Kreuztal. Der Verein Route 57 schimpft: Seit nunmehr zehn Jahren wird an der Planfeststellung für den ersten Teil der Ortsumgehungskette gearbeitet.

Die Planfeststellung für die Kreuztaler Südumgehung wird nachgebessert. Das Oberverwaltungsgericht, das über eine Klage des Reit- und Fahrvereins Kindelsberg verhandelt, hat den Fachbeitrag zur Einhaltung der Europäischen Rahmenwasserrichtlinie vermisst. Der wird jetzt überarbeitet und offengelegt, daran schließt sich eine dreiwöchige Einspruchsfrist an.

Darum geht es: Ein Fachbeitrag fehlt

In dem im Februar 2018 offengelegten Planfeststellungsbeschluss, der Baurecht für die 3,1 Kilometer lange Querspange zwischen der HTS bei Buschhütten und der B 508 in Ferndorf schafft, ist der Fachbeitrag zwar beigefügt. Er war aber nicht Teil der offengelegten Planung und daher auch nicht Gegenstand des Erörterungstermins. „Das ökologische Potenzial und der chemische Zustand des Oberflächenwasserkörpers des Ferndorfbaches sowie der mengenmäßige und chemische Zustand des Grundwasserkörpers verschlechtern sich nicht“, heißt es am Schluss der 41 Seiten langen Untersuchung. Aus diesem Grund, so Karl-Josef Fischer, Sprecher des Landesbetriebs Straßenbau, sei der Fachbeitrag gar nicht erst zu den Offenlegungsunterlagen genommen worden.

Jede Menge Papier: Im Rathaus Kreuztal lag der Planfeststellungsbeschluss für die B 508 n (Südumgehung) aus.
Jede Menge Papier: Im Rathaus Kreuztal lag der Planfeststellungsbeschluss für die B 508 n (Südumgehung) aus. © WP | Steffen Schwab

„Wir waren 2017 die Ersten überhaupt, die die Richtlinie anwenden mussten“, erklärt Fischer. Was nicht heißt, dass das Gewässerthema in der Planfeststellung keine Rolle gespielt hätte. Untersucht wurden die Straßenentwässerung, die erforderlichen Brückenbauten, zu verlegende Durchlässe, Quellen, die Auswirkungen auf Mattenbach und Ferndorfbach sowie auf das Grundwasser. Dass mit Abrieb oder Öl verschmutztes Wasser von der Fahrbahn in den Bach gelangt, sei ohnehin nicht mehr möglich, stellt Karl-Josef Fischer klar: Gebaut werden für die Straßen inzwischen eigene Regenwasserbehandlungsanlagen: allein an der A 45 mehr als 80, die in Eisern ist gerade fertig geworden, eine unter der Allenbacher Talbrücke im Zuge der L 728 ist in Bau.

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Das ist die Reaktion: Route-57-Verein ist sauer

Verärgert hat sich der Verein „Route 57“ geäußert, der die Kreuztaler Südumgehung als Teil einer Ortsumgehungskette im Zuge von B 508 und B 62 bis Schameder betracht. Was es heiße, wenn in Deutschland etwas „vordringlich bearbeitet“ werde, könne eindrucksvoll an der Südumgehung Kreuztal abgelesen werden, meint Vorsitzender Christian F. Kocherscheidt. „Völlig inakzeptabel“ seien die immer neuen Verzögerungen für das Straßenbauprojekt: „Das Drama um das Planfeststellungsverfahren für diese eine Maßnahme dauert schon viel zu lange.“ Die Südumgehung Kreuztal befinde sich seit 2003 in den Bundesverkehrswegeplänen in der höchsten Prioritätsstufe „Vordringlicher Bedarf“. Kocherscheidt: „Wie lange sich Projekte hinziehen, wenn sie im nachrangigen Bedarf sind, traut man sich da kaum zu fragen.“

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Das waren bisherige Konflikte: Reitverein in Existenznot

Im Planfeststellungsverfahren wurden vor allem diese Punkte angesprochen:

  • Umwelt: Die Südumgehung zerstört Natur und Landschaft. Geschützte Tierarten werden bedroht. – Im Planfeststellungsbeschluss wird das bestritten.
  • Verkehr: Die Südumgehung wird nicht gebraucht. Die neue Straße zieht neuen Verkehr an. Ein Tunnel wäre eine Alternative. Kreuztal kann auch ohne neue Straße entlastet werden. Die Südumgehung ist der Einstieg in die Route 57. – Auch das bestreitet die Planfeststellungsbehörde weitgehend. Die Südumgehung mache auch ohne Weiterbau in Richtung Wittgenstein. Der Verkehr auf der alten B 508 zwischen Ferndorf und Allenbach werde dann zwar zunehmen, der zusätzliche Lärm wäre aber nicht wahrnehmbar.
  • Grundstückseigentümer: Die Waldgenossenschaft Buschhütten wird in ihrer Existenz bedroht. Der Reit. und Fahrverein Kindelsberg auf dem Hubensgut wird gefährdet. – Die Situation des Vereins wurde nach dem Erörterungstermin Ende 2014 in der Kreuztaler Stadthalle von einem Gutachter untersucht. Sein Befund: Auch ohne den Straßenbau habe der Verein, der „von seiner Substanz“ lebe, keine positive Zukunftsperspektive.

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So lange dauert das schon: Erste Planung seit 1993

Der Verein Route 57 nennt das Jahr 1993, in dem eine Linie für den damals „Ferndorf-Eder-Lahn-Straße“ (FELS) genannten Straßenzug bestimmt wurde – Ersatz für einen Weiterbau der A 4 über Krombach hinaus durchs Rothaargebirge bis zum Hattenbacher Dreieck. 2008 gab es einen Vorentwurf, 2010 den Start der Planfeststellung, 2014 den Erörterungstermin nach der Offenlegung, Ende 2017 den Planfeststellungsbeschluss. 2019 wurde mit Vorarbeiten begonnen. Im Ferndorftal bei Kredenbach wurde ein Teil des am Ende zehn Meter hohen Damms aufgeschüttet, der die künftigen Talbrücken über die Bahn (245 Meter) und die Ferndorf 110 Meter) miteinander verbindet.

Verlängerung denkbar

Im Bundesverkehrswegeplan ist die Südumgehung Kreuztal Bestandteil einer zwei- und dreispurigen Ortsumgehungskette, die von der HTS bei Kreuztal über die B 508 Hilchenbach und die B 62 durch Lützel und Erndtebrück mit der B 480 hinter Schameder verbindet. Für den weiteren Bedarf ist eine Verlängerung der Strecke bis Frankenberg vorgesehen.

Für die 20,7 Kilometer lange Strecke wurden 2014 Baukosten von 243,1 Millionen Euro vorgesehen, davon für die 37,1 Millionen für die Südumgehung Kreuztal.

Das ist der Zeitplan: Planer nutzen Corona-Pause

Straßen-NRW-Sprecher Karl-Josef Fischer ist optimistisch: Die für den 28. Mai vorgesehene mündliche Verhandlung beim Oberverwaltungsgericht wäre – wegen Corona – sowieso abgesagt worden. Für Offenlegung und Einspruchsfrist des Fachbeitrags werden sechs Wochen gebraucht, sobald das Kreuztaler Rathaus wieder geöffnet ist und die Unterlagen dort öffentlich ausgelegt werden können. „Wir verlieren nicht wirklich Zeit.“ Der Verein Route 57 formuliert so: Er gehe davon aus, „dass der Verhandlungstermin noch in diesem Jahr stattfinden wird und das Oberverwaltungsgericht am Ende mit Augenmaß entscheiden wird.“

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