Siegen. Wegen Corona findet das Sommersemester an der Uni Siegen digital statt. Sollte in den Onlinevorlesungen die Kamera eingeschaltet sein?
Links eine Flasche Wasser, rechts Fertignudeln und vor dem Bildschirm ein Block für Notizen - so oder so ähnlich sieht es aus, wenn Studis der Uni Siegen in diesem Sommersemester an Vorlesungen und Seminaren teilnehmen - nämlich per Internet. Die Onlinekommunikation über die Software Zoom macht es möglich, nicht nur am Schreibtisch, sondern auch flexibel im Bett oder im Café zu lernen und mit Dozenten und Mitstudis zu reden.
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Siegener Studierende diskutieren Vor- und Nachteile
Dabei kommt neben dem Mikrofon und den Kopfhörern auch die Kamera von Computer oder Smartphone zum Einsatz, schließlich sollen die digitalen Lehrveranstaltungen so realitätsnah wie möglich gehalten werden. Die Studierenden und die Dozentinnen und Dozenten können sich also gegenseitig sehen – wenn auch nur in Ausschnitten – und so auch Mimik und Gestik zum Beispiel in Projektvorstellungen nutzen. Unter anderem deswegen beharren viele Dozentinnen und Dozenten auch darauf, dass die Kamera angeschaltet bleiben sollte, um den persönlichen Bezug zueinander nicht zu verlieren - der gehe durch die Distanz sowieso schon zum Großteil verloren, argumentieren sie.
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Doch nicht jeder Studi möchte zu jeder Tageszeit das unordentliche Zimmer im Hintergrund oder die unfrisierten Haare präsentieren - das findet auch Ramona Reisdorf. Anna Schüttler hingegen hat kein Problem damit, ihre Kamera angeschaltet zu lassen. Welche Vor- und Nachteile die beiden in der Kameranutzung sehen, lest ihr hier.
Vorteile der Kamera im digitalen Semester in Siegen
„Ich vertraue Ihnen jetzt allen, dass sie nicht Ihren Bruder, ihre Oma oder Ihren Hund vor den PC setzen“, sind die Worte meiner Dozentin, als sie das Seminar beginnt. Sie bittet uns noch einmal darum, unsere Kameras einzuschalten, damit wir uns alle gegenseitig sehen können und ein Gesicht mit der Stimme verbinden können. Zuerst bin ich kein Freund dieser Aufforderung, doch das ändert sich mit der Zeit. Zu Beginn des Blockseminars folgen noch alle der Bitte der Kursleitung und auch ich habe, vielleicht etwas widerwillig, die Kamera angeschaltet. Technische Probleme machen es nicht möglich, eine einmal ausgeschaltete Kamera oder ein Mikrofon selbst wieder anzuschalten. Nach und nach wird es dunkel und still um die Dozentin und ich bekomme stellvertretend für alle Studis ein schlechtes Gewissen.
Wir alle kennen die Situation im Seminar, wenn sich niemand so richtig traut, die Stille zu durchbrechen, und dieser Effekt wird durch das Internet noch verstärkt. Man ist zwar anwesend und hört vielleicht sogar zu, aber der ein oder andere schaut auch Fußball, spielt ein Videospiel oder hat den Computer einfach nur im Hintergrund eingeschaltet. Selbst die Kameraübertragung schließt das nicht ganz aus, aber immerhin macht sie klar, dass da wirklich ein Mensch vor dem Laptop sitzt und die Dozierenden nicht nur Monologe auf herrenlosen Bildschirmen halten.
Vielleicht schleicht sich ein Haustier durch das Bild eines Kommilitonen, ein Kind fragt im Hintergrund ob jemand sein Spielzeug gesehen hat oder man kann die Bücherregale der anderen bestaunen, aber das alles ist besser als nur ein schwarzer Block mit einem Namen. Studierende und Dozierende wissen so, dass sie Teil eines Dialogs sind und nicht nur allein vor sich hinreden.
Nachteile der Kamera im digitalen Semester in Siegen
Ich gehöre der Fraktion an, die nie ihr Gesicht in den sogenannten Zoom-Meetings zeigt und immer die Kamera ausgeschaltet hat.
Warum ich das tue? Zuerst aus dem Grund, dass ich mich nicht mit zerknautschtem Gesicht und abstehenden Haaren wie ein Zombie aus der Serie „The Walking Dead“ zeigen will. Ich habe nicht immer die Lust und die Zeit, mich herzurichten und wenn‘s besonders früh ist, auch nicht den Nerv dazu. Außerdem habe ich keine technischen Hänger und muss auch nirgends zugeschaltet werden oder andere haben nicht die Möglichkeit, lustige Screenshots von meinem verzerrten Gesicht zu schießen und sich daran zu erfreuen.
Der nächste Punkt ist das Setting: Ich möchte nicht 46 wildfremde Menschen in mein Zuhause schauen lassen oder mir Sorgen machen müssen, ob jemand ins Zimmer kommt, mein Zoom-Meeting stört und alle dies mitbekommen. Ich fühle mich viel wohler, wenn mich eben nicht jeder Mensch aus der Gruppe sehen kann.Das hat natürlich auch sein Für und Wider. Oftmals kann es sein, dass der Dozent dich nicht einmal kennt, wenn er die Teilnehmerliste nicht kontrolliert und erstmals bei einem Referat oder jeglichen anderen Präsentationen sieht, wer du bist.
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Manche Dozenten führen endlose Monologe darüber, dass man sich doch bitte zeigen soll. Aber es gibt Menschen wie mich, die das einfach nicht mögen und ihre zeitliche Flexibilität bewahren wollen. Wenn ich mein Bild und meinen Ton nicht anschalte, kann ich auch als Beifahrerin im Auto oder bei meiner Oma am Zoom-Call teilnehmen oder nebenbei noch andere Dinge erledigen und zuhören.Alles in allem bin ich immer noch ein heißer Verfechter des Nichts-Zeigens, außer man muss etwas vorstellen oder ist in Gruppenarbeiten eingeteilt, denn dann zeige ich mich auch. Ich halte daran fest, dass nicht jeder mein Zuhause und mein müdes Gesicht sehen muss. In der Uni sieht man mich zwar auch, aber das ist aus meiner Sicht nicht zu vergleichen.
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