Freudenberg. In einem „Cubé“ auf dem Freudenberger Marktplatz fand 2008 die bis dahin größte Christo.-Ausstellung auf deutschem Boden statt.
„Sie sind jetzt der sechste Anrufer.“ Dieter Siebel ist überrascht: Der Tod des Künstlers Christo weckt Erinnerungen an das wohl wichtigste Freudenberger Kunstereignis aller Zeiten. Vom 8. März bis 4. Mai 2008 waren dort rund 140 Collagen, Grafiken, Drucke, Fotos und Filme von Projekten des Künstlerpaars Christo und Jeanne Claude zu sehen.
In einem eigens auf dem Marktplatz errichten Museum auf Zeit, bestehend auf 36 Containern. „Der Cube“ wurde das Markenzeichen für das Ereignis. Auf drei Etagen ein „ZeitRaum für Kunst in Freudenberg“, wie es im erklärenden Untertitel hieß.
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Die Idee: Dieter Siebel hat Kontakte
Dieter Siebel mit seiner Kunstgewerblichen Werkstätte und der junge Verein Kulturflecken Silberstern hatten damals einen Lauf – und Siebel hatte Kontakte. Arbeiten des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass und des Schauspielers Armin Müller-Stahl hatte er schon nach Freudenberg geholt, als er auf einer Messe den deutschen Verleger des Ehepaars kennen lernte, das 1995 den Reichstag verhüllte: Dr. Alexander Fils wurde Kurator der Freudenberger Ausstellung.
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Davor: Die Kunstwelt glaubt nicht an den Coup in Freudenberg
So richtig glauben mochte die Kunstwelt an den Freudenberger Coup nicht. Gerüchte machten die Runde. „Ich war hell aufgeregt, schließlich stand der Cube schon fast“, erinnert sich Dieter Siebel. Die Falschmeldung von der „Ausstellung, die eigentlich nicht stattfand“, ist heute allenfalls noch Fußnote.
Ein paar Klippen waren aber wirklich zu umschiffen, bevor die Ausstellung in den mit 540 Quadratmetern Gewebe umhüllten Containern eröffnet werden konnten: Die Präsentation musste als „Verkaufsausstellung“ deklariert werden – denn Christo selbst bestimmte über alles, was mit seinem Namen verbunden wurde. Und von Anfang an verbat sich Christos Management amateurhafte Begleitprogramm – es solle nur niemand auf die Idee kommen, auf einmal die Fachwerkhäuser des Alten Fleckens zu verhüllen. Kam auch niemand.
Das Ereignis: „Ein klitzekleiner Louvre“ auf dem Marktplatz
Kunst im Wert von 1,2 Millionen Euro kam für acht Wochen auf den Freudenberger Marktplatz, den die Stadt für den Cube auf 500 Quadratmetern noch einmal extra schottern und mit Betonplatten befestigen ließ. Und dann nahm das Ereignis seinen Lauf. Besucher aus aller Welt, einige in kyrillischer Schrift, andere aus Neuseeland, Australien, Kanada und USA, verewigten sich im Gästebuch.
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Natürlich empfingen die rund 50 Ehrenamtlichen, die die Öffnungszeiten über täglich sieben Stunden betreuten, auch Gruppen aus der Region, von der Schulklasse bis zu den Diakonissen aus dem Friedenshort fast direkt in der Nachbarschaft. Gut 5000 Besucher wurden am Schluss gezählt, erhofft hatten sich die Veranstalter eine fünfstellige Zahl. „Man hätte mehr Werbung machen müssen“, glaubt Dieter Siebel.
1995 wird der Reichstag verhüllt
Christo wurde 1935 in Bulgarien geboren, er starb am 31. Mai 2020 in New York. Seine Ehefrau Jenna-Claude stammt aus Casablanca, sie starb bereits 2009.
Das Künstlerpaar heiratete 1962 in Paris und siedelte zwei Jahr später nach New York über. Verhüllungen waren für Christo und Jeanne-Claude ein Thema: für Parkwege, Inseln, den Pont Neuf in Paris und schließlich 1995 den Reichstag in Berlin.
Dass Christo selbst sich nicht erweichen ließ, seine bisher größte Ausstellung auf deutschem Boden persönlich zur Kenntnis zu nehmen – geschenkt. „Es war eine tolle Ausstellung“, sagt Siebel. Friederike Schlebusch vom Kulturflecken, der dank Ehrenamt, Spenden und Sponsoren mit schwarzen Zahlen abrechnete, fand einen neuen Namen für den Cube: „Ein klitzekleiner temporärer Louvre.“
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Danach: Es geht weiter in Freudenberg
Das Fazit? „Meine Familie hatte die Nase voll“, berichtet Dieter Siebel, der inzwischen 83 ist, „aber ich sah echt gut aus.“ Nämlich zehn Kilo leichter. Christo wurde schnell Geschichte, Dieter Siebel stieg in den 4 Fachwerk-Verein ein, der das Stadtmuseum in seine Trägerschaft übernahm. Dorthin hat er gerade Gegenwartskunst aus Worpswede geholt, bevor Corona den Betrieb unterbrach. Inzwischen ist das Museum wieder geöffnet, nur Führungen sind noch nicht erlaubt. „Wir hoffen, dass das bis Mitte August noch klappt.“ Corona gegen Christo – das hätte damals gerade noch gefehlt.
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