Netphen. Netphen braucht „Cash“, sagt Bürgermeister Paul Wagener. Einen Freibadbetrieb will sich die Stadt in diesem Jahr nicht leisten.
Dass die Stadt Netphen als Folge von Corona den finanziellen Kollaps fürchtet, sollen die Bürger zu spüren bekommen. „Wir benötigen Cash, sonst kommt der Crash“, sagt Bürgermeister Paul Wagener am Donnerstag im Rat. Eine Konsequenz: Das Freibad im Netphener Freizeitpark bleibt in diesem Sommer zu.
Das Freibad: Betrieb wird zu teuer
Kämmerer Hans-Georg Rosemann berichtet aus der Gesellschafterversammlung der Freizeitpark Obernautal GmbH (FON): Eine Öffnung des Hallenbades werde angegangen, „sobald die Voraussetzungen vorliegen“. Im Außenbereich werde aber allenfalls über die Freigabe der Liegewiesen nachgedacht.
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Ein Freibadbetrieb sei bisher nicht vorbereitet worden, fällig würden nun „erhebliche Vorlaufkosten“. Diese Ausgabe werde sich aber bei der nur noch erwarteten niedrigen Besucherzahl nicht rentieren, das Freibad würde den „ohnehin starken Anstieg des Zuschussbedarfs“ für die FON weiter erhöhen. Mit der Freigabe des Freibadbetriebs durch das Land „hatten wir einfach nicht gerechnet“, räumt Rosemann ein. An den Start gehen wird in diesen Sommer aber das von einem Trägerverein betriebene Naturerlebnisbad in Deuz.
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Die Finanzen: Rettungsschirm nicht in Sicht
Nach wie vor rechnet der Kämmerer mit 8,4 Millionen Euro Gewerbesteuern in diesem Jahr, vor allem wegen einer Nachzahlung. Denn die laufenden Einnahmen brechen ein: 900.000 Euro sind bereits abgesagt, um 2,3 Millionen Euro wurden die Vorauszahlungen von den Unternehmen reduziert, weitere 1,1 Millionen Euro hat die Stadt gestundet, zuzüglich 16.000 Euro Zinsen. Den von den Kommunen geforderte „Rettungsschirm“ des Landes sieht Hans-Georg Rosemann „in weiter Ferne“. Geplant sei aktuell nur, den Kommunen weitere Kreditaufnahmen zu erlauben und den Erlass von Nachtragshaushalten zu ersparen.
Wechsel bei den Grünen
Silvia Glomski ist wieder im Rat. Sie ist in der Grünen-Fraktion für Günter Hachenberg nachgerückt, der nicht mehr in Netphen wohnt und daher sein Mandat niederlegen musste. Silvia Glomski gehörte dem Rat bereits von 2009 bis 2014 an und vertritt nun die Grünen neben Fraktionschefin Helga Rock.
Der gerade genehmigte Haushalt für dieses Jahr ist tatsächlich nicht mehr viel wert. „Unserem Haushalt brechen die Grundlagen weg, unsere Pläne werden Makulatur“, stellt Bürgermeister Paul Wagener fest. Corona werde die Stadt „um Jahre zurückwerfen“. Wagener würdigt das Engagement der verschiedenen Initiativen in der Stadt von der Nachbarschaftshilfe bis zu den Solidaritätsaktionen für Einzelhandel und Gastronomie. „Das Miteinander in der Stadt funktioniert. Es zeigt sich ein völlig neuer Zusammenhalt der Menschen.“
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Die Verwaltung: Beigeordnetensuche ergebnislos
Noch auf die Tagesordnung in die neue Zeit mit Mund-Nasenschutz und in die Georg-Heimann-Halle hinübergerettet hat der Rat ein altes Thema: den Streit zwischen CDU, SPD, Grünen und FDP auf der einen und dem Bürgermeister auf der anderen Seite, wie die Verwaltungsführung in Zukunft aussehen soll. Die Mehrheit will nach dem Ausscheiden von Baudezernent Erwin Rahrbach einen Beigeordneten an der Seite des Bürgermeisters sehen.
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Am 29. Oktober 2019 hatte der Rat die Ausschreibung der Stelle beschlossen. Zum 1. Mai 2020 hätte der oder die neue Beigeordnete ihren Dienst antreten sollen – aber auch am Donnerstag ist Rainer Schild weiter amtierender Dezernent. Denn die beiden Bewerbungen, die bis zum gesetzten Termin Ende Januar eingegangen waren, hatten noch nicht einmal ein Vorstellungsgespräch zur Folge. Im Zuge der Haushaltsberatung wurde das Geld, das die Wahlbeamtenstelle zusätzlich gekostet hätte, aus dem Haushalt herausgestrichen. Im Stellenplan erscheint der Posten auch nicht.
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Geheime Abstimmung: Bewerbungsfenster bleibt offen
Am Donnerstag berät der Rat über den Antrag der vier Fraktionen, die Bewerbungsfrist bis 30. September zu verlängern. Das nennt Klaus-Peter Wilhelm (UWG) „unfair“ gegenüber den beiden Bewerbern und fordert, „das Verfahre jetzt zu beenden“. Dem Rat, der am 13. September neu gewählt wird, müsse die Entscheidung überlassen werden, ob die Stadt tatsächlich nach einem Beigeordneten sucht oder ob es bei der Dezernentenlösung der letzten Jahre bleibt. Mit 20 gegen 7 Stimmen bei einer Stimmenthaltung beschließt der Rat in geheimer Abstimmung die Verlängerung der Bewerbungsfrist. Die Personalentscheidung kann er tatsächlich noch selbst treffen: Denn der Rat wird, so will es das Gesetz, über den Wahltag hinaus noch bis 31. Oktober im Amt bleiben.
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