsverzerrung sei dies nicht, „da ein zu schützender Wettbewerb nur unter gleichgelagerten Bedingungen stattfinden kann“. Kiß: „Einen solchen Wettbewerb vermag ich bei dem größtenteils vergeblichen Festhalten an dem Wunsch, die herkömmliche Praxis an einen sich nicht abzeichnenden Nachfolger zu übergeben, nicht zu erkennen.“

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