Kaan-Marienborn. Die Firma Messer Industriegase in Siegen produziert Sauerstoff für die Beatmung von Patienten mit Covid-19. Der Bedarf steigt in der Krise.

Guido Simon ist auf der Suche nach Leergut. Für das Unternehmen Messer Industriegase in Siegen besorgt der technische Direktor Flaschen für medizinischen Sauerstoff. In den vergangenen Wochen seien die Vorbereitungen intensiviert worden. „Ein Vorrat an Sauerstoffflaschen ist wichtig. Der Bedarf steigt, jedoch nicht dramatisch", berichtet Guido Simon.

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Die Firma Messer produziert am Standort Kaan-Marienborn Sauerstoff für technischen und medizinischen Gebrauch. Rund 70 Tonnen Flüssiggase werden derzeit in zwei Sauerstofftanks auf dem Gelände gelagert. In der Corona-Pandemie ist Sauerstoff ein Arzneimittel. Für Messer Industriegase bedeutet das: Eine im Unternehmen beschäftigte Apothekerin muss jede Charge überprüfen, bevor sie ausgeliefert werden kann.

Beatmung von Corona-Patienten: Firma Messer in Siegen produziert medizinischen Sauerstoff

Für die Herstellung des Sauerstoffs verwendet das Unternehmen das sogenannte Linde-Verfahren. Dafür verdichten sie gefilterte Umgebungsluft. In dem Prozess wird die Luft bis zur teilweisen Verflüssigung auf -183 Grad gekühlt. Der Sauerstoff sammelt sich dann unten am Boden und wird entnommen.

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In der Produktion arbeitet derzeit nur die Hälfte der 20 Mitarbeiter. In einem zweiwöchigen Rhythmus wechselt die Belegschaft den Dienst, um gegebenenfalls Infektionsketten nachvollziehen zu können.

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Doch weil die Nachfrage an technischen Sauerstoff in der Industrie zunächst nicht wie erwartet zurückgeht, hat Guido Simon wieder auf einen Zwei-Schicht-Betrieb am Standort Kaan-Marienborn umgestellt – von 6 bis 13.30 Uhr und von 14.30 bis 22 Uhr. In der einen Stunde zwischen den Produktionsschichten säubere eine Reinigungskraft den Betrieb. „Das hat sich so bewährt“, sagt der technische Direktor.

Kreis Siegen-Wittgenstein reserviert Sauerstoff-Tank für das Krankenhaus Kredenbach

Auch in der Region ist das Unternehmen im Einsatz: Für das reaktivierte Krankenhaus in Kredenbach hat der Kreis Siegen-Wittgenstein von der Firma Messer für die zusätzliche Sauerstoffversorgung das nötige Equipment reserviert, etwa einen Tank mit rund 30 Tonnen Volumen und einen Verdampfer. heißt es in einer Mitteilung. „Für solche Fälle haben wir ‘Nottanks’, die frei verfügbar sind“, erklärt Guido Simon. Innerhalb von 48 Stunden sei eine Versorgung mit Flüssiggas möglich. Denn das Ausweichkrankenhaus besitzt noch eine funktionsfähige zentrale Sauerstoffversorgung.

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Das ehemalige Diakonie-Krankenhaus wurde wegen der Corona-Pandemie zeitweise als Ausweichkrankenhaus reaktiviert. Patienten liegen derzeit aber nicht in der Klinik. Sollten jedoch „höhere intensivmedizinische Kapazitäten für Coronapatienten benötigt werden, könne der Betrieb jedoch aufgenommen werden", teilt Kreis-Sprecher Thorsten Manges mit. Derzeit werden insgesamt neun Menschen aus Siegen-Wittgenstein auf Covid-19 behandelt, sagt Manges, drei davon seien auf einer Intensivstation untergebracht.

„Notkrankenhäuser“ in Deutschland werden mit medizinischen Sauerstoff in Flaschen beliefert

Neben dem Kredenbacher Krankenhaus beliefert die Firma Messer unter anderem das Marienkrankenhaus in Siegen. Nach Angaben des technischen Direktors verbraucht das Krankenhaus im Jahr rund 50.000 Kubikmeter Sauerstoff, der Bedarf sei derzeit jedoch um mehr als zehn Prozent gestiegen.

In Kaan-Marienborn werden die Flaschen befüllt

Messer Industriegase hat zwei Standorte in Deutschland. Am Standort Kaan-Marienborn ist die Vertriebsleitung und das Flaschenfüllwerk ansässig.

In Geisweid betreibt die Firma auf dem Gelände der Deutschen Edelstahlwerke außerdem eine Luftzerlegungsanlage zur Gasgewinnung.

Bundesweit hätten rund 90 Prozent der Krankenhäuser die nötige Infrastruktur mit Tanks und Leitungen für die Versorgung mit Flüssiggasen, sagt Guido Simon. Gerade die nun aufgebauten „Notkrankenhäuser“ müssten mit Sauerstoffflaschen versorgt werden. Deswegen sei es notwendig, einen Vorrat an Sauerstoffflaschen zu haben.

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