Dreis-Tiefenbach/Berlin. Aktionstag bei Bombardier: Die Sorgen um die Jobs nach der Alstom-Übernahme bleiben auch in Netphen groß.

Mit Flugblatt-Aktionen und Kundgebungen haben sich Beschäftigte der Zughersteller Alstom und Bombardier auch in Deutschland für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze bei der geplanten Fusion stark gemacht. Allein am Standort von Bombardier Transportation im brandenburgischen Hennigsdorf hätten sich am Donnerstagmorgen mehr als 300 Mitarbeiter vor dem Werktor versammelt, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft IG Metall.

IG Metall: Ungewisse Situation

Der neue kommissarische Deutschlandchef, Marco Michel, habe sich die Fragen der Beschäftigten angehört und sich für ihre Belange ausgesprochen. An den sächsischen Bombardier-Standorten Görlitz und Bautzen wollten die Beschäftigten am Morgen Flugblätter verteilen, um auf ihre ungewisse Situation aufmerksam zu machen. Auch in Kassel, Netphen und Mannheim sowie am einzigen deutschen Alstom-Standort in Salzgitter waren Aktionen geplant. Die IG Metall hatte am Vortag zu einem europaweiten Aktionstag aufgerufen.

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In Dreis-Tiefenbach arbeiten rund 830 Beschäftigte. Der Standort ist auf die Entwicklung, Fertigung und den Service für Drehgestelle spezialisiert. Erst 2014 wurde dort ein neues Technikzentrum eröffnet, in dem Ingenieuer aus ganz Europa arbeiten. Die Wirtschaftsminister von Bund und Land wurden um Unterstützung gebeten. Die Sorge ist groß, dass die deutschen Standorte das Nachsehen haben, weil an Alstom auch der französische Staat beteiligt ist.

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Alstom: „Zum jetzigen Zeitpunkt keine Änderung“ in Netphen

Eine positive Zwischenmeldung konnte Dr. Jörg Nikutta, Managing Director Deutschland & Österreich beim französischen Schienenfahrzeughersteller Alstom, an den CDU-Bundestagsabgeordneten Volkmar Klein übermitteln. Alstom hat mit der Bombardier Transportation eine Absichtserklärung zur Übernahme des Unternehmens unterzeichnet und im Juni bei der Europäischen Kommission den Antrag zur Genehmigung des Zusammenschlusses eingereicht. Nach Auskunft von Dr. Jörg Nikutta sind für den Bombardier-Standort in Netphen „zum jetzigen Zeitpunkt“ keine Änderungen geplant, wie Klein in einer Pressemitteilung berichtet .

Für den Fall das die Europäische Kommission der Übernahme zustimmt, möchte Alstom nach eigener Aussage den Standort sowie seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen. Klein: „Dies sind erstmal gute Nachrichten für die Arbeitnehmer vor Ort. Dass die lokale Produktion für Alstom eine hohe Bedeutung zu haben scheint, ist ein wichtiges Signal für den Standort in Netphen.“ Nun müsse sich Alstom an diesen Worten messen lassen. „Wir werden den weiteren Verlauf aufmerksam verfolgen und die Interessen unserer heimischen Arbeitnehmer wie bisher unterstützen.“

Talent-3-Plattform wird verkauft

Der französische Hersteller des Hochgeschwindigkeitszugs TGV hatte im Februar angekündigt, die Zugsparte von Bombardier übernehmen zu wollen. Nach damaligen Angaben kostet das Vorhaben 5,8 bis 6,2 Milliarden Euro. Derzeit untersuchen EU-Wettbewerbshüter die geplante Übernahme. Bis Mitte Juli soll eine Entscheidung fallen. Die Wettbewerbshüter können dann auch noch eine vertiefte Prüfung anordnen. Im vergangenen Jahr waren Alstom und die Siemens-Zugsparte Mobility bei einem ähnlichen Fusionsversuch an dem Veto der EU-Kommission gescheitert.

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Um die Bedenken der Wettbewerbshüter auszuräumen, hatten beide Unternehmen vor einigen Tagen angekündigt, die Talent-3-Plattform und die zugehörigen Produktionsanlagen am Standort Hennigsdorf bei Berlin verkaufen zu wollen. Zwar werden dort auch Berliner Straßenbahnzüge, der ICE sowie die U-Bahn-Serie C30 gefertigt. Doch für die Beschäftigten herrscht nach wie vor Ungewissheit. Noch liefen keine Gespräche zwischen Arbeitgebern und der Belegschaft, betonte die IG-Metall-Sprecherin. „Bei den Beschäftigten von Bombardier Transportation ist fünf Monate nach der Ankündigung der Übernahme durch Alstom die Unsicherheit immer noch sehr hoch“, hieß es in einer Mitteilung.

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Deutschland-Chef tritt zurück

Am Tag zuvor hatte der bisherige Deutschland-Chef von Bombardier Transportation, Michael Fohrer, seinen sofortigen Weggang verkündet - aus persönlichen Gründen, wie es hieß. Als kommissarischer Nachfolger rückte Marco Michel auf den Posten. Er leitete bis dahin das Werk in Hennigsdorf.

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