Freudenberg. Die Freudenberger Politik will die Anliegerbeiträge für den Straßenausbau senken: von 80 auf 70, 60 oder 50 Prozent?

Über die Beitragssätze für den Straßenausbau berät der Hauptausschuss am Donnerstag, 7. Mai, ab 17.30 Uhr in der Aula des Schulzentrums Büschergrund. Drei Fraktionen haben Anträge gestellt, den bisherigen Beitragssatz von 80 Prozent für Anliegerstraßen herabzusetzen. Brisanz erhält des Thema wegen des laufenden Ausbaus des Nüssebergweges. Dort fürchten Anwohner Beitragsbescheide von bis zu 50.000 Euro je Grundstück.

Der Rat hatte das Thema in seiner letzten Sitzung am 25. Februar vertagt. Die folgende Sitzung im März fand wegen der Coronakrise nicht statt. In dieser Woche könnte der Hauptausschuss, dem die Ratsmitglieder mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit alle Entscheidungsbefugnisse übertragen haben, an Stelle des Rates entscheiden. Bürgermeisterin Nicole Reschke rät allerdings ab: Über die Satzung zu den Straßenausbaubeiträgen solle „bei möglicher Anwesenheit aller Ratsmitglieder entscheiden werden.“

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Die Ratsfraktionen

Die CDU-Fraktion beantragt, in Anliegerstraßen die Anlieger nur noch zu 70 statt bisher 80 Prozent an den Kostend es Straßenausbaus zu beteiligen. Die Annahme, dass in Anliegerstraßen überwiegend Anlieger unterwegs seien, sei „veraltet“. „Die Bürger sind inzwischen deutlich automobiler und nutzen nicht nur ihre ‘eigenen‘ Straßen intensiver.“ Straßen würden heute auch breiter ausgebaut als früher, zum Beispiel wegen deutlich größerer Müllentsorgungsfahrzeuge“.

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Die SPD-Fraktion fordert, in Anliegerstraßen den Beitragssatz auf 60 Prozent herabzusetzen und für die anderen Straßenarten (Hauptverkehrs-, Haupterschließungsstraßen) den Mittelwert der Bandbreite zu wählen, die das Kommunalabgabengesetz (KAG) einräumt. Die bisherige Kostenverteilung sei „nicht mehr sozial ausgewogen“.

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Die Grünen-Fraktion verlangt, dass die Stadt sich bei der Kostenbeteiligung der Anlieger auf das zulässige Minimum beschränkt, das sind in Anliegerstraßen 50 Prozent. Auf dem Land und in hügeliger Landschaft sei der Straßenbau ohnehin „in der Regel aufwändiger und somit kostenintensiver“. Die vom Landtag beschlossene Entlastungsmöglichkeit für die Anwohner änderte nichts an der Höhe der Gesamtkosten. Überdies sei es „leider fraglich“, ob das vom Land in Aussicht gestellte Förderprogramm ausreiche, damit es auch Freudenberger Bürgern zugute komme.

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Die Verwaltung

Die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass die Stadt bei der Bemessung der Straßenausbaubeiträge nur einen geringen Spielraum habe. Für Anliegerstraßen in Freudenberg sei nicht anzunehmen, dass mehr als 20 Prozent des Verkehrs nicht von den Anliegern selbst verursacht werde. Die Stadt dürfe nicht die Allgemeinheit über Steuern zu Kosten heranziehen, die sie auch über Beiträge und Gebühren finanzieren könne. Es könne „derzeit nicht abschließend beurteilt werden“, ob eine Reduzierung der Beitragssätze „einer möglichen juristischen Überprüfung standhalten kann“.

Teuerste Kommune

Im Siegerland ist Freudenberg die einzige Kommune, die bei Straßenausbauten den Höchstsatz von 80 Prozent Kostenbeteiligung von den Anliegern verlangt.

Neunkirchen nimmt 70 Prozent, Kreuztal und Burbach erheben 65 Prozent. Siegen, Netphen, Wilnsdorf und Hilchenbach gehen nicht über den Mindestsatz von 50 Prozent hinaus.

Das Kommunalabgabengesetz ist umstritten. Auch aus Siegen-Wittgenstein haben Bürgerinitiativen und Kommunen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge verlangt, die Kommunen zugleich aber den Ausgleich er dann entfallenden Einnahmen durch das Land. Die Mehrheit im Landtag hat dies abgelehnt.

Die Verwaltung verweist darauf, dass bei – „unzulässiger“ – Reduzierung der Beitragssätze auch die Landeszuschüsse sinken: Je weniger umgelegt, desto geringer ist auch der 50-Prozent-Anteil des Landes. Im gleichen Maße steige die Belastung der Stadt. Der Städte und Gemeindebund, den die Stadt um Beratung gebeten hat, bestätigt zwar den Minimalsatz von 50 Prozent in seiner Mustersatzung. Dieser könne jedoch nur in „atypischen Konstellationen“ angewendet werden. .

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