Hilchenbach. Rat lehnt Übertragung seiner Aufgaben an den Hauptausschuss ab – und zitiert den gerade pensionierten Kämmerer aus dem Resturlaub zurück.
Der Kämmerer geht, ein neuer wird gewählt, ein Ratsmitglied wird geehrt: Viele Gelegenheiten für feierliche Worte im Hilchenbacher Rat. Der sich davon allerdings nicht klein reden lässt.
Der Alltag: Rat lehnt Übertragung an Hauptausschuss ab
Die Pandemie: „Entscheidungsbefugnisse bei Vorliegen einer Pandemie“: Im Punkt 11 von am Ende fast 30 Tagesordnungspunkten, die sich nach dem Ausfall einer Reihe von Ausschusssitzungen gesammelt hatten, war die Ermächtigung versteckt, mit der der Rat seine Aufgaben an den Hauptausschuss abgibt. Bürgermeister Holger Menzel riet, davon Gebrauch zu machen. „Nicht ganz ohne“ sei die Vorbereitung der Ratssitzung gewesen, um 40 Ratsmitglieder, Verwaltung und Zuschauer – schließlich auf der Tribüne der Aula der Carl-Kraemer-Realschule – auf Abstand halten zu können.
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„Das geht uns zu weit“, widersprach Ernst Heinrich Hofmann (FDP), „ich möchte nicht so einfach eine Entmachtung des Rates hinnehmen.“ Der Rat bleibe auch handlungsfähig, indem er im Nachhinein Dringlichkeitsentscheidungen genehmige. Im übrigen werde der nächste Rat mit nur noch 34 Mitgliedern kleiner, „da wird das dann auch mit dem Abstand einfacher.“ Der Rat lehnte mit 15 gegen 16 Stimmen ab. Wirksam wäre eine Übertragung nur durch schriftliche Erklärungen von mindestens zwei Dritteln der Stadtverordneten geworden.
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Florenburgschule soll nicht länger auf Sonnenschutz warten
Jalousie und WC: Eigentlich sollte der Rat nur beschließen, dass im Freibad Müsen noch in diesem Jahr ein Behinderten-WC installiert wird. Nebenbei erfuhren die Ratsmitglieder aber auch, dass die Florenburg-Grundschule auch in diesem Jahr keinen Sonnenschutz an die Fenster bekommt – denn das Geld dafür soll nach Müsen umgelenkt werden. Ob die Schulleiterin das wisse, wollte Annette Czarski-Nüs (Grüne) wissen: „Die Eltern flippen aus.“ Renate Becker (UWG) nannte es „unmöglich, die Kinder noch länger der Sonneneinstrahlung auszusetzen. Die warten schon so lange“. Die Verwaltung hatte argumentiert, dass erst der Putz rund um die Fenster ausgebessert werden müsse. Für die Montage der Jalousien reiche die verbleibende Zeit in den Sommerferien nicht mehr. Daraus folge aber doch nicht eine Verschiebung um ein Jahr, meinte Bärbel Dörr (Grüne): „Es gibt ja auch noch die Herbstferien.“
Arne Buch (CDU) forderte ein Machtwort des Rates: Die Jalousien müssen in diesem Jahr her. Weil die statt fast 130.000 Euro, die 2020 und 2021 investiert werden sollten, insgesamt sowieso nur 50.000 Euro kosten, sei die Finanzierung kaum ein Problem. Die Lücke, um auch das Freibad-WC in diesem Jahr zu bezahlen, müsse der Kämmerer schließen. Dabei war Udo Hoffmann, der offiziell noch bis 30. Juni Beigeordneter ist, gerade erst in den Ruhestand verabschiedet worden. „Dann muss er eben noch mal aus dem Urlaub zurückkommen.“
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Das Feierliche: Abschied für Udo Hoffmann
„Das war eine Aufgabe, kein x-beliebiger Job“, sagt Bürgermeister Holger Menzel, als er seinen Beigeordneten verabschiedet. 46 Jahre lang war Udo Hoffmann im öffentlichen Dienst, die letzten 20 Jahre arbeitete der gebürtige Freudenberger, der auch in seiner Geburtsstadt Kämmerer war, für die Stadt Hilchenbach. Mit Kompetenz und dem Willen, etwas zu erreichen und Herausforderungen zu meistern, sagte Menzel. Stadtrat Udo Hoffmann blickt zurück: auf den Start mit dem Klimaschutz, damals noch im Rahmen der Agenda 21, die Schulentwicklung mit der Gründung der Realschule und der Aufgabe beider Hauptschulen, eines Gymnasiums und einer Grundschule, auf die Bewältigung der Flüchtlingskrisen und die Berg- und Talfahrten bei den Finanzen. „Es hat mir viel Freude gemacht“, sagt Hoffmann, der seinen Abschied in fast gewohnter Nüchternheit vollzieht: „Jeder ist zu ersetzen.“
Helmut Kaufmann (SPD) hebt Hoffmanns „große Gelassenheit“ hervor, die Abfuhren aus der Politik entgegenzunehmen, die seinen Einsparappellen nicht immer folgte. Es gibt Geschenke – von Martin Born aus Grund unter anderem den Honiggeist, den er als Imker zusammen mit dem früherem Bürgermeister Hans-Peter Hasenstab („Er lässt herzlich grüßen“) herstellt. Die Auseinandersetzungen mit Hoffmann seien „nicht immer angenehm“ gewesen, gibt Sven Wengenroth (Linke) zu, „aber du warst nie nachtragend“. Als HSV-Fan habe Hoffmann die Eigenschaften, die ein Kämmerer in Hilchenbach brauche, meint André Jung (CDU): starke Nerven und Zuversicht. „Wir konnten uns immer auf Sie verlassen“, dankt Annette Czarski-Nüs (Grüne).
Ernst Heinrich Hofmann (FDP) wünscht dem scheidenden Beigeordneten „alles, was dir aufgrund deiner Tätigkeit bisher nicht möglich war. Für die Zeit danach muss man sehen, dass man eine neue Kurve kriegt.“ Das klingt so verbindlich wie anspielend. Tatsächlich ist es so gut wie sicher, dass Udo Hoffmann im September für die SPD in einem Dahlbrucher Wahlbezirk kandidiert und dann als Stadtverordneter zurückkehrt. Vielleicht meint er auch das, als er einen Ausblick auf de Ruhestand gibt: „Ich denke, dass es möglich ist, die Freizeit zu gestalten.“
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Wiedersehen nicht ausgeschlossen
Sein Nachfolger Christoph Ermert startet – wie Hoffmann – mit Gegenstimmen in die erste Amtszeit; Einstimmigkeit gab es erst bei der ersten und zweiten Wiederwahl. Vom wem die sieben Gegenstimmen in der geheimen Abstimmung kamen? Sie sei es nicht gewesen, verlautete es schon kurz danach aus den Reihen der CDU, die wie FDP und zeitweise auch UWG eigentlich erst nach der Kommunalwahl wählen wollte. Da lernt der neue Mann Hilchenbach gleich richtig kennen.
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