Siegerland. Heimatvereine kümmern sich im Siegerland um die Gemeinschaft. Ist das noch modern? Zwei Beispiele aus Siegen und Burbach – die angesagt sind.

Auf dem Dorf ist nichts los und in der Stadt leben alle anonym für sich? Stimmt nicht, sagen die Ergebnisse des Heimat-Checks: Das Gemeinschaftsgefühl in ihren Orten bewerten die Siegerländer in der Regel positiv. Welche Rolle spielen dabei die Heimatvereine und wie modern sind sie? Ein Besuch bei Vereinen in Siegen und Burbach.

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„Wir sind nicht anonym“, sagt Günther Langer, Vorsitzender des Heimatvereins Achenbach, „die Stadtteile in Siegen sind sehr lebendig.“ Seit zwanzig Jahren leitet er den Heimatverein, dem 58-Jährigen ist bewusst, dass Gemeinschaftsbildung in der heutigen Zeit anders gestaltet werden muss.

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  • „Man braucht Anreize“, sagt er. Wer im Heimatverein Achenbach ehrenamtlich aushilft, werde belohnt – mit einem „Achenbach Coin“. Konkret heißt das: Wer zum Beispiel neue Parkflächen markiert, Müll aufsammelt oder beim Einkaufen hilft, sammelt Punkte in der Stadtteil-App. Später können diese dann genutzt werden, um sich unter anderem ein Elektroauto oder ein Fahrrad des Vereins auszuleihen. Die „Coins“ können auch in einem der vier Sozialkaufhäuser in der Region eingelöst werden, eine Hilfe für sozial schwächer gestellte Menschen in den Ortsteilen, so Günther Langer.
  • Die sozialen Einrichtungen, das Restaurant Nettwerk am Heidenberg und die elf Sozialwohnungen, die zusammen mit der Friedenskirche gebaut wurden, gehören zur gemeinnützigen Weiterbildungsgesellschaft mbH. Der Schritt war notwendig, weil die Umsätze in den Geschäften zu hoch wurden. Der Gewinn fließt Günther Langer zufolge in Projekte des Heimatvereins, dem das Unternehmen zu hundert Prozent gehört.
  • In den vergangenen Monaten sei das Thema Selbstversorgung bei den Mitgliedern wichtiger geworden, so Günther Langer. Auf der Wiese hinter dem Sozialkaufhaus am Heidenberg ist ein Gemeinschaftsgarten entstanden, um den sich derzeit mehr als 30 Menschen – vor allem junge Leute – kümmern.
  • Es brauche interessante Projekte, um Jugendliche für das Ehrenamt zu begeistern. Ein Beispiel sei der geplante Jugendtreff im Keller des Sozialkaufhauses an der Achenbacher Straße, den die Jugendlichen selbst gestalten und einrichten. Man müsse sich an deren Bedürfnisse orientieren, sagt Günther Langer. Für ihn bedeutet das: Jugendliche würden sich nur für kurze Zeit und auf ein Projekt bezogen engagieren. Der Heimatverein wachse, so Günther Langer, insgesamt seien es 470 Mitglieder, aber, so betont er, „es wird keine Jugendlichen geben, die sagen, ‘wir sind dem Heimatverein auf ewig verbunden’.“

Wird es Menschen wie Ulrich Krumm in der Gemeindearbeit also nicht mehr geben? Der 73-Jährige ist ein Urgestein des Heimatvereins Holzhausen: 30 Jahre war er dessen Vorsitzender, bis er im Februar dieses Jahres das Amt abgab. Ein Nachfolger wurde noch nicht gefunden, also ist er noch als Ehrenvorsitzender aktiv: „Von einigen Mitgliedern heißt es, ich habe dem Heimatverein zu viel aufgehalst“, sagt er, „doch Stillstand wollen wir nicht.“

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Und den gibt es in Holzhausen auch nicht: Das Dorf wächst, rund 2400 Einwohner zählt es aktuell, einen Leerstand gibt es nicht. Der Heimatverein mit rund 390 Mitgliedern sieht sich dabei als „Brückenbauer“ zwischen Alteingesessenen und Neubürgern, zum Einzug verteilen Ehrenamtliche zum Beispiel eine Broschüre mit Infos zu allen Angeboten im Ort an die neuen Einwohner – und die Liste ist lang.

  • Viel Wert legt der Heimatverein auf Treffpunkte für die Dorfgemeinschaft: Die „Alte Schule“ für Konzerte, Lesungen und die Seniorenrunde, die Grillhütte, die auch für private Feiern gemietet werden kann oder der Wanderweg durch das Naturschutzgebiet Wetterbachtal. „Wir sind nicht nach innen zurückgezogen, sondern wir arbeiten für das Dorf“, betont Ulrich Krumm.
  • Für Anstöße aus der Dorfgemeinschaft sei man offen. So gebe es etwas unterhalb der „Alten Schule“ ein Gemeinschaftsgarten, der auch von Nicht-Vereinsmitgliedern betreut werde, sagt der Ehrenvorsitzende. Besonders junge Familien mit Kindern interessierten sich für die Möglichkeit der Selbstversorgung. Deshalb freut sich Ulrich Krumm auch darüber, dass an den vergangenen Back-Tagen wieder mehr Kinder und Jugendliche teilgenommen haben.
  • Für die Zukunft wünsche er sich wieder das jährliche Dorfgespräch, auf dem bis vor zwei Jahren die Einwohner über die Entwicklung Holzhausens diskutierten. Welches Thema Ulrich Krumm gerne besprechen will? Neue Bauflächen für junge Familien: Denn das Dorf wachse weiter.