Siegen. Die Coronakrise verschärft auch in Siegen-Wittgenstein die Lage von Abhängigen: Drogen werden teurer, schlechter und sind kaum zu bekommen.
Die Lage von Suchtkranken verschärft sich in der Coronakrise auf nahezu allen Ebenen. Betroffene gehören, je nach Art, Stadium und Dauer ihrer Sucht, nicht nur zur Risikogruppe, sondern sind aufgrund der Einschränkungen auch stärker als sonst auf sich allein gestellt – während es gleichzeitig meist schwieriger ist, überhaupt an Drogen zu kommen.
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Der Drogen-Markt in Siegen-Wittgenstein: Beschaffungsprobleme größer als sonst
Die Tatsache, dass der Konsum illegaler Drogen gegen Gesetze verstößt und damit vom Grundsatz her nicht unterstützenswert ist, ändert nichts daran, dass es suchtkranke Menschen gibt. Ist die freie Entscheidung, eine Droge konsumieren zu wollen, erst einmal durch psychische oder körperliche Abhängigkeit ausgehebelt, ist bei illegalen Substanzen die Beschaffung ohnehin mit Problemen verbunden, die aktuell noch größer sind als sonst. „Es gab und gibt Auffälligkeiten“, sagt Volker Schneider, Suchtkoordinator des Kreises Siegen-Wittgenstein. Geschlossene Grenzen und Reisebeschränkungen verknappen das Angebot. Und „es ist teurer geworden“, sagt der Experte.
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Habe zum Beispiel ein Gramm Gras vor der Coronakrise 10 bis 15 Euro gekostet, seien es mittlerweile um die 25 Euro – und solche Steigerungen seien bei allen Drogen zu beobachten. Gleichzeitig steige mit sinkendem Nachschub das Risiko, dass Dealer den Stoff strecken. Das ist zwar generell nicht unüblich, kann aber höchst gefährlich werden, weil der Konsument kein Wissen und keine Kontrolle darüber hat, was er für sein Geld bekommt. Je nachdem, was als Streckmittel verwendet wird, drohen nicht nur unerwünschte Nebenwirkungen, sondern auch gesundheitliche Schäden.
Die Entgiftung in den Krankenhäusern in Siegen-Wittgenstein
Andere Probleme betreffen momentan nicht nur die Konsumenten illegaler Drogen, sondern beispielsweise auch Alkoholabhängige. „Es gibt Einschränkungen bei qualifizierter Entgiftung“, sagt Volker Schneider.
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In der aktuellen Situation gebe es in den Kliniken wegen der Distanzregelungen keine Gruppenangebote, die Patientinnen und Patienten würden eher auf ihren Zimmern bleiben, die Aufenthaltsdauer sei verkürzt. Damit fällt eine wichtige Unterstützung weg, die den Betroffenen einerseits beim Durchhalten und andererseits dabei hilft, Perspektiven für die Zeit nach der Entgiftung zu entwickeln.
Die ambulante Beratung für Suchtkranke in Siegen-Wittgenstein
In den Suchtberatungsstellen finden derzeit „verschiedene Konzepte“ Anwendung, erläutert Volker Schneider. Überwiegend finde weiter „ein eingeschränkter Regelbetrieb statt“, viel laufe über das Telefon, es gebe auch erste Ansätze für Einzelchatberatungen via Skype oder Videokonferenzsystem. „Das sind natürlich eingeschränkte Möglichkeiten“, räumt der Suchtkoordinator ein, denn die Distanz gestatte nicht so viel Tiefe wie das direkte Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Letzteres wiederum sei zwar eine Option, dann aber mit Maske – womit Mimik als wesentlicher nonverbaler Faktor der Kommunikation und der Interaktion ausfalle. „Beratungsarbeit ist nicht mehr so tiefgreifend möglich“, sagt Volker Schneider. „Es fehlt einfach die Beziehung, es fehlt die Dichte“ Vor diesem Hintergrund sei auch in diesem Bereich möglicherweise der Einsatz von Spuckschutzscheiben zu erwägen.
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Ebenso habe er aus den Suchtberatungsstellen die Rückmeldung bekommen, dass einige Patientinnen und Patienten derzeit fernblieben – aus den üblichen Gründen, wieso viele Menschen aktuell ihre Kontakte mit anderen so gering wie möglich hielten. Darum suchten die Team der Beratungsstellen derzeit neue Wege, um trotz der Abstandsregeln intensive Gespräche führen zu können, sagt Volker Schneider und gibt ein Beispiel: „Eine Beraterin macht mit Klienten Beratungsspaziergänge.“
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