Siegen. Der Rat entscheidet am Mittwoch über die Platane vorn der Siegener Bahnhofstraße. Die Gutachter sind sich nicht einig.
Der Rat wird am Mittwoch, 6. Mai, über die Platane an der Ecke Hindenburg-/Bahnhofstraße entscheiden. Die Verwaltung schlägt nun vor, dass der etwa 70 Jahre alte Baum stehen bleibt. Sollte er nach dem Bau des Johann-Moritz-Quartiers absterben, pflanzt der Investor „möglichst schnell“ zwei neue Großbäume, einen davon am jetzigen Standort der Platane. Das „Monitoring“, mit dem Vitalität und Verkehrssicherheit des Baums überwacht werden, dauert zehn Jahre von der Fertigstellung des Neubaus an.
Die Gutachten
Insgesamt drei Gutachter haben sich mittlerweile mit dem Baum befasst. Die Verwaltung hatte sich anfangs für die Fällung ausgesprochen, die vom Umweltausschuss eingesetzte Baumkommission hatte dies abgelehnt.
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Die vom Investor beauftragte Baumpflege Hof-Schulmeister aus Siegen bescheinigt der etwa 18 Meter hohen Platane, die einen Stammumfang von 2,70 Metern hat, eine „gute Vitalität“. Wurzeln und Krone sollen „eingekürzt“ werden, „um ein Standversagen zu vermeiden“. Die Baumhöhe müsse „um circa 50 Prozent reduziert werden“. „Die Platane wird den Eingriff überstehen“, urteilt Gutachter Steffen Meier, weil sie robust sei: „Kaum eine andere Baumart würde einen solchen Eingriff ohne spätere Schädigungen überstehen.“
Die Verwaltung, die „erhebliche Zweifel“ am Urteil des vom Investor beauftragten Gutachters einräumt, zog den Soester Sachverständigen Marko Wäldchen hinzu. Der verweist darauf, dass der Neubau fünf Meter höher ist als die bisherige Bebauung und „erheblich näher“ an die Platane heranrückt. Die Platane stehe nicht mehr im Schutz der Gebäude, der über die Grundstücksgrenze ragende Stämmling wird abgesägt. Durch die Schnittmaßnahmen an der bisher 21 Meter Durchmesser großen Krone entstehe ein „Baumtorso“.
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Wäldchen: „Die Kappung verstößt eklatant gegen Maßstäbe der Ästhetik und orientiert sich in keinster Weise am Wohl und/oder der Würde des Baumes“. Der geplante Rückschnitt könne andere Baumeigentümer zur Nachahmung verleiten. Alte Bäume seien weniger widerstandsfähig gegen Trocken- und Hitzeperioden, bei Platanen nähmen Pilzerkrankungen zu. „Die ideale Stadtbaumart ist die Platane derzeit nicht mehr.“ Wäldchen regt an, stattdessen einen oder zwei Feldahorne neu zu pflanzen.
Nach der Sitzung der Baumkommission wurde der Kölner Sachverständige Hermann Reinartz beauftragt, Vitalität und Standfestigkeit der Platane zu bewerten und einen Zugversuch vorzunehmen. Das ist in der vorigen Woche geschehen: In vier Richtungen wurde an dem Baum gezogen. Sein Fazit: „Der Baum kann grundsätzlich erhalten bleiben.“ Die Kappung des in den Bauplatz hineinragenden Stämmlings sei allerdings „aus biologischer Sicht nicht zu empfehlen, weil sie den Baum stark schädigt“. Durch die entstehende Wunde könne ein zerstörender Pilz in das Holz eindringen. Zu untersuchen sei noch, ob durch den Neubau Wurzeln der Platane geschädigt werden. Dazu seien „Wurzelsuchgrabungen“ zu empfehlen.
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Der Bunker
Der Bebauungsplan Johann-Moritz-Quartier beschäftigt den Rat auch wegen des Tiefbunkers Hindenburgstraße. Anders als ursprünglich geplant will der Investor, die Immobilien Projekte Siegerland GmbH, für die Tiefgerade nun doch einen Teil der Bunkeranlage beseitigen, die teilweise unter dem zum Abriss bestimmten Barmenia-Haus liegt. Der Landschaftsverband hat bereits zugestimmt: Er sieht wegen des schlechten Erhaltungszustands keinen Denkmalwert für die Anlage mehr.
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Der Zeitplan
Beide Entscheidungen, die über die Platane und die über den Bunker, sind Voraussetzung dafür, dass der Rat in seiner Juni-Sitzung den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan fassen kann. Erst dann kann der Neubau des Komplexes auf dem Gelände genehmigt werden, auf dem die Abrissarbeiten bereits in vollem Gang sind.
Neubau mit fünf Etagen
Das Planverfahren für das Johann-Moritz-Quartier wurde im März 2018 begonnen. Derzeit wird die Stellungnahme zu den Anregungen und Bedenken erarbeitet, die bei der Offenlage des Plans Ende 2019 vorgebracht wurden. Im Juni soll der Rat den Plan als Satzung beschließen.
In dem entstehenden fünfgeschossigen Komplex mit Tiefgarage sind die beiden unteren Etagen für Handel und Dienstleistung, die drei oberen für Wohnungen vorgesehen. Die Uni zieht mit einem „Haus der Wissenschaft“ ein, 95 Apartments werden für Zeitwohner in einem „Boardinghouse“ geschaffen.
Nicht nur der Investor, sondern auch die Stadt selbst steht unter Zeitdruck: Denn nebenan soll anschließend der Abbruch des Herrengarten-Einkaufszentrums und die Neugestaltung des Bürgerparks beginnen. Die Einhaltung des Zeitplans für das Johann-Moritz-Quartier, so die Verwaltung, sei daher von „erheblicher Bedeutung“.
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