Siegen. Für härtere Gangart gegenüber Investoren fordert Siegens Stadtbaurat politische Rückendeckung.
Die Platane vor dem künftigen Johann-Moritz-Quartier soll gerettet werden. Der Rat ist dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt, die mit dem Investor verhandelt hat: Der städtische Baum, der mit einem Stamm auf den Bauplatz ragt, wird zurückgeschnitten. Der Investor nimmt den Baum über 15 Jahre unter Beobachtung und pflanzt zwei große Ersatzbäume, wenn die Platane doch nicht überlebt – einen davon schon so bald wie möglich, im künftigen Bürgerpark Herrengarten.
Kritik: Absolute Notlösung
„Der Baum würde uns im Sommer unglaublich fehlen“, sagte Angela Jung (Grüne). Sie sei froh, „dass wir dass in letzter Sekunde abbiegen konnten“ – denn die Verwaltung, die eigentlich keine Chance mehr für die Platane sah, war von der Baumkommission des Umweltausschusses zurückgepfiffen worden.
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Klaus Volker Walter (FDP) sah den Baum noch keineswegs gerettet. Denn da ist nicht nur der Rückschnitt, sondern auch der Tiefbunker Hindenburgstraße, der nun doch teilweise der Tiefgarage weichen soll. Ob da Wurzeln der Platane eingewachsen seien, würden erst die noch anstehenden Wurzelsuchgrabungen zeigen. Eigentlich, so Walter, müsste der Bebauungsplan noch einmal offengelegt werden: „Aber wir sollten uns hüten, Investoren allzu viele Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“
Brigitte Eger-Kahleis (AfD) fragte, ob das Gebäude nicht kleiner geplant werden könne und ob sich für Gewerbeflächen und Wohnungen zu den kalkulierten Preisen überhaupt noch Mieter fänden: „Wer den Erhalt dieser Platane wirklich will, kann dem Bauvorhaben in dieser Dimension nicht zustimmen.“
Silke Schneider (Linke) ärgerte sich, dass der Baum erst so spät im Verfahren Thema wurde und die Baumkommission bis vor wenigen Tagen außen vor geblieben sei. „Das war schon beim Schlosspark so.“ Dort standen Hainbuchen der Schlossmauersanierung im Weg – die dann aber auch auf Ratsbeschluss gerettet wurden.
Von einer „absoluten Notlösung“ sprach Michael Groß (Grüne), „wir haben alles gegeben, um zu retten, was zu retten ist.“ Eine rechtliche Handhabe, vom Investor eine Änderung der Pläne zu verlangen, habe die Stadt nicht. „Wir sind in einer absolut unannehmbaren Situation.“ Die Frage, wer daran schuld sei, bleibe unbeantwortet, sagte Groß: „Ich kann nur sagen, dass es so nicht geht.“
Ingmar Schiltz (SPD) sprach von einer „goldenen Brücke“, die am Ende doch noch habe gebaut werden können.
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Erklärung: Fehler gemacht
„Das passiert einfach mal“, erklärte Hans Günter Bertelmann (UWG), warum die Tragweite des Platanen-Themas so spät erkannt wurde. Die Eibe auf dem Schlossplatz, die beinahe für die Karstadt-Garage geopfert worden wäre, stehe heute noch. „Wir sind auf einem guten Weg.“
Ansgar Cziba (Grüne) kritisierte, dass der Baum nicht in seiner ganzen Ausdehnung eingezeichnet wurde: „Die Pläne sind so schlecht, dass man die Problemlage nicht erkennen konnte“ – wie beim Tiefbunker auch, der in der Planung zunächst nur mit dem Denkmal-Symbol gekennzeichnet worden war.
Wir haben hier einen Fehler gemacht“, räumte Rüdiger Heupel (CDU) ein, „wir hätten erst den Baum begutachten und dann den Bebauungsplan machen lassen sollen.“
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Konsequenzen: Mehr Einfluss nehmen
Es sei immer Ziel des Investors gewesen, das Grundstück komplett zu bebauen, sagte Stadtbaurat Henrik Schumann. Künftig werde die Verwaltung die Frage, wie ein Baum bei einem Bauvorhaben tatsächlich erhalten werden kann, intensiver bearbeiten. „Wären wir das Thema früher angegangen, hätten wir mehr Einfluss nehmen können.“ Dafür brauche die Verwaltung dann aber auch „politischen Rückenwind“. Der Investor – die „Immobilienprojekte Siegerland“ gehören der Sparkasse und den drei Baufirmen Hundhausen, Runkel und Quast – habe an der Platanen-Diskussion erkannt, „dass es zukünftig mal an einem Baum hängen kann“.
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